„Wie viele von uns, von jenen der ersten Stunde, sind heute noch frei?!“ Dieser Stoßseufzer entfuhr dem an sich, in seiner geistig-intellektuellen Simplizität, nicht unsympathischen, tapfer und stur jedwelche Schuld leugnenden Ionesie Ghiorghioni, bevor er vergangene Woche sich wieder mal dem Kreisgericht Karasch-Severin in Reschitza stellen musste. Eigentlich hat Ghiorghioni recht, nachdem er durch U-Haft und Hausarrest wohl erstmals in seinem Leben ausreichend Zeit zum Sinnieren hatte, eine Zeit, die er vorher zum Geldscheffeln auf allerhand mehr oder weniger krummen Wegen nutzen „musste“.
Die Führung des Verwaltungskreises, Frunzăverde und er selber, muss sich vor Gericht verantworten (gegen Frunzăverde wird gegenwärtig in Arad, beim Prozess gegen das räuberische UCMR-Trio, ein weiterer Strick gedreht), fast drei Dutzend Bürgermeister sind seit den Kommunalwahlen 2012 mit dem Gesetz in Konflikt geraten oder eingelocht worden – damit nähert sich ihre Zahl der Hälfte aller Bürgermeister des Banater Berglands (und die Internetforen bersten vor Wetten, wann der Reschitzaer Bürgermeister Mihai Stepanescu an die Reihe kommt...).
Der Hohe Justiz- und Kassationshof ÎCCJ hat unlängst entschieden, dass einmal verurteilte Bürgermeister und Amtsträger bei keinen Wahlen für öffentliche Ämter mehr antreten dürfen. Die Entscheidung, mit Gesetzeskraft, wurde getroffen aufgrund einer Klärungsanfrage des Kreisgerichts Karasch-Severin vom vergangenen Frühjahr. Die Anfrage kam, denn die Kandidaturen müssen ja von der Justiz abgenickt werden. Diese von den Medien kaum beachtete Entscheidung des ÎCCJ wird bewirken, dass 2016 alle Kandidaten für öffentliche Ämter auch ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen. Sie müssen also stubenrein sein, wenn sie die begehrten Sessel der kommunalen Führung besetzen wollen.
Das Banater Bergland entwickelt sich hinsichtlich der juristischen Exzesse allmählich zu einem Schildbürgerland. Hier wirkt beispielsweise der wohl weltweit einzige Bürgermeister, der kein Unterschriftenrecht auf Dokumente des Rathauses hat, dem er vorsteht: Ion Scorobete aus Zăvoi bei Ferdinandsberg im Bistratal. Hier gibt es, in der Person des Ionesie Ghiorghioni, den wohl einzigen Vizechef eines Regionalforums, der unter Hausarrest steht und sich der Institution nicht nähern darf, der er mal vorstand, von der er aber bisher immer noch nicht amtsenthoben ist. Und das seit dem 12. Mai 2015, also seit mehr als einem Vierteljahr. Seine Amtsenthebung ist zwar vom Präfekten unterzeichnet, aber vom Kreisrat (noch?) nicht vollzogen worden. Oder: Beim (bis vor Kurzem) Polizeichef Cătănescu von Orawitza sind die einzigen Personen, die jederzeit Zugangsrecht zu ihm haben, die Häupter der örtlichen zigeunerischen Zigaretten-Schmuggler. Wenn die Bombe mit den illegalen Geschäften der Amtsträger mit dem Bodenbesitz der Kommunen explodiert, kommt die nächste Tranche der Bürgermeister ans Messer.
Wann hält Präsident Johannis seine längst fällige Rede an die Nation?