Schicksalsbestimmer

Dieser Tage hat die Entscheidung von acht Leuten das Schicksal von 117 Millionen EU-Bürgern bestimmt. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe haben ihr JA zum Europäischen Stabilitätsfonds gegeben. Deutschland darf sich mit unvorstellbar hohen Beitragssummen an der Euro-Rettung und, implizite, an der Rettung EU-Europas beteiligen. Allen war klar, dass weder Griechenland, noch Italien oder Spanien ohne das JA der acht deutschen Staatsbürger von der Institution in Karlsruhe - also von der Entscheidung einiger Bürger (und vom steuerlichen Beitrag von Millionen Bürgern) eines anderen Landes - gerettet werden können.

Ein Prozess, von dem die überwiegende Mehrheit der 117 Millionen Betroffenen (die Deutschen mit einbezogen 200 Millionen) wahrscheinlich keine Ahnung haben.

Wir erfahren wiederholt, dass die amerikanischen Ratingagenturen ein Land in seiner Kreditwürdigkeit herunter-, seltenst heraufstufen. Ein paar hundert Leute – in den drei großen Ratingagenturen angeblich nicht mehr als tausend – bestimmen über das finanzielle Schicksal aller Länder dieser Erde und von Milliarden Bürgern und folgen dabei (angeblich) allein ihrem Wissen und Gewissen (Zwischenfrage: warum trauten sie sich bisher nicht, an der Kreditwürdigkeit der USA zu rütteln?!). Prof. Dr. Michael Kuncsik von der Johannes Gutenberg Universität in Mainz hat zu diesem Thema ein lesenswertes Buch geschrieben, dessen Argumentation man fast durchwegs nachvollziehen kann.

Es handelt sich bei den Entscheidungen der Ratingagenturen um die häufigste Situation, wo eine Handvoll Leute, jenseits jedes demokratischen Prozesses, das Schicksal von Millionen Bürgern rund um den Erdball bestimmen. Die Welt hängt am Entscheidungstropf von ein paar Unantastbaren, die für ihre Entscheidungen auch noch gut bezahlt werden.

Es dürfte den aufmerksamen Beobachtern noch frisch im Gedächtnis sein, wie sich Premier Ponta und Präsident B²sescu um die Teilnahme am Junigipfel der EU-Staats- und Regierungschefs wie Lausbuben aus der Gosse rauften. Damals hat sich Ponta mit balkanisch-byzantinischen Tricks durchgesetzt, um nachher „für die Zukunft“, freiwillig B²sescu die Rumänienvertretung bei diesen Beratungen zu überlassen. B²sescu hat sich mit der ihm typischen Ellenbogentaktik im Laufe seines Mandats die Alleinvertretung dieses Landes nach Außen hin zugeeignet – jenseits aller Verfassungsbestimmungen. Und er spricht bei den Gipfeltreffen wie ein autorisierter Vertreter Rumäniens, um meist erst danach sich die mehr oder weniger zähneknirschende Zustimmung von Parlament und Regierung – oder auch nicht - einzuholen.

Auch so ein Fall, wo ein Einzelner im Namen und für 18 oder 20 Millionen spricht, indem er behauptet, dazu berufen zu sein.

Wir Bürger sehen still zu, wie unsere durch Demokratie ausgeübte Macht schleichend unterwandert wird. Wie lange schlucken wir noch die Tatsache, dass andere, willkürlich oder mit schlangengleicher Gesetzesdeutung in unserem Namen sprechen?