24 Sozialprojekte betreut die Caritas im Banat – diese werden zum Großteil über Spenden aus dem Ausland finanziert. Wie sich diese im Laufe der Jahre entwickelt haben bzw. mit welchen Schwierigkeiten sich der Caritasverband der römisch-katholischen Diözese Temeswar auseinandersetzt, wenn es darum geht, die Finanzierung der Projekte zu sichern und Fachkräfte zu finden, erfuhr Raluca Nelepcu von dem Caritas-Geschäftsführer Herbert Grün.
Seit 23 Jahren unterstützt die Caritas Temeswar Sozialprojekte unterschiedlicher Art, wie etwa Kinderheime, Suppenküchen oder Einrichtungen zur Altenpflege. Wie haben sich diese Projekte im Laufe der Jahre entwickelt - gibt es einen Bereich, wo Hilfe deutlich weniger nötig ist als vor 20 Jahren, zum Beispiel?
Im Laufe der Zeit hat sich die Lage im Sozialbereich verändert, aber wir können trotzdem nicht sagen, dass die Hilfe nicht mehr gebraucht wird. Wenn Anfang der 90-er Jahre sehr viele Sachspenden nötig waren, so sind wir inzwischen auf Dienstleistungen umgestiegen und bieten den Leuten personelle und fachliche Pflege und Dienstleistungen an. Die Unterstützung ist nach wie vor in allen Bereichen notwendig.
Sie kümmern sich um insgesamt 24 Sozialprojekte in der Region. Wir wird die Finanzierung dafür gesichert?
Ungefähr 80 Prozent der Finanzierung kommt immer noch aus Spenden aus dem Ausland, aus Deutschland, Österreich und Südtirol. 20 Prozent kommt vom rumänischen Staat und wenn wir vom rumänischen Staat reden, dann reden wir von den städtischen Budgets und vom Sozialministerium aus Bukarest. Wir haben nun von der Stadt Temeswar eine Finanzierung erhalten, die auf eine neue Gesetzgebung beruht und vier Projekten zu Gute kommen wird. Wir hoffen, dass das eine solide und gute Finanzierung sein wird, wenn sie unseren Vorstellungen entsprechen wird. Diese neue Finanzierung sieht vor, dass wir 85 Prozent der Ausgaben für diese vier Projekte von der Stadt Temeswar bezahlt bekommen. Es handelt sich um das Nachtasyl für Obdachlose, das Frauenhaus für Frauen, Opfer häuslicher Gewalt, die Suppenküche und die Hauskrankenpflege.
Wie viele Nutznießer sind denn in diesen vier Projekten eingeschlossen?
Diese vier Projekte richten sich an über 200 Nutznießer. Ich glaube, es ist schon wichtig für die Stadt Temeswar, dass wir diese Leute unterstützen.
Rumänien ist seit gut neun Jahren EU-Mitglied. Sie meinten, die meisten Spenden kommen immer noch aus dem Ausland. Hat sich etwas geändert, was die Spendenfreudigkeit der Ausländer angeht, zumal Rumänien nun auch gleichwertiges EU-Mitglied ist?
In diesem Sinne hat sich schon etwas geändert. Bei sehr vielen unserer Spenden, die wir vor dem Beitritt Rumäniens zur EU erhielten, ging es um öffentliche Mittel aus Deutschland oder Österreich, die nach dem EU-Beitritt gar nicht mehr in Frage kamen. Wir bauen aktuell auf private Unterstützer, doch auch dieses Thema wird schwieriger, denn die Leute werden immer älter und die Spendenfreudigkeit nimmt ab. Wir haben die Pater-Berno-Stiftung in Deutschland gegründet, um Gelder für die Projekte zu sammeln, die Pater Berno gemeinsam mit der Caritas auf die Beine gestellt hat. Durch diese Stiftung wollen wir eine kontinuierliche Finanzierung für diese Projekte sichern. Es handelt sich um das Nachtasyl für Obdachlose und das Frauenhaus in Temeswar, sowie um das Altenpflegeheim und die Jugendfarm in Bakowa.
Wie sieht denn die Spendenfreudigkeit der Rumänen aus?
Die Rumänen spenden schon, aber die meisten tun das in Form von Sachspenden, Lebensmitteln, u.Ä. Die Rumänen spenden meist an den Feiertagen, an Ostern oder Weihnachten, wo sie ins Nachtasyl und ins Kinderheim mit Lebensmitteln und anderen Sachspenden gehen.
Vor etwa einem halben Jahr wurden in Temeswar und in anderen Banater Ortschaften Sammelcontainer für Altkleider angebracht. Wie wurde dieses Projekt von den Bürgern angenommen?
