Temeswar - Lächelnd erzählt Adi über seinen Aufenthalt im Dan-Păltinişanu-Fußballstadion, über seine Freunde, über das, was er gern tut. Cristina, Maria, Ioana, Bubu und Adi sitzen im Wohnzimmer des Mutter-Kind-Hauses im Temeswarer Stadtteil Freidorf. In ihrer Mitte sitzt Astrid Grün, die Leiterin des Kinderheims. Wenn Astrid unter den Kindern ist, dann ist das eine Begegnung auf Augenhöhe. Für die Kinder ist die junge Absolventin der Nikolaus-Lenau-Schule drei in eins: die Freundin, bei der sie sich aussprechen können, die Mutter, die alle Kinder in ihr Herz geschlossen hat, aber auch die Erzieherin, die auf sie aufpassen muss. Im August 2015 hat Astrid Grün die Leitung des Kinderheims übernommen – dann, als die drei Nonnen aus der Kongregation der Benediktiner-Schwestern beschlossen haben, dass es für sie Zeit ist, sich anderen karitativen Projekten zu widmen. „Es ist nicht leicht, aber es ist schön. Wir versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen, eine Familie zu sein“, sagt Astrid Grün. So kommt es, dass sie in den Ferien oder an den Wochenenden gemeinsam etwas unternehmen, wie etwa Zoo- oder Kino-Besuche.
Seit dem Jahr 2000 ist das Mutter-Kind-Haus in Freidorf in Betrieb. Im Jahr 2012 wurde im Hinterhof des Hauses in der Ioan-Slavici-Straße ein weiteres Gebäude errichtet, sodass die Kinder zu zweit oder zu dritt in einem Zimmer untergebracht werden konnten. Finanziert wird das Sozialprojekt hauptsächlich mit Geldern aus dem deutschsprachigen Ausland. Die Hauptspender sind die Caritas Graz-Seckau, die Rumänienhilfe der Pfarrgemeinde Ebensfeld (Pfarrer Rudolf Scharf), die katholische Kirchengemeinde Heidelberg, der Verein „Kinder helfen Kinder“ (Familie Edeltraut und Felix Bischof) und die Heiner-Buttenberg-Stiftung aus Meckenheim. Zwar kannte Astrid Grün das Sozialprojekt des Caritasverbands Temeswar, wo sie seit Jahren arbeitet, gut, doch der Job als Projektleiterin war für sie neu. Nicht nur der Job, sondern auch die Kinder im Haus, denn im Oktober letzten Jahres kamen zwölf Kinder aus dem Busiascher Kinderheim der Heiner-Buttenberg-Stiftung, das geschlossen wurde, in das Kinderheim nach Temeswar. 18 Kinder leben aktuell hier, sie sind alle zwischen 10 und 25 Jahre alt. Bei den meisten handelt es sich um Waisenkinder, oder aber sie haben ein Elternteil, dem jedoch das Sorgerecht aberkannt wurde.
Eine der Herausforderungen, mit denen sich die Leiterin des Kinderheims zu Beginn auseinandersetzen musste, war das Finden von Fachpersonal. „Es war sehr schwer, die richtigen Leute auszuwählen. Die Angestellten müssen sich wirklich viel um die Kinder kümmern“, sagt Astrid Grün. Zur Zeit sind hier zwei Frauen, die die Kinder nachtsüber betreuen, eine Köchin und eine Sozialpädagogin beschäftigt. Zwei freiwillige Lehrerinnen helfen den jungen Schülerinnen und Schülern nachmittags bei den Hausaufgaben.
Dass die Arbeit mit den Kindern nicht immer leicht ist, das wissen wohl nur jene, die das schon mal gemacht haben. An einer Wand im Flur, die voller Löcher ist, kann man deutlich erkennen, dass es auch schwierige Situationen im Haus gegeben hat. Auf die Wand hat Adi, der eine Sonderschule in Temeswar besucht, mit der Faust eingeschlagen. Der Junge mit besonderen Bedürfnissen hat manchmal Gewaltausbrüche – und die müssen irgendwie gemeistert werden. Doch die Familie ist groß und unterstützt ihn, sagt Astrid Grün – und das merkt man sofort, wenn man den Kindern und Jugendlichen zuschaut. Im Hof spielen sie zusammen Fußball, Adi rennt mit. Ein eingespieltes Team, das auf Projektleiterin Astrid Grün hört – denn sie ist nicht nur die Chefin im Haus, sondern in erster Linie eine von ihnen.