Es wird schwer, rechtlich festzulegen, was denn nun eine Bestechung oder eine „kleine Anerkennung“ beim Arzt ist. Die rumänischen Politiker wollen die sogenannt „informelle Bezahlung“ schon in dieser Woche rechtlich absegnen. Also weiß auch die hohe Politik im Lande, dass es längst nicht ausreicht, den Medizinern ab dem 1. Oktober eine 25-prozentige Gehaltserhöhung zu sichern. Patienten sollen sich künftig erkenntlich zeigen dürfen und dem Arzt legal Geld oder Geschenke zukommen lassen, ohne dass der Mediziner solches fordert. Ob in der Praxis eine aus Eigeninitiative vergebene Gefälligkeit von einer indirekten Forderung getrennt werden kann, daran zweifeln viele. Dass zumindest eine „kleine Aufmerksamkeit“ für den Arzt Pflicht ist, hat sich so fest eingebürgert, dass die Patienten den exakten Grund dafür gar nicht genau definieren können.
Lohn statt Schmiergeld
Für die Patienten und Besucher am Eingang des Temeswarer Kreiskrankenhauses ist „Bestechung“ und „kleine Aufmerksamkeit“ zwar nicht das Gleiche, ein Muss sei es jedoch auf jeden Fall, dem Mediziner „was zu geben“: Von der Pflegerin bis zum Arzt würde jeder Angestellte des Krankenhauses „was erwarten“, so die meisten Stimmen, „ohne dies ausdrücklich zu fordern“. Grundsätzlich sei es ja nicht falsch, seine Anerkennung dem Mediziner gegenüber zu zeigen, so lange dieser nicht verschiedene Leistungen vom Schmiergeld abhängig macht, sagt einer. Damit ist er auf der gleichen Wellenlänge mit dem Direktor des Temescher Kreiskrankenhauses, Prof. Dr. Marius Craina. Dieser findet es nicht überzogen, dass nach erfolgter Behandlung oder chirurgischem Eingriff „jedem Patienten frei stehen sollte, ob er dem behandelnden Arzt eine Aufmerksamkeit zukommen lassen will, ober nicht“. „Nicht annehmen würde beim Patienten sogar den Eindruck erwecken, das Geschenkte sei nicht gut oder wertvoll genug und würde den Bürger beleidigen“, sagt Marius Craina der BZ gegenüber. Er macht dabei einen großen Unterschied zu den Medizinern, die ihre Leistungen vom Schmiergeld abhängig machen. „Die haben im Gesundheitssystem nichts zu suchen“.
Das Thema ist erneut hoch aktuell, nachdem die NGO Transparency International Rumänien sich gegen jedwelche Geldabgabe an Mediziner ausspricht. Weil Mediziner schlecht verdienen, seien sie zum einen praktisch gezwungen abzuwandern, zum anderen lassen sie sich aus dem gleichen Grund auf ein Zubrot über den Lohn hinaus ein, sagt Craina. Die derzeit von der rumänischen Regierung zugesagte 25-prozentige Gehaltserhöhung ab dem 1. Oktober dürfe nur der Anfang „zur Normalität“ gewesen sein, so der Krankenhausmanager. Durch eine bessere Bezahlung in einem rumänischen Krankenhaus könne ein Arzt überzeugt werden, in Rumänien zu bleiben. „Wenn ein Mediziner 3000 Euro in Rumänien verdient und hier in seiner Wohnung, in seinem Umfeld und bei seinen Freunden bleiben kann, würde er wohl gerne auf die 1000 Euro mehr aus dem Ausland verzichten“, zeigt Craina, auf welchem Level er sich künftig die Einkommen für Mediziner in Rumänien wünscht. Bei solchen Einkommen würden Mediziner auch kaum noch ein Zubrot vom Patienten erwarten, glaubt der Arzt.
Transparency: Keine Zusatzzahlungen
Nicht nur weil Ärzte wenig verdienen, wandern viele ab. Marius Craina kennt weitere Gründe dafür. „An der Uni erlernen Medizinstudenten Behandlungsmethoden, die sie dann im Berufsleben wegen fehlender Technik nicht anwenden können“.
Transparency International Rumänien spricht sich klar gegen Zuzahlungen der Patienten für Mediziner aus, da diese „ein Angriff an die Ehre des Arztes sind“. Zudem sei damit nicht gewährleistet, dass rechtliche Risiken aus dem Weg geräumt werden, da „extrem schwierig ist, festzustellen, wann nun ein Arzt seine Leistung vom Schmiergeld abhängig macht“. Nicht zuletzt würde eine Genehmigung der sogenannten „informellen Zahlungen“ den Arbeitgeber davon entheben, seine Angestellten vernünftig zu bezahlen und die Aufgabe auf den Patienten abwälzen, wird Transparency von Mediafax zitiert. Damit wären wir erneut bei den Aussagen von Krankenhausleiter Craina, der eben eine bessere Bezahlung der Mediziner fordert. Transparency International hat auch gleich Lösungen für ein besseres Gesundheitswesen parat. So müssten alle Kanäle versperrt werden, die Betrug im System ermöglichen, teilt die NGO mit.
Auf mindestens 18 Prozent belaufe sich der Betrug bei der Verwaltung der Ressourcen im Gesundheitssystem, die unlauteren Praktiken auf dem Pharma-Markt kämen sogar auf 21 Prozent, berichtet Transparency. Über 1,5 Milliarden Lei gehen so jährlich dem System verloren. Der Leiter des Temescher Kreiskrankenhauses, Marius Craina, sieht auch die Aufteilung teurer Apparatur in einer Region als zukunftsträchtige Strategie. Man könne leistungsstarke Apparatur auf die großen Krankenhäuser der Region sinnvoll aufteilen. Dadurch könne Apparatur, die in einem einzigen Kreis nicht immer voll ausgelastet ist, auch von Bürgern aus anderen Kreisen beansprucht werden.
Die auf Facebook gegründete Allianz der Ärzte kritisiert die Absicht der Regierung, Zahlungen von Patienten an Ärzte als legal einzuordnen. Diesen Initiativen schließt sich die Nationale Gesellschaft der Hausärzte und der Berufsverband der Hausärzte an. Hausärzte erwarten nämlich ebenfalls mehr Geld vom großen Kuchen. In vielen EU-Ländern bekommen Hausärzte etwa 12 aus dem Haushalt für Gesundheit, in Rumänien seien es nur 5-6 Prozent, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes der Rumänischen Hausärzte, dessen Temescher Filiale diese Daten der Banater Zeitung zur Verfügung gestellt hat.