Nach dem Band „Josef Brandeisz und das Temeswarer Musikleben“ bringt nun der Musikwissenschaftler Franz Metz ein weiteres Banater musikwissenschaftliches Standardwerk: Bei dem im Verlag Edition Musik Südost München herausgebrachten Band „Brauns Banater Rhapsodie. Bilder aus der Geschichte des Banater Musik- und Theaterlebens“ handelt es sich um eine von Franz Metz bearbeitete und erweiterte Fassung der „Bansagi Rapszodia“, des in ungarischer Sprache 1937 im Temeswarer Verlag „Sonntagsblatt“ erschienenen Buches des Temeswarer Musikers und Chronisten Desiderius Braun (1894-1940). Als Übersetzer dieser Fassung von 2020 werden von Metz Gabriele Dobroszemsky und Eva Bartal aus Temeswar genannt.
Worin besteht weiterhin, nach fast einem Jahrhundert, Bedeutung und Nachwirkung dieser Publikation? Darüber der Autor Franz Metz in seiner Einleitung: Es handelt sich dabei um die erste umfangreiche Veröffentlichung zur Theater- und Musikgeschichte des Banats (von den Anfängen bis 1901), ein bedeutendes und die gesamte Forschung vertiefendes Dokument der musikwissenschaftlichen Quellenforschung. Desiderius Braun, der spätere Geiger, Chordirigent, Regenschori der Domkirche, aber auch bekannter Temeswarer Journalist besuchte nur ungarische Schulen und war demnach von der ungarischen Kultur geprägt, sodass er 1937 sein Buch, eigentlich ein erster Band dieses großen Vorhabens, in ungarischer Sprache verfasste. Die Arbeit am II. Band wurde wohl begonnen, musste aber 1939 wegen schwerer Erkrankung unterbrochen werden. Desiderius Braun starb 1940 in Temeswar. Obwohl das vorgenannte Buch also unter hektischen und wegen der Krankheit schwierigen Bedingungen geschrieben wurde und als unvollkommen betrachtet werden kann, hat Braun damit doch das wohl wichtigste seiner Vorhaben erfüllt: Der Autor konnte ein genaues Spiegelbild des Temeswarer Theater- und Musiklebens von den Anfängen bis zur Jahrhundertwende in chronologischer Reihenfolge bieten. Obwohl der Buchtitel das gesamte Banat einbezieht, hat sich Braun dann letztlich doch fast ausschließlich auf das Theater und Musikgeschehen Temeswars bezogen. Aber auch so war es kein leichtes Unterfangen, denn die gesamte Kulturszene der Begastadt war schon früh eine mehrsprachige, kosmopolitische Szene: Es ging hier schon immer um das Zusammenspiel reicher Kulturtraditionen verschiedener Volksgruppen, um deutsche, ungarische, rumänische und serbische Theater- und Musikgruppen, Chöre und Gesangvereine, Oper, Operette und Kammermusik. Die Akteure gehörten zudem verschiedener Religionen an, die sich aber fast stets im Geist der Kunst in der Kulturszene die Hand reichten.
Einen ersten Bericht über Kunst und Musik gibt es so mit dem Beitrag „Das goldene Denkmal“ (1420-1560) über die Zeit des Temeswarer Obergespans Philippo „Pippo“ Scolari, Ban von Temeswar, ein großer Gönner der Kunst und der Musik. In „Orgelbrausen“ (1700-1750) wird über die schwierige Gründerzeit nach der Rückeroberung Temeswars berichtet. So über die angesiedelten österreichischen und böhmischen Musiker, die Begründer der Temeswarer musikalischen Kultur, über die ersten Theateraufführungen, den ersten Dom-Regenschori Heinrich Piringer usw. Berichte folgen dann über immer mehr zunehmende Glanzpunkte und außergewöhnliche Musikereignisse: Z.B. „Franz Liszt und Kornelia Hollosy“ (1846), „Walzerkönig“(1847), „Sarasate- Wieniawsky- Verdi-Requiem“ (1877), „Joachim – Brahms“ (1879), „oder „Bruno Walter, Kapellmeister des Temeswarer Theaters“ (1899).
Dieser 505 Seiten fassende Band erschließt offensichtlich neue Quellen und bringt wissenschaftliche Anregungen für die heutigen Forscher und Musikwissenschaftler des Banats, Südosteuropas und Europas. Er spricht aber auf besondere Art auch das interessierte deutsche Publikum in Schrift und Bild an: Das Buch enthält nicht nur wertvolle, zum Teil neue, zum Teil wiederentdeckte Informationen über die jahrhundertealte Musikgeschichte des Banats. Das Buch veranschaulicht auch Vieles mittels mit einem reichhaltigen Zusatz von raren Schrift- und Bilddokumenten.
Der bekannte Musikwissenschaftler Franz Metz, geboren 1955 in Darowa, seit 1985 in München, Organist und Dirigent dazu, hat mit diesem Band seine Reihe wichtiger Publikationen zur Erforschung und Geltungsmachung der Banater Musikgeschichte um eine weiteres Standardwerk ergänzt.