„…Wenn du den Zauber dieser kleinen Provinzstadt kennst“ . Die Temeswarer Stafette-Autorin Bianca Barbu erinnert damit in ihrem jüngst im Reschitzaer Banatul MontanVerlag erschienenen Buch „Beiträge zur deutschsprachigen Kultur in Orawitza (1717-1944) mit Dank an die einfühlsamen Worte eines waschechten Orawitzaers, des Arztes und Heimatforschers Dr. Franz Klima. Der Band, als 92. Buchveröffentlichung des Kultur-und Erwachsenenbildungsvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ (die erfolgreich verteidigte Dissertation der Temeswarer Germanistin) erschienen, erfuhr nun im Beisein ihres Lektors und Förderers Erwin Josef Țigla und der Doktormutter und wissenschaftlichen Betreuerin Prof. Dr. Roxana Nubert, im AMG-Haus, im Rahmen einer Veranstaltung der 29. Deutschen Kulturdekade im Banater Bergland eine zweite Präsentation. Das, nachdem das Buch schon zur Eröffnung dieses alljährlichen Kulturevents der Deutschen aus dem Banater Bergland diesmal in Orawitza vorgestellt worden wurde.
Die Temeswarer Germanistin und Autorin Bianca Barbu (ihre Familie stammt mütterlicherseits aus Orawitza) besuchte das Lenaulyzeum und die Temeswarer Germanistik. Nachdem sie ab 2001 in den Stafette-Sammelbänden Lyrik und kurze Prosa veröffentlicht hatte, kam 2014 ihr Debütband „Schritte“ heraus.
Wie Prof. Dr. Roxana Nubert in ihrem Vorwort und Erwin Josef }igla in seinem Nachwort auf ähnliche Art und Weise betonen, ist ein derartiges Buch heute viel mehr als ein nostalgisches Erinnerungsbuch an die einstmals blühende Kleinstadt, an den bemerkenswerten kulturellen Beitrag der hiesigen deutschen Gemeinschaft, der das Städtchen als ehemalige deutsche Kulturhauptstadt des Kreises Karasch-Severin ausweist.
Die Germanistin und Stafette-Autorin,1987 in Temeswarer geboren, wo sie auch lebt und tätig ist, bedankt sich für das Zustandekommen dieses schwierigen Unterfangens mit einer umfangreicher Dokumentationsarbeit (nach eigenen Aussagen hat sie vier Jahre daran gearbeitet) u.a. bei ihrem Großvater Dr. med. Julius Galfy, der sie in allem beraten aber auch mit allen grundsätzlichen Unterlagen, in Bild und Text, unterstützt hat. So auch u.a. Claudiu Călin, Archivar der römisch-katholischen Diözese Temeswar. Das schöne Ergebnis, den 232 Seiten fassenden Band mit sechs Kapiteln, stellte die junge Autorin im AMG-Festsaal dem Temeswarer Kulturpublikum vor. Der Anhang enthält in Schwarz-weiss und Farbunterlagen wertvolle Dokumente zum Thema, Fotos, Abbildungen, Auszüge aus der Presse , aus Werken der Zeit, Porträts wichtiger Persönlichkeiten, Abbildungen von Büchern und Theaterplakaten.
Im zweiten Kapitel geht die Autorin auf die Geschichte und Entwicklung des Bergortes Orawitza (1717-1944) , mit Schulwesen, Kirche und deutscher Presse, ein. Höchst interessant ist das „Museum“ der zahlreichen Persönlichkeiten aus allen Bereichen, von den Beamten bis zu den Heimatforschern.
Es folgen in den Kapiteln 4, 5 und 6 Beiträge zur Grundthematik des Bandes bzw. Beiträge zur deutschsprachigen Kultur in Orawitza in der Zeitspanne1717-1944: das Thema bzw. das Bild der Deutschen in der multikulturellen Stadt wird aus verschiedenen Blickwinkeln, vor allem durch die hier blühende Mehrsprachigkeit und Multikulturalität, in der gegenseitigen Einwirkung der Kulturen ,vor allem der deutschen und der einheimischen, rumänischen, angegangen und erläutert.
Mitentscheidend für das kollektive Gedächtnis, für das heutige deutsche Kulturerbe des Städtchens, von Wichtigkeit gleichfalls für die Banater Berglanddeutschen und die Banater Deutschen, sind zwei bedeutende kulturelle Phänomene des 19. Jahrhunderts in Orawitza und im Süden des Banats: Bianca Barbu geht erstens auf die Rezeption, Bedeutung und die Wirkung eines einmaligen Werks, der “Walachischen Mährchen“ der Brüder Arthur und Albert Schott, für die Wahrnehmung des Banater Berglands und seinem Völkergemisch ein. Ein zweites, komplexes Kulturphänomen war das des Orawitzaer Theaters als bedeutendster Förderer der deutschen Sprache und Kultur wie auch einer interethnischen Kulturgemeinschaft, die breite Rezeption dieser deutschen Kulturtätigkeit und ihr wertvoller Nachlass.
Als Zugabe geht die Autorin noch auf eine kulturell-historische Stadtkuriosität ein, einen Original-Brief Mozarts an die 1905 in Orawitza verstorbene Opernsängerin Mathilde Chudi, der lange Zeit von einer Orawitzaer Familie aufbewahrt wurde.
Ein erster Eindruck zu dieser interessanten Neuerscheinung: Dieses Buch birgt wie sein scheinbar unversiegliches Dokumentationsfeld auf Anhieb weitere Ideen und dankbare Themen zu anderen Büchern über die Geschichte der deutschen Kultur im Banater Bergland.