Das auffällig unauffällige Fällen von uralten Bäumen im Banater Bergland hat erneut zum Aufflammen der Dispute zwischen dem USR-Senator Mihai Goțiu (hinter dem zahlreiche junge und umweltbegeisterte USR-Mitglieder und -Sympathisanten aus dem Landkreis Karasch-Severin stehen, aber auch Umweltschutz-NGO´s) und den Vertretern von Romsilva geführt, die eigentlich nur einen Tenor kennen: „Die Behauptungen von Goțiu sind schwerwiegend, aber sie entbehren jeden reellen Hintergrunds.”
Goțiu, der neuerdings auch von der durchschlagkräftigen Bürgerbewegung „Declic” unterstützt wird, behauptet aufgrund eigener Beobachtungen – er wandert oft durchs Banater Bergland – und gestützt auf Film- und Fotomaterial, das ihm die USR-Mitglieder aus dem Banater Bergland stecken, dass im ganzen Landkreis Karasch-Severin das Fällen gesunder und wertvoller Wälder eine starke Intensivierung erfährt, ja, dass „im Dringlichkeitsmodus” Bäume gefällt werden, wobei die Restriktionen von wegen der Gesundheitskrise als Deckung dazu genutzt werden. Dies, obwohl der Holzpreis rekordverdächtige Niedrigwerte erreicht und obwohl (auch) in den Karpaten Millionen Kubikmeter Holz aus Wind- und Schneebrüchen darauf warten, notgeerntet zu werden, bevor der Borkenkäfer sein Vernichtungswerk beginnt und sich auch auf gesunde Wälder ausdehnt, oder bevor die Fäulnis einsetzt.
Dem gegenüber behauptet Romsilva, dass ihre Forstdirektion aus dem Banater Bergland viel weniger Holz erntet, als sie legal die Möglichkeit hätte und dass die Vorwürfe, mit denen der Ex-Journalist Goțiu die staatliche Forstverwaltung bombardiert, glatt aus der Luft gegriffen - „unbegründet”/”nefondate” - seien. Worauf der überhaupt nicht mundfaule Senator bloß weitere Beschuldigungen lanciert: „Was die behaupten, ist entweder glatte Sinnlosigkeit oder höchste Inkompetenz, oder aber sind wir Zeugen einer massiven Finanzierungsaktion der Wahlkämpfe dieses Jahres!”
Der USR-Senator veröffentlicht ein Schreiben der Forstdirektion Karasch-Severin an ihre 17 Forstamtsdistrikte, in dem diese u.a. aufgefordert werden, „DRINGEND jene Forstschläge zu identifizieren, aus denen IN DER ZEITSPANNE DER RESTRIKTIONEN Holz geerntet werden kann (ausgenommen Sekundärprodukte) und an deren Inwertsetzung zu schreiten, die entsprechenden Papiere zur Inwertsetzung in höchstens einer Woche bereitzustellen (bis am 19, Juni) und alle nötigen Demarchen zu unternehmen, für die Genehmigung der Einführung dieser Forstschläge in den Katalog der Holzmasse des Produktionsjahrs 2020, worauf wir unmittelbar eine Ausschreibung starten werden für die Durchführung des Fällens der Masse stehenden Holzes.”
So etwas schreiben im Staatsdienst stehende Forstbeamte unter Bedingungen, wo der selbe staatliche „Autonome Regiebetrieb” RA Romsilva SA beharrlich behauptet, in Rumänien warteten drei Millionen Kubikmeter Holz aus Wind- und Schneebrüchen auf ihre Ernte, bzw. deren Rettung vor dem Verfaulen und Insektenfraß, regt sich der USR-Senator auf. Und aus der selben Quelle RA Romsilva SA weiß der Senator, dass das staatliche Forstunternehmen in seinem Holzlagern rund eine Million Kubikmeter Brennholz vorrätig hat, das 2019 nicht verkauft werden konnte (deshalb wohl im Schreiben die Klammer über „Sekundärprodukte”). Und nicht zuletzt führt der Senator die Klagegesänge des Verbands der Forst-Administratoren (privater Wälder) und der Föderation Silva ins Feld, die darüber jammern, dass der einheimische Holzmarkt „absolut down” sei, wegen der Corona-Pandemie und den Importen billigsten Holzes aus Westeuropa. Man könne in Rumänien kaum noch Käufer für gutes Holz finden.
