Kreiskrankenhaus – 40 Jahre „Operation Leben“

Temeswarer Spital begeht diese Woche sein Jubiläum

Bei der Pressekonferenz vor dem Jubiläum (v.l.n.r).: Marius Craina, Daniela Radu und Florin Bîrsasteanu.

„Residenzärzte können lernen, sich weiterbilden, nicht nur ich, weil ich die Tochter des Professors bin“. Heute ist Diana Anastasiu (Foto) ganz Ärztin, dabei hatte sie bereits mit Theaterregie als Beruf liebäugelt.

Marius Teodorescu: „Arztberuf setzt Berufung voraus“.

Durchschnittliche 42.000 Patienten nimmt das Temescher Kreiskrankenhaus pro Jahr auf. Zwischen 120 – 245.000 werden je nach Struktur des Spitals ambulatorisch behandelt und 79.000 gehen jährlich durch die Notaufnahme. Mit solchen Daten des erfahrenen Arztes Florin Bîrsasteanu wartet das größte Krankenhaus der Region zum Jubiläum von 40 Jahren seines Bestehens auf. „Sie müssen sich damals, 1974, bei der Eröffnung kein klassisches Banddurchschneiden vorstellen, denn die Abteilungen sind reihum eingezogen, sagt der neue Krankenhausleiter,“ Dr. Marius Craina. Auf Drängen der kommunistischen Regierung, sind die ersten Abteilungen bereits 1973 belegt worden. Deshalb ist das bevorstehende Event nicht auf einen genauen Tag ausgerichtet, sondern steht als passender Anlass, allen Respekt zeigen, für das was sie geleistet haben, und das nicht nur den Ärzten sondern auch den Krankenschwestern und Pflegern gegenüber, sagt die medizinische Leiterin des Krankenhauses, Dr. Daniela Radu. Am Freitag und Samstag feiert das Kreiskrankenhaus 40 Jahre seines Bestehens. Enthüllung einer Gedenktafel, Veröffentlichung einer Monographie des Krankenhauses, eine Festsitzung und eine Festveranstaltung in der Temeswarer Staatsoper sind daher angesagt.

 

 

Ein Mann der ersten Stunde...

„Allein die medizinische Terminologie festzuhalten, ist wie eine Fremdsprache lernen“, sagt Marius Teodorescu, Hochschulprofessor, und fast zwei Jahrzehnte lang Leiter der Chirurgie-Klinik Nr. 1 im Temeswarer Kreiskrankenhaus. Aber wohl nicht deshalb, weil sich auch in seinem Fall – wie in vielen anderen – dieser Beruf von den Eltern auf die Kinder „vererbt“, ist er letztendlich Arzt geworden. „Du musst deinen Beruf lieben“, sagt Marius Teodorescu, und er, der seit über 40 Jahren Mediziner ist, liebt ihn bestimmt. Er ist nicht zuletzt „Mann der ersten Stunde“ im derzeit gefeierten Kreiskrankenhaus. Vier Jahrzehnte Chirurgie... Wie sensibel ist da noch ein Mensch? Der Mann, der recht gut die deutsche Sprache beherrscht, blickt geradeaus, bleibt locker und diktiert mir in den Notizblock, als ginge es um verschreibungspflichtige Medikamente – so ernst blickt er drein. „Ich möchte all den Kollegen gedenken, die nicht mehr unter uns weilen und mich auch bei all den Mitarbeitern entschuldigen, die ich - unabsichtlich - verletzt habe“. Ist das etwa unsensibel? Und Teodorescu setzt fort: „Ich hatte einen Patienten, einen Deutschen aus Hatzfeld, der bei einem Unfall beide Beine und einen Arm verloren hatte, so etwas vergißt man nie“. Opfer, die bei Unfällen ihre Gliedmaßen verloren hatten, oder Brandopfer, scheinen den erfahrenen Mediziner auch heute noch zu beeindrucken...So viel zum Thema „unsensibel“.

„Das Kreiskrankenhaus in Temeswar ist wie ein Flaggschiff der Medizin“. Teodorescu nippt an seinem Kaffee, blickt auf und setzt fort. „Ohne die Medizinhochschule wäre das Kreiskrankenhaus längst nicht das, was es heute ist. Durch die Zusammenarbeit zwischen Uni und Spital konnten neue Universitätskliniken eingerichtet werden“. Seine didaktische und fachliche Tätigkeit nennt er „eine perfekte Symbiose zwischen den beiden“. Und: „Meine persönliche Bibliothek war da besonders wichtig“.

