In der Banater Gemeinde Sackelhausen/Săcălaz arbeiten fünf Personen mit geistiger Behinderung sowie vier sozial benachteiligte Frauen in einer Druckerei. Sie ist Eigentum der Stiftung „Pentru Voi” und wurde speziell für geistig behinderte Erwachsene gegründet. Denn obwohl das Gesetz 448/2008 vorsieht, dass Unternehmen mit mindestens 50 Angestellten auch zu vier Prozent Personen mit einer Behinderung einstellen müssen, ziehen viele die Alternative vor: Statt diese Menschen einzustellen, zahlen sie Steuern an den Staat – das Äquivalent des Gehalts, der diesen zustehen würde. Es gibt allerdings noch eine weitere Alternativlösung: Unternehmen beziehen bestimmte Produkte oder Dienstleistungen von Firmen, wie etwa der „Pentru Voi”-Druckerei. Dadurch werden Arbeitsstellen für geistig behinderte Menschen gefördert, ohne selber diese Arbeitsplätze schaffen zu müssen. Es ist eine Notlösung, aber eine durchaus willkommene, meint Stiftungsleiterin Laila Onu.
„Pentru Voi” ist die einzige Nichtregierungsorganisation in Temeswar/Timişoara, die sich um die Betreuung geistig behinderter Erwachsener kümmert. Den eigentlichen Bedarf kann die Einrichtung nicht decken. Lediglich um 200 Personen kümmert sich „Pentru Voi”. In den Tageszentren wird der Großteil tagsüber betreut, eine Handvoll lebt in den betreuten Wohnungen der Stiftung. Hinzu kommen noch Projekte, wie etwa die Druckerei, um diesen Menschen eine Möglichkeit zu bieten, sich selber zu versorgen. Seit Jahren versucht „Pentru Voi” Arbeitsstellen für geistig Behinderte Menschen zu schaffen bzw. Unternehmen aus der Region dafür zu sensibilisieren.
In Sackelhausen wurde mehr als sieben Jahre lang eine Bäckerei betrieben. Der Konkurrenzdruck und das mangelnde Interesse der Bevölkerung für das schwere Los dieser Menschen führte zur Schließung der Bäckerei. Das Brot wurde zu teuer für die Einwohner.
Auch die Druckerei wird sich auf dem Markt halten müssen. „Momentan fördert die Europäische Union die Einrichtung”, so Laila Onu. „Wir erhalten die notwendigen Gelder, um die Druckerei zu erhalten, bis Ende des Jahres von der EU.” Danach muss sie selber genug Profit ausschlagen, um die Gehälter der zwölf Angestellten zu sichern.
Übung in Sozialwirtschaft
Mit 50 Unternehmen arbeitet „Pentru Voi” bereits zusammen. Es sind vorwiegend ausändlische Großunternehmen, wie etwa Continental, die bei der Druckerei Werbematerialien bestellen. „Wir verfügen über besondere Druckmaschinen, mit denen wir Tassen, T-Shirts, Kugelschreiben bedrucken können”, erklärt Laila Onu.
Allerdings hat das Ganze einen Haken. Die Druckkosten fallen aufgrund der verwendeten Technologien deutlich teurer aus, als bei anderen Druckereien. „Normalerweise sinken die Kosten, je höher die Auflagen sind, bei uns ist es umgekehrt.”
Ohne das Gesetz 448/2008 würde die Druckerei keine Kunden haben. „Diejenigen, die bei uns bestellen, tun es, weil sie eben jene Quote von vier Prozent nicht erfüllen können.”
Dieses Schlumpfloch haben auch andere Druckereien für sich entdeckt und versuchen, „Pentru Voi” die Kunden wegzuschnappen, ungeachtet dessen, welchen Schaden sie damit anrichten. „Es gibt Firmen, die stellen eine oder mehrere geistig behinderte Person ein und geben dann die Druckerei als eine Einrichtung an, die Sozialwirtschaft betreiben möchte”, erklärt Onu.
Für die Stiftung ist es ein Tauziehen. Immer wieder versucht „Pentru Voi”, durch Kampagnen das Problem geistig behinderter Menschen in Rumänien aufzuzeigen: Alle sind auf ihre Familien angewiesen. Wenn die Eltern sterben und keine anderen Verwandten die Pflege übernehmen, haben diese Menschen keine Chance. Nur durch Förderung einer lokalen und nationalen Sozialwirtschaft könnte man dem Problem entgegentreten, indem man versucht, diesen Menschen beizubringen, sich selber zu versorgen. Oder ihnen zumindest eine finanzielle Basis zu schaffen, die es erlaubt, ihre Pflegebedürfnisse zu decken.
Es sind kostspielige Projekte. Für die Druckerei hat die Stiftung fast 260.000 Euro erhalten. Der Eigenbeitrag der Organisation belief sich auf rund 5.000 Euro. Die Drucktechnik allein hat 50.000 Euro gekostet. Doch das Problem stellt sich, sobald die EU die Finanzierung des Projektes einstellt und die Druckerei ohne Fremdmittel auskommen muss. Viele solche Projekte scheitern in der Regel, eben weil sie nicht wettbewerbsfähig sind.
Doch es geht kaum um Wettbewerbsfähigkeit bei einer Einrichtung, die in erster Linie den Menschen in den Vordergrund stellt und nicht das, was produziert wird. Das zu begreifen, fällt noch immer vielen Menschen schwer. Nicht nur in Rumänien, sondern auch in Europa.