Erklärungen, die freundlichst verschleiern

Taktiken der Holzmafia in und um Naturschutzgebiete im Banater Bergland

Im Banater Bergland befindet sich das größte Forstgebiet Rumäniens, das noch innerhalb eines Verwaltungskreises existiert. Naturschützer befürchten, dass es die Holzmafia gerade auf dieses Gebiet abgesehen hat. Symbolfoto: Zoltán Pázmány

Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Holzmafia Rumäniens sich zunehmend auf das größte Forstgebiet konzentriert, das in Rumänien noch innerhalb eines Verwaltungskreises existiert, auf das Banater Bergland/den Verwaltungskreis Karasch-Severin. Die Wintersportler und Wochenendausflügler, die auf dem Semenik ihre Zeit verbringen, haben die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht, dass im Großraum Franzdorf/Văliug „Kahlschläge“ stattfinden. Die Autoritäten, die über die Integrität des Banater Waldes und über die Unanstastbarkeit der Naturschutzgebiete wachen müssten, winken hochmütig ab.

 

In der Gegend des Weißen Kreuzes an der Straße nach Franzdorf - ein wichtiges Wegzeichen für Wanderer an der Trans-Semenik-Straße von Reschitza nach Slatina Timi{ (DJ 582) haben die Wochenendler einen großflächigen Kahlschlag ausgemacht, an dem dieser Tage die schweren Fäll- und Rodemaschinen arbeiten. Das Gebiet ist fotografiert und der Reschitzaer Lokalpresse zugespielt worden. Irrtümlicherweise meinten die empörten Naturliebhaber, dass das Gebiet zum Naturpark Semenik – Karasch-Klamm (rumänisches Kürzel: PNSCC) gehört. Daraus entstand ein Angriffspunkt, ganz in der Tradition von Entgegnungen auf Reklamationen und Beschwerden gegen die Übertretung der Forstgesetzgebung, wo die Vertreter der Forstverwaltung nur allzu gern den besorgten Bürgern deren fehlendes Fachwissen unter die Nase reiben, um anschließend mit erdrückendem Fachwortschwall reale und/oder vermutete illegale Situationen zu verschleiern.

Freundliche Abweisungstaktik

In der von Sorin Tudorescu, dem Direktor der Verwaltung von PNSCC, gezeichneten Erklärung zu den Beobachtungen umweltbewusster Bürger heißt es deshalb prompt: „Jener Ort, bekannt als Weißes Kreuz, gehört nicht zum Nationalpark PNSCC. Trotzdem haben wir die Beschwerde überprüft: es handelt sich nicht um einen Kahlschlag, sondern um die Entfernung der alten Samenbäume, die von einer Naturverjüngung übriggeblieben sind, um dem Jungwuchs Platz zum Wachsen zu verschaffen. Der andere Holzschlag befindet sich in Richtung des Prislop-Passes und fällt tatsächlich ins Gebiet des Naturparks PNSCC. Aber nicht ins strikte Schutzgebiet. Auch hier haben wir es mit keinem Kahlschlag, sondern mit Säuberungsschlägen für die Förderung des Jungwuchses zu tun. Das ist der in einer zeitlichen Abfolge letzte forstwirtschaftliche Eingriff, um die Entwicklung der kommenden Generation Wald zu ermöglichen. Wir nennen den Vorgang in der rumänischen Forstwirtschaft ´Forstbehandlung mittels progressiver Eingriffe´. Der Holzschlag geschieht in beiden Fällen durch Unternehmen, die infolge von Ausschreibungen das Holz ernten dürfen und Verträge zum Fällen haben. Das Forstamt Franzdorf respektiert die technischen Normen dazu.“

Man kann in dieser Antwort in einer etwas weniger akut formulierten Form alle typischen Formulierungen wiederfinden, die im Falle von Reaktionen von rumänischen Autoritäten gebräuchlich sind: territorielle Ausgrenzungen („gehört nicht zum PNSCC“), Nuancierungen der Schutzzonen – ohne allerdings ganz konkret eine Forstkarte beizufügen, auf der eindeutig verzeichnet ist, wo die Bäume gefällt werden und wo welche Zone des Schutzgebiets beginnt/endet, ganz abgesehen vom Grundübel der Definierung rumänischer Naturschutzgebiete: die ungenaue Abgrenzung, Hinweise auf Fachbegriffe (Kahlschlag, Säuberungsschläge, Forstbehandlung/“tratamente silvice“ usw.), die ja von um die Integrität der Natur und der Naturschutzgebiete besorgten Bürgern nicht unbedingt gekannt sein müssen, um ihrer Sorge wegen der Integrität des Waldes Ausdruck zu verleihen... Und leider hat das ganze verbale Katz- und- Maus-Spiel immer das selbe fatale Ende – uralte Wälder fallen den Motorsägen in immer unzugänglicheren Gebieten mittels immer besserer Holzfälltechnik zum Opfer. Der Nach-Wuchs einer Baum-Generation braucht dazu rund drei Menschen-Generationen. Forst-Wirtschaft versus Generationen-Wirtschaft.

