Honig-Geschichten

Zur Stammkundschaft von Imker Siegfried Scherer gehört auch der DFDB-Vorsitzende Dr. Johann Fernbach, der immer wieder die Produktqualität des Deutschen aus Folea lobt. Foto: Siegfried Thiel

Bienenstöcke auf dem Lande, im Kreis Temesch

Fleißig wie eine Biene… Ein Bild, das 2098 in Maja Lundes Buch, zur Vergangenheit gehören soll. Stattdessen werden die Obstbäume künstlich bestäubt, will die Menschheit überleben. Fotos: Stefana Ciortea-Neamtiu

Süßes von Siegfried Scherer

Deutscher Imker mit festem Kundenstamm

Zweimal die Woche steht Siegfried Scherer auf dem mittwochs und samstags in der Nähe des Dan-Păltinișanu-Stadions in Temeswar eingerichteten Markt. Vier Tonnen Honig im Glas verkauft er pro Jahr. 200 Bienenvölker nennt er sein Eigen, und tätigt den Imkerberuf, den schon sein Vater und Großvater vor ihm ausgeübt hatten. Siegfried Scherfer kommt aus der einzigen deutschen Familie, die noch im Dorf Folea, Gemeinde Wojteg, im Verwaltungskreis Temesch lebt.

Es ist schwer, auf dem Markt am Stadion einen Verkaufsplatz für den Stand zu erhalten, denn der Platz ist überfüllt, sagt Scherer. Er hat jedoch mittlerweile seinen Stammplatz und den kennen mittlerweile viele seiner Kunden. „Honig ist nicht so wie Kartoffeln verkaufen sondern so wie Wein anbieten. Qualität wird gesucht“, weiß der erfahrene Imker. Bereits als Junge hat er „Waben getragen, Honig geschleudert und viele Bienenstiche abbekommen, aber das ist gesund“, sagt er lächelnd über seine Erwerbstätigkeit.

Der ehemalige Angestellte der Temeswarer Betriebe Elbaplast und als  Gütekontrolleur bei Mahle wollte irgendwann selbständig sein. „25 Jahre lang habe ich für andere gearbeitet“, sagt er zu seiner neuen Berufsausrichtung. Nun hat er seine Bienen in der Sommerszeit im Banater Bergeland, in Bokschan und in Teregova, abgestellt. Private Kleinimker müssen sich ihre Absatzmärkte in Nischen suchen, denn in Supermarktketten werden Produkte in großen Mengen und zu günstigen Preisen gewünscht. Doch da lässt oftmals die Qualität zu wünschen übrig, weiß der Deutsche aus Folea.

Siegfried Thiel

 

Unterschriften für die Bienen

Europäische Bürgerinitiative „Rettet Bienen und Bauern“. Und die Zukunft der Menschheit

Als Maja Lunde 2015 ihren Roman „Die Geschichte der Bienen“ und damit den ersten Teil einer Tetralogie veröffentlichte, die sich mit Klimaproblemen und vom Menschen verursachte Katastrophen beschäftigt, landete sie mit dem Buch sofort sowohl im Heimatland Norwegen als auch international einen Bestseller. Übersetzungen in 35 Ländern (2017 in Deutschland, 2019 in Rumänien) sowie Preise folgten. Der Roman verwebt die Geschichten von Menschen aus verschiedenen Ländern und verschiedenen Jahren: dem Biologen und Samenhändler William aus England des Jahres 1852, der einen Bienenstock entwirft, um Bienen zu züchten, dem Imker George aus Ohio, USA, aus dem Jahr 2007, der dem Bienensterben hilflos zusieht, und der Chinesin Tao, die 2098 eine von vielen ArbeiterInnen ist, die Bäume bestäuben müssen, denn Bienen hat ihre Generation nicht mehr erlebt.

Der Roman vereint Phantasiekraft mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und ist ganz auf die jetzige Generation von Lesern geschneidert, die über Klimabewegungsaktivisten wie Greta Thunberg bis hin zu Pandemien, die jeden betreffen, erkennen müssen, dass der Einfluss der eigenen Aktivitäten tiefschürfende, schwer heilende Wunden in unsere Umwelt hinterlässt.

Literatur und Realität

Dass die Autorin das Jahr 2007 für den Imker auswählt, dem klar wird, dass der Verlust der Bienen unumgänglich ist, ist kein Zufall. Denn es ist unsere Generation, die von einem Jahr zum anderen wahrnimmt, wie die Artenvielfalt besorgniserregend schrumpft. Aus eigener Erfahrung: Noch vor zehn Jahren mussten wir bei einer Autofahrt durch Rumänien ungefähr jede Stunde die Windschutzscheibe wegen der Insekten waschen. Diese Notwendigkeit ist von Jahr zu Jahr immer seltener geworden, bis wir vor zwei Jahren acht Stunden Fahrt mit kaum Insektenverlusten auf der Scheibe erleben konnten. Ist das komfortabel oder aber angsterregend? Das hängt davon ab, wie sich eine Generation dazu entscheidet, die Normalität zu definieren. Annehmen kann man, dass diese Insekten, die wir nun nicht mehr sehen konnten, der Umweltverschmutzung und der Anwendung von Chemikalien in der Landwirtschaft zum Opfer gefallen sind.

Honigbienen sind heute mehr Gefahren ausgesetzt als ihre Ahnen: Krankheiten, die von Milben und anderen Parasiten ausgehen, Monokulturen sowie das Einsetzen bestimmter chemischer Substanzen in der Landwirtschaft sind das mörderische Cocktail, mit dem sie zu tun haben. Sie schwächeln, erkranken und sterben. Es ist nicht nur der Honig, auf den man dann verzichten muss. Oder der gepantscht (mit Zuckersirup vermengt) verkauft wird, (auch) um den Mengen gerecht zu werden, die von den nicht sattzukriegenden Nur-Konsumenten-Sonst-Uninteressierten verlangt werden.

