In seinen Werken realisiert Strauss eine moderne Synthese eines Romantismus, der auf den Idealen des Klassizismus aufgebaut ist. Seine Werke drücken Überschwänglichkeit, Liebe und Freude am Leben aus und sind von Ehrlichkeit und Großzügigkeit der Inspiration geprägt. Dazu gesellen sich Vornehmheit und Eleganz der Phrase und der Form.
Mahler hat seinerseits sein ganzes Leben und sein gesamtes Werk dem Mysterium des Glaubens gewidmet. Seine Musik ist wie ein Gebet an Gott. Gustav Mahler und Richard Strauss waren keine Erneuerer, aber aus Sicht des Stils ist ihre Bedeutung erheblich.
Die direkte Art, mit der sich Richard Strauss an das Publikum wandte, führte dazu, dass seine Werke mit viel Wärme aufgenommen wurden, während Mahlers Musik ihren wahren Wert erst drei Jahrzehnte nach seinem Tod erlangten.
Vier Lieder von Richard Strauss nach Gedichten von Hermann Hesse
1. Frühling (komponiert am 20. Juli 1948)
In dämmrigen Grüften
träumte ich lang
von deinen Bäumen und blauen Lüften,
Von deinem Duft und Vogelsang. Nun liegst du erschlossen
In Gleiß und Zier
von Licht übergossen
wie ein Wunder vor mir. Du kennst mich wieder,
du lockst mich zart,
es zittert durch all meine Glieder
deine selige Gegenwart!
2. September (komponiert am 20. September 1948)
Der Garten trauert,
kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
still seinem Ende entgegen. Golden tropft Blatt um Blatt
nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
In den sterbenden Gartentraum. Lange noch bei den Rosen
bleibt er stehn, sehnt sich nach Ruh.
Langsam tut er
die müdgeword’nen Augen zu.
3. Beim Schlafengehen (komponiert am 4. August 1948)
Nun der Tag mich müd gemacht,
soll mein sehnliches Verlangen
freundlich die gestirnte Nacht
wie ein müdes Kind empfangen. Hände laßt von allem Tun
Stirn vergiß du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
wollen sich in Schlummer senken. Und die Seele unbewacht
will in freien Flügen schweben,
um im Zauberkreis der Nacht
tief und tausendfach zu leben.
4. Im Abendrot (komponiert am 6. Mai 1948)
Wir sind durch Not und Freude
gegangen Hand in Hand;
vom Wandern ruhen wir
nun überm stillen Land. Rings sich die Täler neigen,
es dunkelt schon die Luft.
Zwei Lerchen nur noch steigen
nachträumend in den Duft. Tritt her und laß sie schwirren,
bald ist es Schlafenszeit.
Daß wir uns nicht verirren
in dieser Einsamkeit. O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot.
Wie sind wir wandermüde–
Ist dies etwa der Tod?
(Schluss)