Ioan Popa, der neue Bürgermeister von Reschitza, war gerade mal fünf Stunden offiziell im Amt, als er im einhundert Kilometer entfernten Temeswar, den Investoren und Werksleitern aus dem Deutschsprachigen Wirtschaftsklub Banat (DWC) gegenüberstand. „Reschitza hat ein großes wirtschaftliches Potential, das derzeit unausreichend genutzt ist“, so Bürgermeister Popa. In diesem Kontext wies er auf die existierende Infrastruktur, aber auch auf das vorhandene Fachpersonal in der ehemaligen Hochburg rumänischer Schwerindustrie hin. Wie es um das Investitionsklima in Reschitza bestellt ist, kann man problemlos auch aus der Aussage eines Schweizer Investors herauslesen, der sich bereits vor Jahren etwa 70 Kilometer von Reschitza entfernt, niedergelassen hat: „Wir fanden keinen entsprechenden Standort in Reschitza um eine Niederlassung zu errichten, aber unsere besten Facharbeiter kommen eben aus dieser Stadt“.
Die vermeintlich hohe Arbeitslosenrate in Reschitza würde nicht den reellen Daten vor Ort entsprechen, sagte Ioan Popa. Nur 600-700 Reschitzaer würden Sozialleistungen in der Stadt beanspruchen. „Die meisten arbeiten in Deutschland oder Österreich und mittelfristig rechne ich mit ihnen auf dem lokalen Arbeitsmarkt“, sagte Popa. Der seit acht Jahren fertiggestellte und ungenutzte Industriepark, die Möglichkeit zu Greenfield-Investitionen und das touristische Potential könnte nach Ansicht des Bürgermeisters eben diese Fachkräfte an ihrem Wohnort nutzen, so der Bürgermeister. Um jedoch die Heimkehr seiner Landsleute anzuregen, beabsichtigt er kurzfristig Arbeiter aus anderen Verwaltungskreisen anzuheuern. Das eventuell dabei entstehende Wohnungsproblem hätte er nicht, denn in den letzten 25 Jahren ist die Anzahl der Bewohner von Reschitza von 120.000 auf knapp über 70.000 zurückgegangen. Dadurch gibt es auch viele leerstehende Wohnungen in Reschitza, erwähnte Ioan Popa. Der in den letzten zwei Jahrzehnten erfolgreiche Unternehmer findet seine Strategie selbst etwas eigenartig, glaubt jedoch damit Erfolg zu haben. Über die duale Berufsausbildung möchte er ausreichend Arbeitskräfte heranziehen, denn von der Infrastruktur her, habe Reschitza „viel zu bieten“. 15 Hektar Industriepark und 32 Hektar Baugrund für Investitionen auf „grüner Wiese“ stehen als Argumente, genau so wie eine gute Stromversorgung, die schon allein daher kommt, dass die beiden großen ehemals als strategisch angesehenen Werke der Stadt im Kommunismus bestens mit Strom versorgt werden mussten.
Natürlich werden Investoren sich durch die Argumente von Ioan Popa anlocken lassen, vor allem wenn er seine Absicht umsetzen kann und Genehmigungen im Bürgermeisteramt künftig keine Investitionshürde mehr sind. Doch diese Investoren werden erst einmal versuchen, mit ihren Löhnen auf das Level des derzeitigen Wirtschaftsstandortes im Banater Bergland zu gehen - und da sind die Löhne in Industrie und Gastronomie weit unter dem Lohndurchschnitt in Rumänien angesetzt. Dies würde bedeuten, dass es schwierig ist, gute Facharbeiter auf Dauer zu gewinnen. Wettbewerb und qualifizierte Arbeiten könnten das Lohnniveau verbessern, zeigt sich Bürgermeister Popa auch in dieser Hinsicht optimistisch. Der erfolgreiche Unternehmer ist in die Politik gegangen, um „die Talfahrt von Reschitza aufzuhalten“. In vier Jahren wird er daran gemessen, ob er diese Talfahrt in übertragenden Sinn zu einer Bergtour umdefinieren konnte.