Es wurde sehr gut angenommen. Die Leute wissen jetzt, wo sie ihre Altkleider abgeben können. Zwischen 10 und 20 Prozent dieser Kleider sind noch sehr gut und wir können diese an arme Leute verteilen. Die anderen werden wiederverwertet. Ich glaube, es ist auch für die Leute gut, dass sie die Kleider nicht direkt in die Mülltonne werfen. Wir benutzen diese Kleider für die Bedürftigen im Nachtasyl oder im Frauenhaus. Wenn die städtischen Sozialämter sie gebrauchen können, dann können wir auch dort helfen.
Ein Vorzeigeprojekt der Caritas ist die Jugendfarm in Bakowa zur Reintegration von ehemals Obdachlosen in den Arbeitsmarkt. Wie viele Leute leben zur Zeit dort?
In Bakowa haben wir aktuell elf Personen, die dort leben und arbeiten. Es gibt noch fünf freie Plätze, denn einige sind inzwischen weggegangen. Die, die hier sind, haben sich sehr gut eingelebt. Bei den meisten Farmbewohnern geht es um Kinder aus den ehemaligen staatlichen Kinderheimen, die auf die Straße gekommen sind und nun auf der Farm ein neues Zuhause gefunden haben - sie wohnen und arbeiten hier und verdienen ein Gehalt. Es gibt keine Frist, bis zu der sie hier bleiben dürfen, denn die Integration ins normale Leben ist schwierig.
Auf der Farm werden auch Landwirtschaft und Viehzucht betrieben und somit auch die Lebensmittel für einige Sozialprojekte gesichert.
Wir bewirtschaften hier ungefähr 200 Hektar Ackerland. Wir haben eine Mühle, wo wir Mehl für unsere Projekte mahlen. Das Mehl geben wir an Bäckereien ab, von wo wir dann das Brot für die Projekte holen, denn wir besitzen keine eigene Bäckerei. Auf der Farm werden Schweine gezüchtet und das Fleisch bringen wir in die Suppenküchen oder Kinderheime und –tagesstätten. Wir besitzen auch eine Tischlerei, wo wir Einwegpaletten produzieren, die wir dann verkaufen.
Um die Sozialprojekte der Caritas kümmern sich Sozialarbeiter, Psychologen, Krankenpfleger und andere ausgebildete Leute. Wie schwierig ist es für Sie, Mitarbeiter zu finden?
Die Gehälter sind nicht so groß, die Arbeit ist auch nicht leicht, aber wenn man Leute hat, die diese Arbeit gerne verrichten und mit Herzblut dabei sind, die wirklich engagiert sind, dann kann man es machen. Es ist sehr wichtig, die Leute zu überzeugen, dass ihre Arbeit wichtig und gut ist, dass sie mit Freude dabei sind. In letzter Zeit hatten wir Schwierigkeiten, Altenpfleger zu finden, weil viele dieser ins Ausland ziehen. Das ist aber eine Situation, die nicht nur uns betrifft, sondern auch andere Institutionen, die sich mit der Altenpflege befassen.
Inwiefern hat es Projekte gegeben, die sich im Laufe der Jahre nicht bewährt haben bzw. wegen fehlender Finanzierung eingestellt werden mussten?
So etwas gab es auch und wir müssen das auch einsehen. Vor einigen Jahren boten wir die Hauskrankenpflege in elf Ortschaften an, jetzt gibt es diesen Dienst nur noch in vier Ortschaften. In diesem Fall hatten wir die Finanzierung vom Deutschen Caritasverband und vom BMZ gehabt; nach dem EU-Beitritt Rumäniens blieb die Finanzierung aus und in jenen Ortschaften, wo wir keine Unterstützung von der Gemeinde bekommen haben, wurden die Sozialstationen geschlossen.
Wie sieht das Budget der Caritas Temeswar für dieses Jahr aus und wofür werden die Mittel ausgegeben?
Der Haushalt für dieses Jahr ist gesichert. Wir wissen nicht immer, was für Subventionen wir vom Staat und von den Kommunen bekommen, das sind diese 20 Prozent, aber auch die Spenden können nicht vorausgesagt werden. Wir haben unsere Projekte auf individuelle Spender aufgebaut, d.h. Organisationen oder Gruppen haben gezielte Projekte, für die sie Geld sammeln und mit denen können wir zum Jahresende ein Budget fürs nächste Jahr ausarbeiten und festlegen. Die Gelder, über die wir zur Zeit verfügen, sind für die Gehälter, für Lebensmittel und für die Betriebskosten nötig. In diesem Jahr haben wir keine neuen Projekte und keine großen Investitionen/Reparaturen in unserem Haushalt vorgesehen. Wir konzentrieren uns darauf, die Projekte am Laufenden zu halten und zu konsolidieren. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass ab dem 1. Mai der Mindestlohn steigt, d.h. für uns nicht nur der Mindestlohn, sondern auch die Löhne der Mitarbeiter, was eine Erhöhung unserer Ausgaben mit sich bringt.