Eine Temeswarerin, die viele Länder bereist hat, in Deutschland und Schweden gelebt hat, die Jura studierte, als Journalistin arbeitete und dann ein Versicherungsbüro öffnete, die aber am liebsten schreibt: In drei Tagen wird Diana Farcas zweiter Roman, „Spitalul de suflete“ („Die Klinik der Seelen“) vorgestellt. Über Schreiben und Sich-Vermarkten als junge Autorin im 21. Jahrhundert sprach mit ihr die BZ-Redakteurin Ștefana Ciortea-Neamţiu.
Es wird immer öfter hervorgehoben, dass heute wenig gelesen wird, trotzdem haben Sie den Mut gehabt, zu schreiben. Haben Sie dabei an eine gewisse Zielgruppe gedacht?
An eine Zielgruppe nicht, ich denke an eine Person, an einen Leser, für den ich schreibe. Bisher war es die geliebte Person, eine kreative, intelligente Person. Leser gibt es, aber man muss sie heranziehen. Es gibt Leser, es gibt auch Volontäre, es gibt viel Schönes im Bereich Kultur in Rumänien, aber ich glaube es ist vielleicht auch ein institutionelles Handicap, dass die Kultur nicht gefördert wird. Ich will nicht assistiert werden, sondern es ist die Rede von Leuten, die sich in diesem kreativen Kessel befinden und die auf keinerlei Weise unterstützt werden.
Unterstützt – von wem und wie?
Zum Beispiel durch Projekte, Kurse, wie ein Schriftsteller ins 21. Jahrhundert ankommen soll, wie er mehr Aufmerksamkeit gewinnt. Einiges wird gemacht, aber meist in kleinen Werkstätten. Der Leser müsste erzogen werden, aber auch die Erziehung wird nicht mehr so richtig gemacht. Ich glaube, dass die Literaturkritiker nach der Wende nicht mehr den Bekanntheitsgrad genießen, man spürt auch, dass die Verbindung zwischen ihnen und den Verlagen nicht so funktioniert, die Kommunikation und den institutionalisierten Rahmen.
Sie machen diese Arbeit oft allein, auch sehr viel über die sozialen Netzwerke. Wie gut funktioniert das?
Es gefällt mir nicht, die Anzahl der verkauften Bücher als Verdikt anzugeben, aber die sozialen Netzwerke haben ungefähr 80 Prozent des Erfolgs bedeutet. Nach sehr vielen Erscheinungen im TV und in Medien habe ich 800 Bände verkauft von meinem zuerst erschienen Buch, aber nachdem der Verlag, mit dem ich heute arbeite eingegriffen hat, ist die Zahl stark gewachsen. Den Offline-Part hatte ich selbst so gut wie möglich gemacht. Bei uns gibt es keine Literaturagenten, die die Verbindung zwischen den Autoren und den Verlagen herstellen. Für ein Vermarkten im Ausland zum Beispiel gibt es jedoch ein phantastisches Tool, das ist das Internet. Umberto Eco hat zu Recht behauptet, die Mitteilungsflut in den sozialen Medien sei eine „Invasion von Schwachköpfen“, zugleich aber ermöglicht das Internet auch Menschen zu Wort zu kommen, die ganz in Ordnung sind. Dann ist dieser neue Verlag erschienen, der alles ein bisschen anders macht, ich habe ihnen das Buch vor Weihnachten vorgelegt, sie haben 100 Exemplare als Test herausgebracht und binnen drei Tagen verkauft. Der Verlag bewirkt, dass der Autor online wächst. Binnen Monaten haben sie wahrscheinlich um die 3000 Bücher online verkauft und sie wollen den Schriftsteller auch nach außen vermarkten, in andere Länder.
Um daran anzubinden: Das erste Buch hatten Sie sich ins Deutsche übersetzt gewünscht. Warum hat das nicht geklappt?
Ich hatte eine hervorragende Frau kennengelernt, die sich um die Übersetzung kümmern wollte, die aber schwer erkrankt ist, sich jetzt wieder rekuperiert hat, so haben wir jetzt erst die Beziehung wieder aufgenommen. Ende des Jahres wird jedoch das Buch auf Französisch erscheinen, ich habe Margareta Bartha, eine hervorragende Übersetzerin, getroffen. Ich habe zunächst den Verlag in Frankreich gefunden. Der Verlag mit dem ich hier arbeite, „Stylished Books“, ist erst ein Jahr alt. Sie haben Nischenleser, die Zielgruppen, die sie online finden, das macht der Verlag gut. Wahrscheinlich 70-80 Prozent der Bücher werden über Facebook verkauft. Mein Buch ist jedoch auch in Buchhandlungen, das hat auch der Verlag bewirkt.
Und das ist wahrscheinlich auch das was man vom Schriftsteller im 21. Jahrhundert erwartet, dass er sich online vermarktet. Was sonst gehört noch zum Gegenwartsschriftsteller?
Er soll talentiert, hartnäckig, enthusiastisch sein. Fast keiner von den Schriftstellern, die ich kenne, kann sich nur aus dem Schreiben erhalten. Ich spüre auch den Einfluss Gottes. Ich erhalte mich nicht aus dem Schreiben, ich habe auch ein Büro für Versicherungen und Kredite, habe jetzt die Aktivität meinem Kollegen übergeben, weil ich mich mehr auf das Schreiben konzentrieren will. Mit einer guten Organisation könnte ich aber vom Schreiben leben.
In wenigen Tagen wird der jüngste Roman „Spitalul de suflete“ („Die Klinik der Seelen“) erscheinen. Was hat Sie dazu inspiriert?
Ich habe die Tendenz, die Sachen in die Zone des Wiedergutmachens der Seelen zu bringen. Im ersten Roman ging es um einen Mann, der seine Familie verloren hat, im zweiten geht es bei den Personen auch um einen Weg, den sie vor- und rückwärts gehen, weil mir die authentischen Lebensgeschichten gefallen. Es gibt Menschen, die im Laufe ihres Lebens mit der Dependenz oder mit Depressionen oder sogar mit Psychosen zu kämpfen hatten. Für die Dokumentation haben mich viele Menschen inspiriert, aber das Bindeglied war die eigene Erfahrung. Die eigene Depression hat meine Empathie gesteigert. Dazu kam die Dokumentationsphase, online und in direkten Interviews, auch in der Psychiatrischen Klinik in Temeswar.
Wie waren die ersten Reaktionen auf das Buch?
Ich glaube am liebsten war mein Vater, in seinem Ausdruck, nachdem er das Manuskript gelesen hat. Er meinte, dieses zweite Buch schien von einer anderen Person geschrieben worden sein. Sicher bin ich ein anderer Mensch, denn es sind drei Jahre seit meinem ersten Buch vergangen und in der Zwischenzeit viel passiert ist. Das macht man ein Leben lang, wenn man die Lebensfragen beantwortet hat, kommen neue auf einen zu.