Einen Kulturabend mit der rumänischen Bevölkerung, eine heilige Messe zu Fronleichnam in der katholischen Kirche und Nostalgie mit so vielen Deutschen, wie lange nicht mehr, gab es in der vergangenen Woche in der GemeindeSanktandres, nur wenige Kilometer von Temeswar entfernt. „Ich habe sehr viele ehemaligen Bekannte und Nachbarn, Orthodoxen, aus dem Ort gesehen, die in der Kirche dabei waren“, sagt Barbara Hehn, stellvertretende Vorsitzende der HOG Sanktandres. Damit deutete sich bereits am frühen Nachmittag ein Erfolg dieser HOG-Initiative an. Der Besuch der ehemaligen Schule, die seit eh und je an gleicher Stelle zu stehen scheint, und ein gemeinsames Fest mit Lied, Tanz und Unterhaltung zeigten, dass auch die heutige Bevölkerung von Sanktandres und die einstigen Bewohner der Ortschaft ganz gut miteinander kommunizieren, umgehen und feiern können. Der HOG-Vorsitzende zeigte sich zwar auch im Vorfeld zuversichtlich, doch hatte man gelegentlich im Ort Bedenken ausgesprochen, da es in den vergangenen Jahrzehnten einen gewaltigen Strukturwandel in Sanktandres gegeben hat.
„Genauso wie die Sanktandresereinst ihr Kirchweihfest als letzte im Banat abhielten, so waren wir auch die letzten bei denKulturveranstaltungen rund um die Heimattage der Banater Deutschen“, sagt Johanna Janzer, Vorsitzender der HOG Sanktandres. Der HOG-Vorstand und die zahlreichen Teilnehmer an der Veranstaltung zu Fronleichnamnahmen es gelassen, auch wenn die ehemaligen deutschen Bewohner der Gemeinde – manche sind erst nach Jahrzehnten wiedergekommen -etwas andere Erwartungen von ihrem Heimatort hatten.Die Innenwände der katholischen Kirche sind abgeblättert, „die Orgel und die Kirchenglocken sind verstummt“ (Barbara Hehn, stellvertretendeVorsitzende) und die Friedhofskapelle konnte nicht saniert werden, weil sich keine Baufirma für dieses relativ kleine Unterfangen finden ließ. Auch die kleine schwäbische Heimatstube erhielt von der Gemeindeverwaltung eine andere Destination. Die Gegenstände sind zwar archiviert, doch zu sehen sind sie nicht.
Trotz dieser Aspekte, ließen die Heimkehrer kein Unbehagen aufkommen. Sie machten das Beste daraus, freuten sich über die im Außenbereich gut erhaltene Kirche, ersetzen den Orgelklang indem sie ihre Kirchenliederauf dem Akkordeon spielten, legten Kränze nieder, wo ihre Ahnen begraben sind und wo es Orte gibt, an denen die schreckliche Geschichtedes 20. Jahrhunderts ihrer Vorfahren eingemeißelt ist. So am Kriegerdenkmal im Ortszentrum, an der Gedenkplatte der Russlanddeportation, im Rathausuntergebracht, und auf dem Friedhof, wo man so lange wie möglich mit Grabpflege, Gebeten und Kranzniederlegungen der verstorbenen Verwandten und Bekannten gedenkenmöchte.Am Heldendenkmal sagte der HOG-Vorsitzende unter anderen: „Im Rathaus hängt eine Gedenktafel, die im Jahr 2021 auf Initiative von Frau Rodica Gürtler sowie vom gesamten Gemeinderat in Sanktandres enthüllt wurde. Diese Tafel weist auf Unrecht hin, aber sie signalisiert auch ein Zeichen für Frieden und Freiheit.“
Barbara Hehn sagte ihrerseits in der Kirche: „Diese Mauern haben viele Stürmeüberdauert. Sie haben viel Freude aber auch bitteres Leid gesehen, sie haben Lieder und viele andächtige Gebete gehört. Wir danken unserenverbliebenen katholischen Mitchristen, die diesesGotteshaus nutzen und in Ehren halten. Dadurch wurde es uns erst möglich gemacht, diesen Gottesdienst feierlich mitzugestalten.“Ein Gottesdienst zelebriert, vom Generalvikar Johann Dirschl. Fast genauso viel Nostalgie machte sich breit, als die Gruppe der schwäbischen Heimkehrer ihre einstige Schule besuchte. Direktorin Cristina Mihai und ihr Stellvertreter empfingen die deutschen Gäste. Die Schulleiterin, Cristina Mihai, nimmt sich Zeit, führt durch die Klassen, gibt Aufschluss über Sanktandreser Schule in unseren Tagen.
Am späten Nachmittag ist dann in Sanktandres für alle was los. Auf dem freien Platz hinter dem Rathaus feiern deutsche Sanktrandreser, ausgewanderte Heimkehrer, und die heute in Sanktandres heimische Bevölkerung bei Musik und Tanz, bei Speis und Trank. Während Iosif Dorel Antal von den Banater Musikanten auf der Bühne die Musikanlage für denUnterhaltungsteil aufbaut, proben die Chormitglieder der HOG ersteinmal im hinteren Teil der Freilichtbühne. Dann werden sie auftreten, in ihrer grünweißen Bekleidung, mit ihren Heimatliedern und auch zusammen mit den rumänischen Gruppen singen. Johann Janzer und Barbara Hehn können sich solche Veranstaltungen auch künftig vorstellen. Sie wollen dieses Gemeinsame mit den derzeitigen Bewohnern von Sanktandres, die letzteren scheinbar auch. „Wir freuen uns, hier Menschen zu sehen, mit denen wir einst schöne Stunden verbrachten und heute schöne Erinnerungen teilen“, kündigte Johann Janzer bereits einige Stunden zuvor im Ortszentrum am. Und um dem ganzen einen Rahmen der Einigkeit und des Verständnisses zu geben, gab die HOG dem geselligen Beisammensein ein Motto, das letztendlich die Veranstaltung definierte: „Sanktandres- auf europäischem Weg“.