Als erfahrener Arzt, als Chef der Chirurgieklinik, und zeitweilig sogar als Politiker im Temeswarer Stadtrat hatte Marius Teodorescu Gelegenheit, das Gesundheitssystem kennen zu lernen, ein System, dass „immer unterfinanziert ist“. Dazu kommt, dass die staatliche Krankenkasse auch noch Geld an Privatkliniken ausbezahlt. So kommt es, dass das Personal schlecht bezahlt ist, wenig Personal zur Verfügung steht, die Krankenzimmer überfüllt sind und wenig Geld im System ist. „Die Ansprüche sind wie im Westen, das Geld jedoch wie in Rumänien“, weist er auf Mängel hin, die nicht aus Sprechzimmer und OP zu steuern sind..  

Für einen Arzt sei es besonders wichtig, sich eine Fachrichtung auszusuchen zu der er sich hingezogen fühlt, und „zu der er fähig ist“. Deshalb fragt er so gut wie nie, woher ein Mediziner kommt, sondern seine Kernfrage bleibt immer: „Wo hast du studiert, und von wem hast du gelernt“.

Und als hätte er einen ur-eigenen Eid des Hippokrates, sagt Marius Teodorescu zum Schluss: „Ein Mediziner muss am Ende des Tages sagen können, ich habe alles menschenmögliche getan“.

 

Regie ist hier keine angebracht..

„Vitamine haben Sie genommen?“ (...) „Ständig“? „Alles Gute für die bevorstehende Operation“. Diana Anastasiu ist Residenzärztin für Obstetrik und Gynäkologie am Temeswarer Kreiskrankenhaus und untersucht gerade eine Patientin. Zwischendurch streicht sie sich eine Haarsträhne zurecht. „Wenn es ums Fotografieren geht, sind wir zuerst Frauen und dann erst Ärztinnen“, lächelt die ehemalige Schülerin des Nikolaus-Lenau-Lyzeums. Die künstlerisch veranlagte Jugendliche hat wohl ein klein wenig an Bewegungen aus der Schülertheatergruppe NIL mitgenommen, und scheinbar noch etwas mehr aus der Zeit, als sie als Lyzealschülerin den Lehrgang für Jungjournalisten in den Redaktionsräumen der ADZ/ BZ mitmachte. Als Studentin arbeitete sie an der Medizinzeitschrift für Studenten „Scalpelu´“ mit. Um Diana in Kittel und „Aktion“ an ihrem Arbeitsplatz interviewen zu können, bedarf es zunächst eines Termins und einer Terminkorrektur. „Ich stehe für ein Gespräch auch nach dem Job zur Verfügung, aber dann fehlt ein wenig ´Action´, sagt sie am Telefon. Nach ihrer Programmierung im Operationsaal sitzen wir der angehenden Frauenärztin gegenüber.

Eigentlich stellt man sich die Tochter eines namhaften Gynäkologen, wie Professor Doru Anastasiu, eher als eine künftige Ärztin ganz unter der Obhut des Vaters vor. Diana Anastasiu arbeitet jedoch über weite Strecken allein, untersucht, bespricht Fälle, unterschreibt Krankenhausentlassungen. „Der Arztberuf hat mich diszipliniert, sogar mich, mit meinem künstlerischen Wesen“. In den engen Räumlichkeiten der Temeswarer Geburtenklinik Bega, die zum Kreiskrankenhaus gehört, hat sich in Sachen Technik in den letzten Jahren zwar einiges geändert, trotzdem will eine junge Ärztin wie Diana Anastasiu ins Ausland. „Neue Erkenntnisse“, „Arbeitsweisen“, „Erfahrungen“, will sie im Ausland sammeln, „auch wenn so ein Aufenthalt auch nur für sechs Monate wäre“.

Weder Blut sehen, noch Operationen, oder Krankheiten haben Diana Anastasiu so geprägt, wie die Schicksale. Aus dem wohlbehüteten Elternhaus war die angehende Medizinerin in ein Umfeld gekommen, in dem sie Unglück und Sorgen erkennen konnte. „Ich habe gelernt, mich jedem Menschen, jedem Patienten anzupassen, mit ihm zu sprechen“. Und noch etwas: „Obwohl der Beruf einen abhärtet, lernt man als angehender Arzt mit dem Schicksal der Menschen umgehen, aber auch seine eigene Gesundheit besser schätzen.“

Als Medizinertochter war es „die einfachste Berufswahl“, auch wenn als Arzt das „Privatleben zu kurz kommt“. Eine gewisse Handfertigkeit, sollte man schon mitbringen und eine all zu ausgeprägte Sensibilität bringt einen jungen Arzt nicht weiter. „Im Endeffekt musst du nicht alles wissen, nicht Einstein sein, um diesen Beruf gut ausüben zu können“. Ohnehin könne man nicht alles aus den Büchern erfahren, und „eine richtige Nase für eine Diagnose kommt eh erst mit der Erfahrung“.