Im Jahre1765 verfügte die oberste Landesmilitärbehörde, dass in allen Garnisonen sogenannte Garnisons-Apotheken errichtet werden. Demzufolge war das Privilegium den privaten Apotheken zu entziehen. Dies traf auch in Temeswar zu. Die Apotheke „Zum Granatapfel“ (bekanntlich damals am Parterre des Barmherzigenspitals, heute Augenklinik) wurde für die Öffentlichkeit gesperrt und durfte in Hinkunft nurmehr als Hausapotheke des Barmherzigen-Spitals wirken. Diese Verfügung wurde von den Patres, die sich in ihrem Recht geschmälert sahen, keinesfalls ohne Widerstand hingenommen. Es entbrannte vielmehr ein hartes Ringen um das Öffentlichkeitsrecht dieser Apotheke, in dem die Patres erst unterlagen, als ein einflussreicher Mann in Wien ihr Widersacher wurde. Um diese Zeit entwickelte sich der Handel mit Arzneien, die damals hauptsächlich aus Kräutern bestanden, bereits zu einem lohnenden Geschäft. Der bedeutendste Händler war Franz Wilhelm Natorp. Das Kräutergeschäft erwies sich als sehr gewinnbringend, und Natorp stellte sich nach und nach ausschließlich auf den Handel mit Arzneien um. Sein Einfluss wuchs mit seiner Brieftasche, und bald besaß er das Lieferungsmonopol für ganze Landesteile.
„Kräuterkönig“ eines Jahrhunderts
1766 setzte sich Natorp mit den zuständigen Stellen in Verbindung und erwarb sich auch das Privilegium für die Apotheken in Temeswar, Hermannstadt, Peterwardein, Esseg und Karlsburg. Auf Grund des damals aufgesetzten Vertrages hatte er 40 000 Gulden jährlich als Pacht zu bezahlen und musste sich verpflichten, dem Militär dieser Garnisonen die benötigten Medikamente um den halben Preis zu liefern.
Am 1.September 1766 war also Natorp der alleinige Besitzer einer Apotheke in Temeswar mit Öffentlichkeitsrecht. Zuerst nahm er den Kampf mit den Barmherzigen, der Konkurrenz, auf. Diese versorgten trotz des Verbots hauptsächlich die ärmere Bevölkerung weiter mit Medikamenten. Im Dezember 1781 wurde das Apotheken-Privilegium der Stadt, damals zur Königlichen Freistadt erhoben, verliehen. Natorp schloss auch mit der Stadt einen günstigen Vertrag ab und behielt sein Monopol weiter. Der erste Vertrag lautete auf acht Jahre. Darauf schloss er mit der Stadt einen noch günstigeren Vertrag für 15 Jahre. Natorp lieferte dem Städtischen Spital jährlich Arzneien im Werte von 2.400 Gulden frei. Natorp, der später den Freiherrentitel erhielt, übte auf die Entwicklung der Temeswarer Apotheken einen großen Einfluss aus. 1794 zog er sich von seinem Geschäft zurück. Er war erkrankt. Seine Temeswarer Apotheke verkaufte er an den dipl. Apotheker Karl Josef Klapka samt Haus um25.000 Gulden. Klapka nahm alle Rechte und Pflichten auf sich.
Die Apotheke „Zum schwarzen Adler“
Klapka gab seiner Apotheke auf dem Sankt-Georgs-Platz, Ecke Mercygasse, den Namen „Zum schwarzen Adler“. Diese steht noch heute und ist auch heute noch als Stadtapotheke bekannt. Natorp hatte seinerzeit schon eine Filiale seiner Apotheke in der Fabrik errichtet. Diese Filiale wurde von Klapka beibehalten.Der nächste Besitzer der Apotheke war Jakob Remolt. Dieser geriet in Zahlungsschwierigkeiten, sodass die Stadt die Apotheke 1830 verlezitierte. Neuer Eigentümer wurde Karl Rothmänner, der dafür 32.550 Gulden bezahlte.
Die ersten Apotheken in den Vorstädten
Nach Errichtung der Filial-Apotheke des „Schwarzen Adlers“ in der Fabrik (heute Rudolf –Jahner-Apotheke, Eigentümer ist der deutsche Apotheker Schiller) wurde1813 vom deutschen Apotheker Ladislaus Wagner in der Josefstädter Bem- Gasse eine zweite Vorstadtapotheke eröffnet. Die Josefstadt hatte damals schon 1200 Einwohner, aber zumeist arme Leute, durch deren Bedürfnisse diese Apotheke demnach nicht erhalten werden konnte. Die erste selbständige Apotheke erhielt die Elisabethstadt erst im Jahr 1885. Adalbert Tost eröffnete diese im Hause Rabengasse 1 (gegenüber der jetzigen „Rote-Kreuz-Apotheke“ gegenwärtiger Besitzer ist der deutsche Apotheker Keller).
Einst und heute
Man kann nicht über die Temeswarer Apotheken schreiben, ohne die bekannte deutsche Apotheker-Familie Jahner zu erwähnen. Der Ahnherr dieser Familie kam aus Wien ins Banat und ließ sich in Neuarad als Tierarzt nieder. Sein Sohn Karl Jahner war bereits 1844 in Temeswar Apotheker, seine beiden Söhne Karl und Rudolf folgten ihrem Vater im Beruf. Karl und Rudolf Jahner sind heute, im Jahr1939, schon nicht mehr aktiv, die zwei ältesten am Leben befindlichen Apotheker unserer Stadt.
Hans Till
Auszug aus „Temeschburg-Temesvar-Timișoara“, HOG 1994