Nach dem Prinzip „Keine Konzession (mehr ?!) zur Europäischen Union!“ waren Holland und Finnland gegen den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Raum. Da nun einmal gemäß den Schengen-Kriterien Einstimmigkeit zur Aufnahme neuer Staaten zum Gemeinsamen Grenz-raum herrschen muss, bleiben die beiden jüngsten EU-Mitglieder draußen vor der Tür. Standesgemäß begann das Heulen gewisser rumänischer Medien – vor allem einiger privater Fernsehanstalten – nach dem alten Lied: „Europa will uns nicht!“
Grundsätzlich waren es die Vertreter zweier rechtspopulistischer Parteien, die in Holland und Finnland Wackelregierungen mittragen, die Rumänien und Bulgarien den Schengen-Beitritt verweigerten. Denn dass wegen falschem Vertrauen in die Grenzschutzqualitäten der Rumänen und Bulgaren plötzlich die östlichen und südöstlichen Außengrenzen der EU von Immigrantenströmen überrollt werden (obwohl vorher einstimmig den beiden Ländern beschieden wurde, dass sie technisch alle Kriterien erfüllen) – das glauben nicht einmal die ignorantesten Naivlinge.
Längst sind Südeuropa und der Mittelmeerraum das Scheunentor zu Kerneuropa. Aber in der Innenpropaganda lohnt es sich für Parteien, die bei Wahlen bestenfalls die Stimmen von knapp zwei Millionen Wählern auf sich vereinigen – dafür aber das Zünglein an der Regierungswaage sind – immanenten Fremdenhass und Misstrauen gegenüber (vor allem durch ihre eigene Schuld) schlecht beleumundeten Partnerstaaten zu schüren und so ihre eigene Bedeutung, auch als Wächter des Abendlandes, aufzupusten.
Außerdem ist die Rolle politischer Erpressung innerhalb zerbrechlicher Regierungen nicht zu unterschätzen. Balkanesien nach Bukarester Vorbild gibt es überall. Demokratie heißt eben auch, dass Vertreter von weniger als zwei Millionen die Haltung von rund 500 Millionen bestimmen. Dass diese 500 Millionen das zu akzeptieren haben.
Euroskeptiker vom „neuen Typus“ (etwa die „Wahren Finnen“) aus nationalistisch-populistischem Lager erfüllen mit konstanter Effizienz per Druck und Erpressung ihre Wahlversprechungen. Auch das geht in einer Demokratie in Ordnung, sogar unter Umständen, wo kleinere Regierungspartner die Regierungen inhärenten Sympathieschwünde während des Regierens weitaus weniger erdulden, vielmehr sich selektiv an Erfolgen hochschaukeln. Man denke an die Politik der Ungarnpartei UDMR.
Das Bleigewicht am Bein Rumäniens und Bulgariens ist nach wie vor die Korruption. Das weiß man im In- und Ausland – und tut sich schwer mit ihrer Bekämpfung. Trotzdem steht im EU-Beitrittsvertrag Rumäniens von 2005 nichts von einer Bedingheit des Schengenbeitritts vom Stand der Korruptionsbekämpfung.
Nur etwas von „Erfüllung technischer Voraussetzungen“, was Rumänien verpflichtet, dem Schengen-Raum beizutreten. Politische oder Justizvoraussetzungen sind keine festgeschrieben. Deshalb ist das, was gegenwärtig bezüglich dem Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens geschieht, auch ein gefährlicher Präzedenzfall willkürlicher Interpretationen eines eindeutigen Textes. Das Scheunentor zur Interpretationswillkür steht weit offen.