Am Nationalen Roulettetisch stehen der PSD-Chef, Parlamentspräsident Liviu Dragnea und Staatschef/Präsident Klaus Werner Johannis.
Was Dragnea tut, seit seine Partei Dezember 2016 nahezu die absolute Mehrheit erzielte, ist „inakzeptabel für eine vernünftige Führung“ (Andrei Cornea). „Entschuldigt“ wird sein Vorgehen durch die „greifbar nahe Perspektive“ des Gefängnisses, dem er grad erst entkam, doch das nächste Prozessurteil hebt die Bewährung auf. Deshalb zuerst Zuckerl fürs Volk, den „großen Lümmel“ (Heine), Wahlgeschenke karrenweise, dann der Versuch, per Regierungsverordnung Amnestie- und Begnadigungsregeln sowie Änderungen des Strafgesetzbuchs an elementarsten Demokratieregeln vorbeizuschmuggeln. Zur Reinwaschung der eigenen und der Parteibonzenwesten[1].
Sein Gegenspieler ist Staatschef Klaus W. Johannis geworden – auch weil die Opposition an chronischer Urteils- und Aktionsunfähigkeit leidet. Johannis sind (durch eine längst zu novellierende) Verfassung Hände und Füße gebunden, womit wir es mit einer gerechtigkeitsverdrehenden Rollenumkehrung zwischen den beiden zu tun haben. Aber er hat vergangene Woche enorm viel vom Vertrauensverlust vergangener Monate gutgemacht, indem er zu den 30.000 Bukarester Demonstranten auf die Straße ging, die er als seine Unterstützer erkannt hat. Dafür unsere bedingungslose Zustimmung! Damit hat er, als Bürger, von seinem Recht Gebrauch gemacht, seinen politischen Willen öffentlich zu bekunden (was ihm die Verfassung nur bedingt erlaubt, nicht ausdrücklich verbietet), andrerseits ein Gesetz missachtet: die Demo fand ohne Genehmigung statt. Trotz dieser Schwäche des Auftritts: fein, dass Präsident Johannis sich dazu aufgerafft hat! Für alle ehrlichen Bürger Rumäniens ein Signal, wie es vom Staatschef schon lange erwartet wird. Wie vor rund vierzehn Monaten, nach dem Brand im „Colectiv“, als sein „Korruption tötet!“ Karriere machte.
Dragnea weiß fast alle Mittel auf seiner Seite: eine kommode Parlamentsmehrheit, eine Vier-zu-Drei-Mehrheit PSD-Nominierter im Verfassungsgericht, balkanische Unverfrorenheit und byzantinische Schmierschläue, sowie Bereitschaft zu einem Populismus, bei dem Staatsgelder Geschenke von ihm persönlich sind.
Johannis stehen nur PSD-Gegner und (bereits verprellte) PSD-Enttäuschte, Teile des Justizapparats und der Geheimdienste, Intellektuelle und viele ehrliche, aber urnenscheue Bürger zur Seite. Eine heterogene Hausmacht in seinem Kreuzzug gegen die Profiteure, Schwindler und Staatsgelderdiebe der gefährdeten Demokratie.
Noch ist nicht entschieden, ob Dragneas Restauration oder Johannis´ Kreuzzug Oberlicht gewinnt. Zuckerlverteilen kann Dragnea nicht mehr. Johannis könnte durch Referendum und Beharrlichkeit Demokratie und Rechtsstaat retten. Wenn wir zu den Urnen schreiten.
[1] Rumänien dürfte ohnehin weltweit einzigartig sein, mit einem Parlamentspräses, der auf Bewährung verurteilt ist, und einem Senatschef, der sich in zwei Prozessen verteidigen muss.