Eine schwer erkämpfte, jedoch falsch verstandene Freiheit prägt das rumänische Volk. Unter den Jugendlichen, die ab und zu Rock-Festivals besuchen, gibt es leider auch solche, die neben der Musik nichts als Unfug im Kopf haben. Für sie reicht es nicht, sich zu betrinken oder zu berauschen, sondern man muss sich auch noch schlagen, randalieren und Gegenstände zerstören.
Ich war vom 14. bis 16. Juni auf Österreichs größtem Festival für Rockmusik, Nova Rock, das bei Nickelsdorf an der Grenze zu Ungarn über die Bühne ging. Mehr als 150.000 Besucher kamen an den drei Festivaltagen, um sich die großen Namen der internationalen Rockmusikszene anzuschauen. Rammstein, Kiss, Korn und Kings of Leon waren nur einige der Gruppen, die das Line-Up des diesjährigen Festivals bildeten und Jugendliche von überall her – der Großteil jedoch aus Österreich – ins burgenländische Nickelsdorf lockten.
Dass die alten Leute in Rumänien beim Anblick der gepiercten Gesichter und tätowierten Körper wohl auf der Stelle in Ohnmacht gefallen wären, ist jetzt nicht der Rede wert. Voruteile gegen Menschen, die anders aussehen, hegen viele Rumänen, obwohl sie sich im Ausland mit der angeblich charakeristischen rumänischen Gastfreundlichkeit rühmen. Wer Vorurteile abbauen will, dem rate ich nur eins: Ab nach Österreich, zu Nova Rock!
Zum ersten Mal (denn es war das erste Mal, dass ich bei einem europäischen Rockfestival dabei war!) konnte ich beobachten, wie Leute, die in Rumänien allein wegen ihres Aussehens als asozial abgestempelt worden wären, mit einem überaus nett ins Gespräch kamen, sehr freundlich miteinander umgingen und dabei mit aufrichtigem Interesse nachfragten, wo man denn herkomme und wie es einem in Österreich gefällt. Als drei von fünf Passanten stehen blieben, um zu schauen, ob der auf dem Boden schlafende Kollege denn in Ordnung sei, wurde mir klar, wie gleichgültig man in Rumänien miteinander umgeht. Wie viele wären denn hierzulande auf der Straße stehengeblieben, um den schlafenden Typen zu wecken, allein um sich zu überzeugen, dass er O.K. ist? Vielleicht einer, zwei... Bei Nova Rock habe ich gelernt, dass es keine Bedeutung hat, wie hart die Musik klingt, wie viel Metal oder Hardcore darin steckt, solange man sie einfach genießen kann und dabei seine Wut nicht an Gegenstände oder Menschen, die um einen herumstehen, auslässt. Als „absolut ruhig“ wurde die Atmosphäre bei Nova Rock von der Polizei eingestuft – von Verletzungen und Randale keine Spur.
Zum Schluss des Festivals, als die Lautsprecher erstummten und alle Besucher ihre Zelte abbauten, um wieder nach Hause zu fahren, blickte ich den Jugendlichen in ihre müden und trotzdem glücklichen Augen. Und ich hätte am liebsten alle umarmt, als ich sie sah, wie sie den Müll einsammelten und in die schwarzen Plastiksäcke steckten, obwohl sie ruhig auf die 5 Euro hätten verzichten können, die sie als Müllpfand bezahlt hatten.