Eine schöne Überraschung bereitet das Deutsche Staatstheater Temeswar für sein Publikum vor: Zum krönenden Abschluss der Saison 2011/2012 ist im Juli 2012 die Premiere einer Bühnenfassung nach dem Prosawerk „Niederungen“ von Herta Müller, unter der Spielleitung von Niky Wolcz und in der Ausstattung von Helmut Stürmer vorgesehen.
Dieses Stück große Literatur ist der heute berühmte Debütband der Banater Literaturnobelpreisträgerin, von vielen Kritikern zu Recht als Schlüssel zu ihrem Gesamtwerk betrachtet, der bisher drei Varianten erlebte: Der 1982 im Kriterion Verlag Bukarest als jahrelang verhinderte, zensurierte Buchfassung erschienene Erstling wurde darauf 1984 als Veröffentlichung des Rotbuch Verlags trotz Kürzungen zu einem durchschlagenden Erfolg auf dem deutschen Buchmarkt.
Eine dritte, ergänzte Fassung brachte der Hanser Verlag 2010 heraus. Die „Niederungen“ gibt es noch nicht als Bühnenfassung jedoch schon als Hörbuch: Die von Hörbuch Hamburg 2010 herausgebrachte Textauswahl wird von Herta Müller, Marlen Dickhoff und Albert Kitzl gelesen. Eine Bühnenfassung gibt es lediglich von Müllers Roman „Herztier“ (Maxim Gorki Theater Berlin 2009). „Der Fuchs war damals schon der Jäger“ wurde 1993 verfilmt.
Auch mit weiteren Änderungen möchte man der Temeswarer deutschen Schauspielbühne in nächster Zukunft neue, vor allem künstlerische Impulse verschaffen: So schloss sich dem Leitungsteam ab 1. Oktober der bekannte Spielleiter Radu Alexandru Nica in seiner neuen Eigenschaft als stellvertretender Intendant und künstlerischer Leiter an.
Der 32-Jährige war bis März 2011 hauseigener Regisseur des Radu-Stanca-Nationaltheaters Hermannstadt, seither wirkte er am DSTT als künstlerischer Berater. Nica-Regiestudium in Klausenburg und 2001-2003 an der Ludwig-Maximilian-Uni München – arbeitete als Regisseur an einigen der bedeutendsten Theatern Rumäniens, aber auch in Deutschland und den USA. Er erhielt mehrfache Auszeichnungen (UNITER-Debütpreis für Nora nach Ibsen 2005) und promovierte jüngst mit einer Arbeit über die deutsche Theatergeschichte Siebenbürgens.
Neu am DSTT ist in dieser Spielzeit auch die Dramaturgin Valerie Seufert. Sie wurde in Heidelberg geboren und hat in Wien und Lyon Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert. Die erste von ihr betreute Produktion ist „Der Hässliche“, von Marius von Mayenburg.
Vom rumänischen Liviu-Rebreanu-Ensemble des Nationaltheaters Neumarkt/Tg. Mureş kam am 1. Oktober die Ausstatterin Ioana Smara Popescu fest zum Haus, welche somit die Nachfolge des nach 37-jährigem Wirken am DSTT in Ruhestand getretenen Bühnen- und Kostümbildners Architekt Traian Zamfirescu antritt. Popescu hat bereits als Gastausstatterin und Ausstattungsassistentin am DSTT gewirkt, so bei den Produktionen „Die Zofen“, „Der Unsichtbare“, bzw. „Shaking Shakespeare“ und „Die Mountainbiker“.
Auch im Schauspielerbereich bekommt das DSTT Nachwuchs: Anne-Marie Waldeck und Alexej Cobe] haben die deutsche Schauspielschule im Rahmen der Temeswarer West-Universität absolviert, während Silvia Török ihre Fachausbildung an der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg abgeschlossen hat.
Die erste Premiere der Spielzeit geht am 15. Oktober 2011 über die Bühne: „Der Hässliche“, von Marius von Mayenburg, wozu der Spielleiter Theodor Cristian Popescu und die Gastausstatterin Velica Panduru nun zum ersten Mal vom DSTT verpflichtet wurden.
Diesem Projekt folgt ein Workshop mit dem Bukarester Choreografen Florin Fieroiu, während Radu Alexandru Nica im Januar 2012 die Spielleitung zum dritten Projekt der Saison übernimmt.
Im Oktober verzeichnet das DSTT drei Festivalteilnahmen: am Underground-Festival in Arad, am Landeskolloquium der Theater in Minderheitensprachen in Gheorgheni und am Nationalen Theaterfestival in Bukarest.
Am 13. und 14. November 2011 gastiert nach zwei Jahren erneut das Theater Biel-Solothurn (Schweiz) im DSTT, nun im Rahmen einer Veranstaltungsreihe anlässlich des 100. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Schweiz und Rumänien. Projektpartner ist dabei die Schweizer Botschaft in Bukarest.
Ebenfalls im November soll die Inszenierung „Das Urteil“, von Barry Collins, unter der Spielleitung von Alexander Hausvater, mit der Ausstattung von George Petre und der Musik von Dan Simion, ins DSTT-Repertoire wiederaufgenommen werden.
Zu den weiteren Premieren laufen Gespräche mit Künstlern aus dem In- und Ausland, die in der kommenden Zeit an der Temeswarer deutschen Staatsbühne wirken sollen, so die Spielleiter Radu Afrim und László Bocsárdi , die Gastausstatter Iuliana Vâlsan, József Bartha, Judit Dobre-Kóthay und der Musiker Vlaicu Golcea.