„Gedichte, das sind auch Geschenke - Geschenke an die Aufmerksamen. Schicksal mitführende Geschenke.“ - schrieb Paul Celan an seinen Freund und Schriftstellerkollegen Hans Bender. Celan, einer der bedeutendste lyrischen Stimmen der Weltliteratur und der wohl wichtigste deutschschreibende Lyriker nach1945, der auf dem historischen Gebiet Rumäniens geboren wurde, schrieb es zehn Jahre vor seinem Tod, auf seine poetische- tiefsinnige Art und Weise in einem Brief vom 18. Mai 1960.
Sein literarisches Debüt wurde in einer rumänischen Zeitschrift verzeichnet: Am 2. Mai 1947 veröffentlichte der damals 26jährige Paul Celan sein erstes Gedicht in der Bukarester Zeitschrift „Contemporanul“, die erste rumänische Version seiner berühmten „Todesfuge“, Übersetzung von Petre Solomon.
Der Schriftsteller wurde am 23. November 1920 in Czernowitz/Cern²u]i, damals Rumänien, heute Ukraine, als Sohn jüdischer Eltern, als Paul Peisah Antschel, später rumänisiert Ancel, geboren. Daraus wurde letztlich sein literarisches Anagramm Celan. Heuer erinnert man demnach an den 100. Geburtstag des Dichters. An der Hauptstraße von Tscherniwzi- 1945-1990 gehörte die Bukowina, ehemals k. u. k. Kronland, dann Region des Königreichs Rumänien, zu einem militärischen Sperrbezirk der UDSSR- erinnert heute ein Denkmal an den Dichter. An der Fassade seines Geburtshauses Saksagamski-Gasse Nr. 5 schwingt sich ein malerisch aufgeschlagenes Buch über die Haustür (im Foto).
Paul Celan verlor seine Eltern im Holocaust, überlebte die Zwangsarbeit in mehreren Lagern.1945 übersiedelte er nach Bukarest, wo er studierte und als Übersetzer und Lektor wirkte.1947 flüchtete er über Budapest, Wien ins Exil nach Paris. Sein erster Gedichtband „Der Sand aus den Urnen“ erschien in Wien 1948. Er erhielt den Literaturpreis der Stadt Bremen (1958) und den Büchner- Preis (1960).
Man gedenkt heuer auch an seinen 50.Todestag: Paul Celan starb am 20. April in Paris. Vermutlich stürzte er sich am Pont Mirabeau in die Seine. Cioran schrieb am7. Mai 1970 in seine “Cahiers/Hefte“: „Dieser bezaubernde Mensch…dem ich einfach davonlief, aus Angst ihn nicht zu verletzen, da ihn alles verletzte.“
Im Folgenden zwei Gedichte des Banater Lyrikers Horst Samson zur Erinnerung an Paul Celan:
Horst Samson
MITWISSERSCHAFT
In Erinnerung an Paul Celan (1920-1970)
In den Gärten brennen
Die letzten Birnen und Gott entkleidet
Reihum die Bäume. Der Tod, sagt Tolstoi,
Ist zu Ende. Und wir kehren zurück,
Nach Hause, in unsere fremde Erde, basteln
Geschenke an die Aufmerksamen. Der jüngste Tag
Bleibt eine fixe Idee, eine kalte
Schulter des Abends. Stille schlägt uns
Ins Gesicht vor dem Abgrund der Wörter,
Mit denen ich eben noch sprach.
HINTER MIR
Nachruf auf Paul Celan
Das Leben zerfließt zur Träne,
Mein versiegeltes Buch. Mutter, ich höre,
Höre noch den Weg nach Transnistrien,
Befehle, Elende treten sich
Wund, wie Vieh, vorwärts, ruf ich nachts,
Nicht fallen – ich höre es, schreibe es
Nicht in den Wind, im Winde flattert
Die Fahne Schmerz und unterm Schnee
Sickert dein Blut aus
Dem dünnen Körper in die Erde, ich ersticke
An dem Gedanken - die Zeit. Die Zeit, sagt Kleist,
Ist entartet. Der Tod lebt
In zerfransten Kleidern, in geschundener
Haut, geht schnellen Fußes
Hinter dir, hinter mir, dem Juden, her,
Der Tod, der Tod - jawoll, der Tod!
(2011/2013)
Redaktion: Balthasar Waitz