Ein gleichermassen eifriger wie vehementer Unterstützer des Senators Mihai Goțiu ist der junge Karasch-Severiner USR-Vorsitzende Andrei Plujar. Plujar, den die USR als Kandidat für den Kreisratsvorsitz în Karasch-Severin aufgestellt hat, hielt jüngst eine Pressekonferenz ab, auf der er eine Kopie des ominösen Romsilva-Dokuments präsentierte, das schon Goțiu zu seinem Angriff benutzt hatte. Plujar meinte dazu: „Zur Stunde ist dieser Landkreis zweifelsohne jenes Gebiet Rumäniens und des Karpatenraums, wo es die wertvollsten Urwälder Rumäniens gibt. Es ist dringend nötig, dass sämtliche befugten Autoritäten sich aufgefordert fühlen, zu intervenieren, um dieses Naturerbe zu schützen und zu wahren. Viele Forstschläge im Nationalpark Semenik – Karasch-Schluchten werden willkürlich verwaltet, da dieser Nationalpark keinen Managementplan hat. In den Nationalparks Nera-Schluchten – Beușnița-Wasserfälle und Domogled – Cerna-Tal wird der Verwaltungsvertrag durch Romsilva laufend mit Füßen getreten. Romsilva war es auch, die schon 2016 willkürlich und ungeahndet die strengen Vollschutz-Zonen dieser Nationalparks eingeschränkt hat, mit dem einzigen Ziel, Holzeinschläge zu legitimieren. Dass Romsilva ein Forstunternehmen ist, dem der Interessenskonflikt inhärent ist, das weiß inzwischen jeder und jede. Wir sind aber nicht mehr bereit, in vollem Bewusstsein der Folgen ein Naturerbe zu opfern, vielleicht den einzigen wirklichen Reichtum, der dem Banater Bergland noch verblieben ist. Wir verfügen mit diesem Naturerbe über eine solide Ausgangsbasis für künftige Entwicklungen. Deshalb darf es nicht Opfer der Motorsägen werden.”
Romsilva hat inzwischen angesichts solcher nachvollziehbarer Vorwürfe seine Taktik geändert: das staatliche Forstunternehmen schweigt nicht mehr dazu. Es kommt mit Zahlen und Fakten, in der Meinung, diese sprächen für sich. Sicher ist: sie lenken vom Thema ab.
2020 habe Romsilva Karasch-Severin eine Holz-Erntequote von 718.000 Kubikmeter Holz, was 32 Prozent der jährlichen kumulierten Holzmenge entspräche, „also viel weniger, als legal geerntet werden könnte, laut der Forsteinrichtung für die 17 Forstamtsbezirke des Banater Berglands”. „Bis zum heutigen Tag hat die Forstdirektion Karasch-Severin den Absatz von 514.000 Kubikmeter Holz vertraglich gesichert und erst 189.000 Kubikmeter geerntet. Es werden die Vorlagen der Forsteinrichtung konsequent umgesetzt, einschließlich das Fällen, um eine Regenerierung der Forste durch Naturverjüngung auszulösen, sobald die Bäume ihre physiologische Reife erreicht haben.”
Letzteres ist im Sprachusus von Romsilva eine Umschreibung des ... Kahlschlags.
„Desgleichen möchten wir feststellen, dass in den Staatswäldern, die Romsilva im Südbanat verwaltet, keine Wind- und Schneebrüche geschahen und auch kein massiver Schädlingsbefall festgestellt wurde. Wo das, an isolierten Stellen, geschah, hat Romsilva prompt eingegriffen. Die betroffenen Bäume sind gefällt und zur Verwertung vorbereitet worden.”
Gerade diese „isolierten Fälle” wurden allerdings von den Umweltschützern immer dort identifiziert, wo die schönsten, stolzesten und ältesten Bäume (mit drei und mehr Metern Umfang in Brusthöhe erwachsener Männer) – nicht selten in streng geschützten Arealen, standen...
„Es ist bedauerlich, dass Senator Mihai Goțiu, ohne über die minimalsten Kenntnisse betreffs Forstwirtschaft und -kultur zu verfügen, unverantwortlicherweise und wiederholt schwerwiegende und unbegründete Vorwürfe lanciert gegen eine öffentliche Institution.” So weit Romsilva, die öffentliche Institution.
Eigentlich entkräftet die staatliche Forstverwaltung mit solchen Stellungnahmen nicht die gegen sie vorgebrachten Vorwürfe, Eher bekräftigt sie den Interessenskonflikt, in dem sie sich befindet: einerseits muss sie die Wälder hegen, pflegen und schützen, andrerseits muss sie dem Staat daraus Profit erbringen. Und das geht am schnellsten, wenn Holz geschlagen, wenn Bäume gefällt werden.