Es steckt eine Heidenarbeit in der Vorbereitung der nur zweistündigen Wurstverkostung der Banater Zeitung. Einen Tag vor der „Worschtkoschtprob“ gehen die Redakteure auf den Markt und kaufen sämtliche Industriewürste ein, die sie auftreiben können. Dabei ist Vielfalt besonders wichtig: Es wird geschaut, gefühlt und gekostet. Jeder der vier Redakteure, die am Vortag der Veranstaltung zu Einkäufern delegiert werden, mag seine Wurst anders. Der Fotojournalist Zoltán Pázmány isst gerne stark gewürzt und besonders scharf. Andere mögen es eher mild. Die verschiedenen Geschmäcker helfen eine differenzierte Auswahl zu treffen. Am Ende haben sie fast 40 Wurstsorten, hergestellt in den verschiedensten Ecken des Banats.
Die Beschaffung der Würste ist die einfachste Arbeit. Am späten Nachmittag gegen Abend setzten sich die Redakteure an den Tischen und schneiden die Würste in kleinen Scheiben, die sie dann auf jeweils drei Teller legen: eins für die Jury und zwei für die Besucher.
Das Schneiden ist eine schwere und langwierige Arbeit. Obwohl bekanntlich die Feder schärfer als das Schwert ist, ist sie gegen eine ordentliche Banater Wurst stumpf. Ausnahmsweise müssen sich die Journalisten als Küchenhilfen bewähren. Nach etwa drei Stunden haben die meisten taube Finger und manche blutige. Die extrascharfen Messer bringt seit Jahren der Chefredakteur der Banater Zeitung Werner Kremm. „Wir sind bei der geschätzten 24. Auflage nach der Wende“, sagt er. „Und wenn man dasselbe Messer für 24. Auflagen jedes Mal frisch schleift und wetzt, dann wird es natürlich dünn. Wir haben festgestellt, dass dieses dünne Messer sich am besten zum Käse aufschneiden eignet.“
Stefana Ciortea-Neamtiu, die nach Jahren wieder an der Organisation einer „Worschtkoschtprob“ mitgearbeitet hat, empfindet das inzwischen rituelle Schneiden der Wettbewerbswürste am Vorabend als Teambildung. Alle arbeiten gemeinsam an einem Ziel: die beste „Worschtkoschtprob“ zu machen seit ihrer Gründung vor mehr als 40 Jahren. „Jede ‚Worschtkoschtprob’ ist eigentlich eine große Unbekannte“, sagt Kremm. „Man bereitet sich auf das Unbekannte vor und lässt sich dann eben Vorort überraschen.“
Die größten Überraschungen findet man nicht bei den industriellen Würsten sondern bei den hausgemachten. Schon Tage zuvor kamen private Hersteller, um ein Paar ihrer Würste für den Wettbewerb einzuschreiben. Für sie ist der Preis eine besondere Ehre. Darum haben manche Stammteilnehmer in den letzten Jahren lange Fahrten auf sich genommen, um an der „Worschtkoschtprob“ teilzunehmen.
In diesem Jahr wurde die Wurstverkostung erstmals nach drei Jahren wieder in Temeswar/Timisoara organisiert. Darum nahmen auch deutlich mehr Privathersteller am Wettbewerb teil. Die dreiköpfige Jury musste 30 Würste bewerten.
Für den aus dem Stadtbezirk Mehala stammenden Timotei Tintoi stand bereits Stunden vor dem Wettbewerb fest, wer gewinnen wird. In anderen Jahren belegten seine Würste alle Plätze. Der laute und energische Tintoi posaunt seinen Sieg im Festsaal des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses, während er sich einen Schnaps einschenkt.
Die raue Art des Banaters, der aus einer Metzgerfamilie stammt, schreckt manche Besucher ab, eines seiner Würste kann aber tatsächlich die Jury überzeugen. Platz Eins geht an seine Banater Wurst, die nach dem Rezept seines Großvaters gemacht wurde. Damit steht für Tintoi fest, dass er der beste Wursthersteller des Banats ist. Stolz zeigt er seinen Pokal hoch und erklärt, dass er die Siegerwurst seinem Großvater widmet.
Stunden vor der Veranstaltung werden im Festsaal die Tische gedeckt. Dank Sponsoren werden neben den Würsten auch Brot, Salate, Stollen, Gebäck sowie andere Fleischwaren serviert. Dazu eine Flasche Wein, Bier oder Softdrinks. Erwartet werden über hundert Besucher – treue Leser der wöchentlich erscheinenden Banater Zeitung.
„Planmäßig läuft es nie über die Bühne“, erklärt Werner Kremm. „Man muss immer improvisieren. Aber wir bemühen uns selbstverständlich das Voraussehbare durch Planung abzufedern.“
Zu den treuen Stammteilnehmern der „Worschtkoschtprob“ gehört Wolfgang Sauer. Der Diplomfleischer und seine Gattin brachten mehrere Fleischspezialitäten, die er selbst hergestellt hat. Der Aschaffenburger ist in Ruhestand und aufgrund einer Augenkrankheit fast blind. Er stellt aber weiterhin Fleischwaren her. „Das ist alles Wurst, das wir Zuhause gemacht haben“, erklärt Sauer. „Das Schwein wird frisch geschlachtet und dann wird sofort die Wurst gemacht. Bei uns, wo ich herkomme, ist es Tradition.“
Eine 40jährige Tradition
Die „Worschtkoschtprob“ wurde zur Zeit des Sozialismus von der Redaktion der Neuen Banater Zeitung gestartet. Damals war es eine interne Veranstaltung. In der Zeitung wurden die Leser aufgefordert, ihre Würste einzureichen, die von der Redaktion bewertet und der Beste ermittelt wurde. Nach der Wende hat die Banater Zeitung die Idee übernommen und daraus eine öffentliche Veranstaltung gemacht. Bis 2012 fand die Wurstverkostung stets in Temeswar statt. Die Redaktion hatte sich dann entschieden, die „Worschtkoschtprob“ zu ihren Lesern zu bringen und daraus ein regionales Fest gemacht. In Großsanktnikolaus/Sânicolau Mare, Lugoj/Lugosch sowie der Arader Kleinsstadt Sanktanna/ Sântana wurde die „Worschtkoschtprob“ in den letzten Jahren veranstaltet. „ Nach einer dreijährigen Pause, sind wir jetzt wieder in Temeswar und ich muss feststellen, dass die Pause unserer Veranstaltung gut bekommen ist“, so Kremm.
Im nächsten Jahr wird die „Worschtkoschtprob“ voraussichtlich im Banater Bergland stattfinden.
Das sind die Preisträger der WKP 2015
Die Firma Uzoni hat mit ihren Hauswürsten den 1. Platz bei der diesjährigen „Worschtkoschtprob” in der Kategorie „Industriewurst” gewonnen. Platz 2 belegt Femadar mit ihren „Palermo Würsten”. Der 3. Platz ging an gleich zwei Würsten von Elit SRL: den Premi Hauswürsten und den Alpin Würsten. Ebenfalls auf Platz 3 haben es Aldis mit den pikanten „Sticks Würsten” und Mona Lisa mit ihren Würsten mit Käse erhalten.
Der diesjährige WKP-Sieger in der Kategorie hausgemachte Wurst ist Timotei Tintoi. Er nahm unter dem Namen seines Großvaters Nikolaus Grifaton am Wettbewerb teil. Der 2. Platz ging an Mircea Pascu aus Temeswar und der dritte Platz an Eduard Kühn aus Tschanad/Cenad.