„1991 befand sich Reschitza nicht auf der literarischen Landkarte Rumäniens“- So Erwin Josef Tigla in seinem Begrüßungswort zur Eröffnung der diesjährigen Auflage der "Deutschen Literaturtage in Reschitza" am letzten Wochenende. Und jetzt, zum Anlass seiner 25., einer Jubiläumsauflage, ist dieses Festival der rumäniendeutschen Literatur nicht mehr aus der deutschen Kulturlandschaft unseres Landes wegzudenken. Autoren mit Wurzeln im Banater Bergland wie Anton Breitenhofer oder Josef Puwak, aber vor allem der Dichter Rolf Bossert, als hervorragendster Schriftsteller der Bersaustadt weiterhin in seiner Heimatstadt geschätzt, hätten diese Sternstunde wohl gerne erlebt. Denn die heurige Auflage, leider nur auf vier Tage beschränkt aber intensiv, bot auch diesmal alles im Programm, was das Herz des Reschitzaer Publikums begehrt: Erstens den direkten Kontakt mit den Autoren von nah und fern (die Veranstaltung hat längst europäisches Ausmass erreicht) mittels Lesungen, Gesprächen, regen Diskussionen. Mit dabei waren die Autoren Hans Dama (Wien), Dagmar Dusil (Bamberg), das Autorentrio Veronika Harig, Ales Tacer und Ana Maria Pusnik (Marburg an der Drau, Slowenien). Aus Hermannstadt angereist waren Joachim Wittstock und Benjamin Jozsa, aus Kronstadt Carmen Elisabeth Puchianu und Robert Gabriel Elekes, Dr. Andras F. Balogh (Klausenburg), aus Temeswar Annemarie Podlipny-Hehn, Balthasar Waitz, Edith Guip- Cobilanschi, Henrike Br²diceanu-Persem. In Reschitza präsent waren auch die Autorin Nora Iuga, eine der großen Stimmen der rumänischen Gegenwartsliteratur, der Autor und Germanist Cosmin Dragoste aus Craiova, aber auch zum ersten Mal die Publizistin und Autorin Beatrice Ungar (Hermannstadt).
Dem 25. Jubiläum war ein Sonderbriefumschlag gewidmet: Mittels eines Sonderstempels verkündete die gesamte aus Reschitza ausgehende Post der Welt die Nachricht von dieser Veranstaltung. Der Organisator, der hiesige Kultur- und Erwachsenenbildungsverein wurde zu diesem Anlass mit einem Ehrendiplom für die nachhaltige Förderung der deutschen Literatur aus Rumänien ausgezeichnet.
Einen schönen Rahmen für diese Veranstaltung- gleich an fünf Örtlichkeiten der Stadt , hauptsächlich in der schmucken deutschen Tietz-Bibliothek- schuf man mit drei Ausstellungen: Dumitru Popescu (Temeswar) stellte Malereien aus, Annemarie Podlipny-Hehn überraschte mit Landschaftsbildern aus Wolfsberg, Dorel T. Usvad (Wien/Temeswar) zeigte hier seine dokumentarische Ausstellung „Eminescu in Wien“.
Als Spiegelbild eines Vierteljahrhunderts der rumäniendeutschen Literatur und sehenswertes Ergebnis der beharrlichen Arbeit des Kollektivs der Monatsschrift „Echo der Vortragsreihe“ Reschitza präsentierte Erwin J. Tigla den Katalog der rumäniendeutschen Bücher 1990-2015, der auf 422 Seiten nunmehr über 2100 Buchtitel auflistet.
Die Reihe der Autorenlesungen eröffnete Nora Iuga in dem ihr eigenen eindringlich-ehrlichen Tonfall mit dem Essay „Ich hatte ein schönes Leben?“
Auf einen baldigen neuen Roman von Joachim Wittstock kann man sich freuen: Der geschätzte Autor aus Hermannstadt las ein stimmungsvoilles Fragment aus „Rätselhaft wie der Schnee: ein Todesfall“. Hans Dama hielt den Vortrag „Mythos und Wirklichkeit“ in Adam Müller-Guttenbrunns Roman „Der große Schwabenzug“. Wie stets, humorvoll und satirisch, begrüßte Carmen E. Puchianu in ihrem Vortrag das Literaturereignis, was auch zu einer begrüßenswerten Diskussion über die Zukunft der Literaturtage und der rumäniendeutschen Literatur führte. Wie erwartet, löste der Vortrag „Mythos Herta Müller“ des Klausenburger Germanisten Dr. Andras F, Balogh auch reghafte Diskussionen der Teilnehmer aus.
Benjamin Jozsa, als Kolumnist der ADZ bekannt, derzeit DFDR-Geschäftsführer, las Unveröffentlichtes, „Der Grafiker, das Schwein“, das auf einen baldigen neuen rumäniendeutschen Roman hoffen lässt.
Edith Guip-Cobilanschi las Fragmente aus ihrem Prosaband „Immer nur lächeln, niemals betrübt“, Dagmar Dusil Auszüge aus ihrem Band „Blick zurück durchs Küchenfenster“ aber auch lyrische Texte aus ihrem neuen bald im Honterus-Verlag erscheinenden Band „Transitschatten“.
Eigentlich ging es bei dieser Auflage viel und vielfältig um die Poesie. Balthasar Waitz präsentierte den Lyriker Hans Dama, der hernach aus seinem letzten Lyrikbuch „BANAT-GEDICHTE“ las. Dr. Cosmin Dragoste stellte den Gedichtband „mit schwalben am hut" von Balthasar Waitz vor, der dann auch einige Gedichte daraus las. Auch die junge Temeswarer Autorin und Stafette-Leiterin Henrike Br²diceanu-Persem las Gedichte.
Der 22. Sammelband „Stafette“, Jahresband und rumäniendeutsche Anthologie, wurde von dessen Herausgeber Annemarie Podlipny-Hehn präsentiert. Zu diesem Anlass wurde auch der letzte umfassende Sammelband „Kulturspiegel. Beiträge zur Kulturlandschaft einer Vielvölkerregion“ der Temeswarer Autorin vorgestellt.
Die hier gerngesehenen Gäste aus Slowenien, Ana Maria Pusnik und Ales Tacer, lasen Kurzprosa, auch der 13. Sammelband dieser Gruppe „Zwischenmenschliche Beziehungen“ wurde in Reschitza vorgestellt.
Hervorzuheben als besonderes Kulturereignis: Carmen E. Puchianu und Robert G. Elekes, alias „Duo-Bastet“ aus Kronstadt, ernteten am Samstagabend für ihre Theaterinszenierung „Pflegefall“ im Reschitzaer Kulturpalais viel Beifall.
Im Rahmen der Literaturtage wurde, wie stets, auch an die Kleinsten aus den Reihen des hiesigen Literaturpublikums gedacht: Dagmar Dusil und Ales Tacer lasen Kinderliteratur vor den Schülern der deutschen Abteilung im Diaconovici-Tietz-Lyzeum Reschitza.