Der Gendarm als Evaluator

Unser humorloser Minister für Inneres und Verwaltung Traian Igaş stellt sich nach seinem zweideutigen und frauenfeindlichen Debüt in der Öffentlichkeit jetzt hinter ein demokratiefeindliches Projekt: die Novellierung des Versammlungsrechts. Die rumänischen Medien sprechen prompt von dem „neuen Beruf“ des Innenministers, dem „Anziehen der Schraube“ mit eiserner Hand, ohne Samthandschuhe.

Denn das Innenministerium hat seinen wortreichen Vorschlag für die Novellierung des Versammlungsrechts – „über die Organisierung und Abwicklung öffentlicher Versammlungen“ – der Öffentlichkeit vorgestellt.

Und als erstes ist darin jener Paragraph gestrichen, der im schwerfälligen und fast unübersetzbaren Justizrumänisch besagt, dass „die Freiheit der Bürger, ihre politischen, sozialen oder andres gearteten Meinungen innerhalb organisierter Meetings, Demonstrationen, Manifestationen, Prozessionen und jederart anderer Versammlungen“ zu äußern garantiert ist. Dass gerade dieser Paragraph des geltenden Versammlungsrechts gestrichen wurde kann kein Zufall sein.

Denn das liegt genau in der Richtung, die vor etwa einem Monat von Präsident Băsescu vorgegeben wurde: Nur zu mit den Gesetzen, wenn sie einmal von mir gegengezeichnet sind, erübrigt sich eh jedwelche Diskussion!

Schuldige Auslassungen legitimieren sich von selber. Und unwillkürlich muss man daran denken, dass Gesetzesnovellierungen dieser Art, ausgearbeitet von einem Apparat, der sich noch immer versteht als im Dienst der Macht und nicht der Bürger stehend, ausschließlich dem Erhalt und der Verteidigung der Macht dienen. Mal sehen, wie oberflächlich nonchalant diesmal die Legislative das Projekt der Exekutive durchwinkt!

Sicher hat die Macht noch nie und nirgends die Philosophie des Protestes der Entmachteten oder jener, die ihre Macht per Demokratiemechanismen  delegiert haben, verstanden. Aber gerade in diesem Unverständnis liegt – das weist die Geschichte nach – die Wurzel der Entmachtung der Macht.
Dass im Novellierungsvorschlag des Versammlungsrechts, im Absatz über die Klassifizierung öffentlicher Versammlungen, als einzig Befugter für solche Klassifizierungen der Kommandant der örtlichen Gendarmerieeinheit genannt wird, das zeigt das Denkniveau der Initiatoren.

Dieser „territoriell kompetene“ Gendarmeriekommendant – wer seinen Wehrdienst abgeleistet hat, weiß, was in der Regel in solchen Offiziersköpfen voller Dienstregeln, Machtherrlichkeit und Borniertheit steckt – muss sowohl politische wie kulturelle oder „soziale“ Versammlungen vorher evaluieren. Heißt das nicht, dass jede Protestkultur „zur Sicherheit“ im Keim erstickt wird? Denn welcher Gendarm wird etwas genehmigen, von dem er nix versteht?

Nicht zuletzt werden öffentliche Versammlungen in der Nähe von „Objekten“ verboten, die „unter militärischem Schutz stehen“. Bislang hieß es einfach und irgendwie verständlich „Militärobjekte“. Aber der Präsidentenpalast Cotroceni ist kein Militärobjekt, steht aber unter „militärischem Schutz“. Klar?