Der stufenweise Rückgang der Sprechenden banat-schwäbischer Dialekte hat der Mundartseite „Pipatsch“ (erscheint wöchentlich in der Banater Zeitung) in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen immer höheren Stellenwert verliehen. Für das Fortbestehen der Banater Schwaben sind Tradition, Brauchtum, Tracht und Sprache pflegewichtiges Kulturgut, heißt es bei Interessenten und Kennern. Wenn nun nach Vorlagen Trachten genäht oder bei viel Übung Volkstänze einstudiert werden können, ist das Erlernen der Mundart bedeutend schwieriger, meistens sogar unmöglich.
"Schwobisch" mit all seinen Facetten stand im Zentrum eines großangelegten Festes, das am vergangenen Wochenende im Adam Müller-Guttenbrunn-Haus Interessenten aus dem gesamten Banat vereinte. Sie alle feierten 50 Jahre Mundartseite „Pipatsch“. Gastgeber war das Deutsche Forum, zusammen mit der Hauptorganisatorin und derzeitigen Pipatsch-Verantwortlichen, Helen Alba, die zusammen mit Schülerin Astrid Kataro durch die Veranstaltung führte.
Die Mundarten - unterschiedlich von Dorf zu Dorf - blieben über viele Jahrzehnte unverändert, auch deshalb, weil die Eingriffe der Zugezogenen in die Sprache unbedeutend, ja fast inexistent waren. Sie konnten dem Sprachgebrauch fester Gemeinschaften kaum etwas anhaben. Mit der Zeit erfolgten jedoch, Zu- und Abwanderung; die Notwendigkeit der Mundart im Alltag wurde immer seltener.
Heute weiß man, dass die Schwaben wahre Lautdenkmäler hinterlassen haben, die Pipatsch-Autoren hingegen machten im Laufe der 50 Jahre daraus eine Schriftsprache von hohem historischem Wert. Die Pipatsch ist Gegenwart und Geschichte der Banater Mundarten, zugleich und nicht zuletzt eine Chronik Banater Geschichte. Sie ist deshalb auch eine Fundgrube von besonderem sprachlichem Wert, aber auch Zeitzeuge der Geschichte der Banater Schwaben von gestern und heute.
Bei der Mundarttagung ergriffen Sprecher des Banatschwäbischen diverser Altersgruppen das Wort, hoben die Bedeutung der Pflege der Mundart hervor und vor diesem Hintergrund die Bedeutung der Pipatsch. Gegründet hatte sie 1969 der damalige Chefredakteur der Neuen Banater Zeitung, Nikolaus Berwanger. Seit mehr als 25 Jahren erstellt Helen Alba Mundarttexte, hält das Netz der Mitarbeiter aufrecht und so die Pipatsch am Leben.
Der DFDB- Vorsitzende Johann Fernbach ließ ein wenig Pipatsch-Historie Revue passieren und erwähnte: „Aus der Geschichte der Pipatsch ist eine schöne, 50jährige Geschichte geworden. Und ein Ende ist nicht abzusehen. (…) Die Pipatsch sollte die banatschwäbische Mundart wieder hoffähig machen, wiederbeleben, Mundartautoren heranziehen und einen engen Kontakt zu dem Großteil der Banater Schwaben, der zahlreichen Dorfbewohnerschaft, schaffen. (…) So wie es Nikolaus Berwanger gemacht hatte, sollte diese Beilage trotz der vielen Umänderungen nach der Wende, weitergeführt werden. Als die BZ am 10. November 1993 als einzige Tochterzeitung und Beilage der ADZ ins Leben gerufen wurde, wurde die Pipatsch als einzige der ehemaligen Beilagen nahtlos übernommen und bis heute, 26 Jahre lang, wöchentlich herausgebracht. Ihre Leserschaft aus den Banater deutschen Dörfern, die vor und nach der Wende zum Großteil nach Deutschland ausgewandert war, blieb der Pipatsch trotzdem auch aus der Ferne treu. (…) Solange diese von der großen Leserschaft gern gelesene Beilage im Rahmen der BZ bestehen wird, gibt es eine starke Beziehung zu unseren Wurzeln, zu der banatschwäbischen Mundart, den Traditionen und dem Brauchtum der Banater Schwaben. Es ist ein starkes Band zu der Heimat und zu unserer Identität.“
Die aus Bukarest angereiste Chefredakteurin der ADZ, Rothraut Wittstock, wies darauf hin, dass die Pipatsch überall ihre treuen Leser hat, nicht nur im Banat. Auf Helen Alba bezogen, erwähnte sie die "lebensnahen Texte" der Autorin. Der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Gan] erkannte den Beitrag der Pipatsch zur Identitätsbewahrung der Banater Schwaben. Annemarie Podlipny-Hehn erinnerte an all jene Pipatsch-Mitarbeiter die mittlerweile verstorben sind und an die Neuplatzierung der Gedenktafel an den Namengeber, Nikolaus Berwanger. Claudio Alba aus Regensburg sagte, dass die Pipatsch seit einem halben Jahrhundert "draußen im Feld und aach in der Zeitung bliehe tut". Über die Zeitung und diese Seite habe man "gewisst wie es de Landsleit aus de Nachberschderfer geht".
Helen Alba und die Wahl-Tschanaderin Monika Ernst trugen Geburtstags- Grußschreiben an die Redaktion vor und Ignaz Bernhard Fischer sagte, "man müsse sich sehr stark freuen" wenn es mit der Pipatsch weiter geht. In unserer schnelllebigen Welt sei es ohnehin nicht selbstverständlich in Mundart zu schreiben bzw. zu sprechen, sagte die Leiterin des Literaturkreises „Stafette“, Henrike Brădiceanu-Persem.
Die Buchvorstellung von Stefan Michael Müller, „1000 banatschwowische Sinnsprich“ nahm BZ-Redakteur Balthasar Waitz vor (siehe auch BZ vom 2. Oktober). Er erwähnte die sieben Kapitel, in denen sich Sinnsprüche reihen. Themen sind die für das Schwabentum schon immer wichtigen Aspekte, Gesundheit, Familie, Gemeinschaft und nicht zuletzt Philosophie. Ignaz B. Fischer las aus dem Buch und kommentierte die Verse teils humorvoll, teils von Weisheiten geprägt.
Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es bunt zu: Mit Musik und Tanz.