Der Löffel, mit dem die Gerechtigkeit ausgeteilt wird, ist selektiv löchrig. Während gegen einige – endlich und zurecht! – hart durchgegriffen wird (zumindest bis zur Strafe, denn bei der Rücknahme des Schadens, den sie verursachen, steht noch viel offen) werden andre überhaupt nicht angerührt. Ich denke da an zwei derjenigen, die als Hauptdenunzianten und –nutznießer des, laut Meldungen, bald dem Gericht zu übergebenden Falls Microsoft gelten: Ex-Tennisspieler Pescariu und General a.D. Florica, zusammen mit dem Ex-Ehemann der Udrea, Cocos, die „Weiterverteiler“ der Schmiergelder der Amerikaner.
Beide waren sowohl Nutznießer dieses Falls, aber auch die Denunzianten der anderen Implizierten. Es gehört wohl zur systemimmenten Logik, dass die Staatsanwälte, genau wie zur Phanariotenzeit, sich im jeweiligen untersuchten Fall die verwundbarsten Glieder herauspicken, diesen weitgehende Straffreiheit bzw. (vermutlich) Unberührbarkeit des von ihnen Zusammengestohlenen zusichern und sich damit die sprudelnde Quelle von Denunziationen und Anschuldigungen sichern, die sie bloß noch zu untermauern brauchen.
Es lohnt sich, in den Wörterbüchern ein wenig zu blättern und den Wörtern „Spitzel“ und „Denunziant“ nachzugehen. „Spitzel“ (=„Aushorcher“, „Spion“, auch: „unfairer Ausnutzer einer mehr oder weniger akzeptierten Nähe“) tauchte – wohl nicht zufällig - im hochgelobten Schmelztiegel der Völker, Wien, im 19. Jahrhundert auf und geht auf die als besonders wachsam bekannte Hunderasse des „Spitz“ (Verkleinerungsformel: „Spitzel“) zurück. Ob es auch eine Verwandschaft mit dem „Zigarettenspitzl“ hat, lässt das Wörterbuch offen, „Nähe“ gibt es... Über „Bespitzeln“ und „Spitzeln“, über „Spitzbüberei“, „Spitzbube“, „spitzfindisch“ und „spitzbübisch“ darf jeder selber seine spitz-amüsanten Nachdenklichkeiten anstellen, bis hin zum „Spitznamen“ und, über diesen, zum „Pseudonym“ und „Decknamen“, womit wir dann wieder mit der Schmierenbeschäftigung des „Spitzelns“ den Sprachkreis schließen. Und vielleicht gleich an ein paar unserer persönlich bekannten Spitzel denken.
Dass der „Denunziant“ etwas mit dem „Nuntius“ zu tun hat und mit der „Annonce“, fällt nicht sofort auf, vernobelt aber den Begriff. Unnötigerweise. Denn vom „aus persönlichen, niedrigen Beweggründen Anzeigen, Verunglimpfen, Brandmarken, öffentlich Verurteilen“ bis zum päpstlichen Gesandten („Nuntius“ ist seit dem 18. Jh. nachgewiesen, mit dem Sinn „Päpstlicher Bote, Gesandter, Verkünder“) oder zur öffentlich gemachten Ankündigung ist ein sehr weiter Weg, den aber mancher Denunziant gern zurücklegen würde, wenn es um seine öffentlich reine Weste ginge. Das Wort kam im 16. Jahrhundert aus dem Lateinischen de-nuntiare (= anzeigen, ankündigen) auf, aus dessen Partizipium Präsens denuntians der „Denunziant“ wurde, der uns in dieser Rubrik noch mindestens eine Woche lang beschäftigen wird, auch wenn Ostern die Große Zeit des Verzeihens und der Wiederbelebung ist – ich wünschte mir, auch eine Zeit der so altmodischen Reue ...