Mit einem Besuch beim Deutschen Forum hat Seine Exzellenz Cord Meier-Klodt, der deutsche Botschafter in Bukarest, seine Visite in Temeswar am vergangenen Dienstag begonnen. Am Nachmittag war der Botschafter bei dem feierlichen Anlass zum 20. Jahrestag der Firma „Continental“ in Rumänien dabei. Während seines Aufenthalts in Temeswar hat Seine Exzellenz in einem Interview mit der Redakteurin Ștefana Ciortea-Neamțiu über das Deutsche Forum, das Nikolaus-Lenau-Lyzeum sowie über den Wirtschaftsstandort Temeswar gesprochen.
Worum ging es konkret bei den Gesprächen mit den Vertretern des Deutschen Forums?
Der Besuch beim Deutschen Forum gehört – und das sage ich im besten Sinne des Wortes – zu den festen Programmpunkten bei meinen Besuchen, wann immer ich kann. Die Umstände in letzter Zeit waren so, dass man nicht mehr jeden zweiten Monat hier ist, man reist weniger. Jetzt gab es den großen Anlass – die Firma Continental feiert 20 Jahre – da war der Besuch bei den Freunden im Forum natürlich eine sehr gute Gelegenheit überhaupt mal wieder zu hören, wie es dem Forum geht. Ich habe gehört, es geht dem Forum den Umständen entsprechend gut, den älteren Mitgliedern geht es auch gut und das ist besonders wichtig, dass es gelungen ist, sie zu betreuen und gleichzeitig zu schützen. Und der Ausblick auf Dinge, die dann hoffentlich bald kommen: auf das Europäische Kulturhauptstadtjahr, das verschoben worden ist, es gibt viele schöne Anlässe hier in der Stadt, auch das Jubiläum der Lenauschule, das nicht stattfinden konnte .Es ist vieles, was wir besprochen haben.
Weil Sie die Lenauschule angesprochen haben: Sie haben auch ein Gespräch mit Frau Constanze Klein, der Leiterin der Deutschen Spezialabteilung gehabt. Wie sehen Sie die Aktivität der Schule?
Die Schule ist einer der ganz großen Namen deutscher Muttersprachschulen im Land und damit auch Beispiel und Vorbild. Ein Grund, warum ich mit der Leiterin der Spezialabteilung gesprochen habe, ist auch, dass das Goethe-Kolleg in Bukarest sich an Erfahrung der Lenauschule ausrichten will, die hier sowohl einen mathematisch-naturwissenschaftlichen wie auch einen sozialwissenschaftlichen Zug hat. Das hätte Bukarest offenbar auch gern. Das ist ein Bespiel für ein ganz konkretes Thema des Austauschs. Aber ich hatte auch mehrmals die Gelegenheit mit den blitzgescheiten Schülern der Lenauschule zu diskutieren, das konnte ich diesmal nicht, auch wieder ein bisschen mit Blick auf bestimmte Vorsichtsmaßnahmen.
Ein anderes Thema, das die Lenauschule betrifft, sind die Arbeiten an der Fassade. Die Stadt hatte versprochen, dass sie diese beenden würde. Wie beurteilen Sie, dass es die Stadt immer noch nicht geschafft hat, den Termin einzuhalten?
Fast hätte ich gesagt, kein Kommentar, denn das war Thema meines allerersten Besuchs bei den Autoritäten der Stadt, wo ich schon damals das ganz simple Argument in den Vordergrund gestellt habe: Die Lenauschule ist eine Schule zweier Nobelpreisträger und das in einer künftigen Europäischen Kulturhauptstadt – die Schule wird sicherlich ein fester Punkt auf dem Stadtrundgang eines solchen Anlasses sein und dann möchte man sie in einer schönen wiederhergestellten Fassade haben. Das schien allen einzuleuchten und ich habe oft den Eindruck gehabt, man wird es schnell angehen. Sie haben gesagt, wo wir stehen. Aber jetzt hat man auch durch die Verlegung des Kulturhauptstadtjahres noch einmal eine Chance, es mindestens zu dem Termin fertigzustellen. Ich hatte dazu jetzt keine Gespräche im Einzelnen; aber ich will der Hoffnung Ausdruck geben, dass das jetzt kommt. Klar, die Lenauschule möchte das, aber ich denke, auch die Stadt möchte das, weil es so sehr zur Geschichte und zum Stadtbild gehört.
Ihr Besuch in Temeswar kommt zu dem Anlass der 20-Jahre-Feier der Firma „Continental“. Wie sehen Sie den Standort Temeswar, den Standort Banat heute, auch im Hinblick auf die Pandemie?
Das ist ein sehr strategischer Anlass heute, dass Continental 20 Jahre Aktivität in Rumänien feiert, mit einem Schwerpunktstandort in Temeswar. Wenn man sich vor Augen hält, wann das begonnen hat und was danach alles geschehen ist: Das war zehn Jahre nach dem Mauerfall, als sie hier angetreten sind, zu einem Zeitpunkt, als Rumänien noch nicht NATO-Mitglied und EU-Mitglied war, dazwischen lag eine große Finanzkrise und viele andere Ereignisse. 20 Jahre hat „Continental“ hier im Land nicht nur überdauert, sondern ist kontinuierlich gewachsen, als Investor, als Arbeitgeber, auch als sozial engagiertes Unternehmen. Und das, auch in diesen Zeiten mit allen Vorsichtsmaßnahmen und Regularien zu feiern, das finde ich sehr wichtig. Präsident Klaus Johannis nimmt das sogar selbst als Anlass, hier dabei zu sein. Das spricht lauter als alle anderen Worte. Hier feiern wir gleichzeitig ein Bekenntnis eines Unternehmens zu einer Region und einem Land und aus meiner Sicht ist es so: Neben der großen Krise, durch die wir gehen, durchläuft die Automobilindustrie nicht nur hier in Rumänien, sondern gerade auch in Deutschland, eine schwierige Zeit, aus der sie im Übergang vom Verbrennungsmotor zur E-Mobilität – und das wird lange Zeit beides nebeneinander bestehen – sich neu aufstellen muss. Hier kommt wirklich die gute Nachricht: Die Firmen haben sich gerade in Rumänien und auch hier in Temeswar nach meinem Eindruck seit vielen Jahren so aufgestellt, dass sie besonders wichtig sind bei diesem Übergang in die neuen Technologien. Das heißt, hier ist nicht das Problem, wie gehen wir um mit verbliebenen alten Technologien, sondern hier sind bereits nicht nur die Ansätze, sondern schon die Weichen gestellt für die neue Phase. Insofern spielt der Standort Temeswar nicht nur für „Continental“, auch für andere eine sehr wichtige Rolle in dem Gesamtgefüge. Das wird gleichwohl schwierig sein, aber ich glaube, gerade der Standort hier geht in die Zukunft mit einem hoffnungsvollen, positiven Vorzeichen.