Wacht an Jugoslawiengrenze

Ein anderes Beispiel von Verschleierung liefern Institutionen, die unter anderem auch mit dem Monitoring der Wirtschaftstätigkeit in Schutzgebieten beauftragt sind. Jüngst berichteten wir in der ADZ/BZ über die Probleme, die Naturschützer aus Rumänien und aus Serbien mit dem (geradezu im Wortsinn) fließenden Grenzverlauf zwischen Rumänien und Serbien im sich ständig erneuernden und erweiternden Nera-Delta in der Nähe von Basiasch/Baziaş am Donaustausee Eisernes Tor I haben.

Wie bereits berichtet hat sich die Orawitzaer Naturschutzorganisation GEC Nera an die Rumänische Grenzpolizei gewandt, um Aufklärung über den genauen rumänisch-serbischen Grenzverlauf zu bekommen, in der Hoffnung, dass die Grenzpolizei den Naturschützern Kopien ihrer Operativkarten übermittelt, mittels derer die Grenzpolizisten ihre Kontrollen und ihre Überwachungsarbeit durchführen.

Und wieder kam (mit Nr.177.009/7.03.2013) ein buschig-ausuferndes amtliches Schreiben und sogar die Kopie einer Karte – allerdings ist dort am anderen Donauufer noch Jugoslawien eingetragen....

Erst mal muss die Promptheit der Antwort trotz alldem gewürdigt werden: GEC Nera wandte sich am 26. Februar an das Generalinspektorat der Grenzpolizei beim Innenministerium, am 7. März kam schon die – nicht unterzeichnete – Antwort.

Grenzpolizei erklärt physische Geografie

Darin wird zuerst den Naturschützern erklärt, was das Nera-Delta ist („eine Reliefform, die sich zu bilden begonnen hat nach dem Bau des Staudamms am Eisernen Tor I und der Stausee der Donau stromaufwärts zu einer Verlangsamung des Fließens geführt hat, so dass die Bedingungen entstanden sind für die Ablagerung der Sedimente der Nera und ihrer Nebenflüsse, wodurch mit der Zeit ein Delta entstand, mit Kanälen und wildwüchsiger Vegetation, begünstigt auch durch das Klima der Region“). Dann wird weiter erklärt, dass wegen der oft überschwemmten Region die Grenzziehung (etwa Grenzsteine) nicht immer klar sichtbar ist. Anschließend wird den Naturschützern erklärt, welches die Aufgabe des rumänischen Grenzschutzes aufgrund des Dringlichkeitsbeschlusses der Regierung OUG 105/27. Juni 2001 ist („Hauptaufgabe: Überwachung und Kontrolle der Grenzüberschreitung“ sowie „Respektierung des Rechtsstatus´ der Staatsgrenze“). Unmittelbar daraus eine erste typische Schlussfolgerung für rumänische Staatsorgane: „“... die Organisierung und Abwicklung von Aktivitäten in unmittelbarer Grenznähe geschieht unter Respektierung der genannten Normativakte.“

Gegen Ende des Schreibens kommt die Grenzpolizei auf das Ansuchen der Naturschützer zurück und stellt ihnen „ausschließlich für die Tätigkeiten, die Sie abwickeln, eine Karte mit dem Detail dieses Gebiets sowie die geltenden kartesianischen Koordonaten, die von den Fachleuten der Dienststelle Europäische Angelegenheiten und Internationale Beziehungen zur Verfügung gestellt wurden.“ Und ganz am Ende wird den Naturschützern suggeriert, „aktualisierte Karten“ von der Direktion Militärtopografie des Verteidiguingsministeriums in Bukarest (es folgt die Adresse) „aufgrund von Verträgen“ zu beantragen, weil dort „Fachliteratur herausgegeben werden kann“.

GEC Nera teilt einmal mehr mit, dass sie eigentlich eine Kopie jener Karte haben wollte, nach welcher die rumänischen und die serbischen Grenzschützer ihre Grenzabschnitte überwachen und kontrollieren. Dass die Naturschützer kein Geld haben, von der Militärtopografie Detailkarten zu bestellen, dürfte klar sein – und wird von GEC Nera bestätigt – und, da solche Daten nicht der Geheimhaltung unterliegen, müssten sie jederzeit öffentlich zugänglich sein – meinen die Naturschützer. „Die Antwort der Grenzpolizei bietet keine praktische Handhabe zur Überprüfung durch GEC Nera und anderer direkt Verantwortlicher, ob die illegalen Holzfälleraktivitäten nun letztendlich im Nera-Delta auf rumänischer oder auf serbischer Seite stattfinden. Auf alle Fälle aber geschehen sie in der Balta Nera und sie nutzen genau diese fehlenden Angaben über einen genauen Grenzverlauf.“