So ist es kein Wunder, dass vor knapp einem Jahr eine europaweite Unterschriftenaktion begonnen hat. Dieser kann man sich bis Ende September anschließen und damit vielleicht, ja hoffentlich den Prozess umkehren, der auch in Maja Lundes Buch unter die Lupe genommen wird: das Sterben der Bienen mit schauerhaften Folgen, die sich die Autorin ganz gut vorgestellt hat – auch aufgrund der Lektüre zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten, wie sie es selbst erklärt.

Mit Unterschriften helfen

Am 30. September 2019 hat die Europäische Kommission die Europäische Bürgerinitiative „Rettet Bienen und Bauern!“, eine zivilgesellschaftliche, nicht parteipolitisch organisierte ECI (European Citizens’ Initiative), registriert. Über 140 Organisationen aus allen EU-Ländern gehören mittlerweile zu dem Bündnis der Europäischen Bürgerinitiative: Umwelt-NGOs, Landwirtschafts- und Imkerei-Organisationen, gemeinnützige Stiftungen und wissenschaftliche Einrichtungen. Zu den Initiatoren gehören das Umweltinstitut München, Friends of the Earth Europe, PAN Europe und der Europäische Berufsimkerverband. Aus Rumänien machen gleich fünf Organisationen mit: AgentGreen, Declic, Ecoruralis, Romapis sowie der Imkerverein aus Rumänien. Das Bündnis versucht bis zum 30. September 2020 eine Million Unterschriften zu sammeln. Noch werden über 600.000 Unterschriften gebraucht. Ist diese Hürde genommen, kann die Kommission eine Rechtsvorschrift vorschlagen.

Konkret geht es bei dieser Bürgerinitiative um den Ausstieg aus synthetischen Pestiziden bis 2035 (die Reduktion des Einsatzes von Pestiziden um 80 Prozent bis 2030, dann der Verzicht darauf bis 2035), um die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt (was mit dem Wiederaufbau der natürlichen Ökosysteme in landwirtschaftlichen Gebieten einhergehen soll) und die Unterstützung der Landwirte bei diesen Änderungen (Förderung kleiner, vielfältiger und nachhaltiger landwirtschaftlicher Strukturen und ökologischer Anbaumethoden sowie die Förderung der Forschung zum Thema Anbau ohne Pestizide und Gentechnik).

Keinem Geringeren als Albert Einstein wird der Satz zugeschrieben: „Wenn die Biene vom Anlitz der Erde verschwindet, hat die Menschheit nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen, keine Bestäubung – keine Menschen“. Angeblich soll der Nobelpreisträger doch nicht die Stimme gewesen sein, von dem das Zitat kam und der Satz nur ein Werbegag sein. Wie auch immer, der Satz spricht eine Wahrheit aus, die auch in Maja Lundes Buch auf schmerzlichste Weise an den Tag gefördert wird. Und trotzdem: Auch „Die Geschichte der Bienen“ ist nur bis knapp vor dem Schluss eine Dystopie, der Autorin gelingt es mit Imagination, mit viel schriftstellerischer Fingerfertigkeit und vor allem mit einer hohen Dosis Optimismus, ein Fensterchen offenzuhalten, dass es die Menschheit doch noch geradebiegen wird.

Weitere Informationen auf: www.savebeesandfarmers.org

Unterschriften kann man hier abgeben: http://romapis.org/

Ștefana Ciortea-Neamțiu

 

150,6 Millionen Lei für die Bienenzucht

Das Nationales Imkereiprogramm sieht Neues vor

Über 50 Millionen Lei pro Jahr stehen durch das Nationale Imkereiprogramm den Imkern sowie den Imkervereinen in Rumänien in der Zeitspanne 2020-2022 zur Verfügung. Von den 150,628 Millionen Lei stellt die EU die Hälfte zur Verfügung, wie es auf der Webseite des Landwirtschaftsministeriums steht.

Zum ersten Mal sieht das Anfang Mai veröffentlichte Nationale Imkereiprogramm vor, dass Gelder ausgegeben werden können für technische Beratung, für die Förderung der Imkerei und für Imkereiprodukte, die Organisierung von Weiterbildungskursen im Bereich. Die Imkervereine können nun ebenfalls durch dieses Programm Ausrüstungen für die Bearbeitung des Wachses, für das Erhalten von künstlichen Waben ankaufen oder Ausrüstungen für die Verpackung des Honigs.

Im Sinne der Rationalisierung der ländlichen, traditionellen Bienenzucht sollen nun Imker Ausrüstungen sowie Transportmittel ohne Selbstantrieb kaufen können. Um die Qualität der Produkte anzuheben, sieht das Nationale Imkereiprogramm vor, dass die Ausgaben für die Analysen, die die Qualität des Honigs messen, abgeschrieben werden können.

Durch diese Maßnahmen hofft man, dass die Anzahl der Bienenfamilien und die Qualität der Produkte sowie die Produktion steigen werden. Auch soll dadurch das Angebot an Imkereiprodukten und auch die Exporte vergrößert werden. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung der ländlichen Wirtschaft durch das Erhalten der Bienenzuchttradition. Die Leistungen im Bereich der Übernahme, Bearbeitung und des Verkaufs sollen den europäischen Standards angeglichen werden. (scn)