Vor Monaten schickte mir William Totok die kaum leserliche Kopie eines seitenlangen Gedichts, das uch auf ein Ereignis von Ende August 1974 schrieb, von dem es das berühmteste Foto der Aktionsgruppe, „Die Aktionsgruppe hält sich über Wasser“ gibt (das in keiner Studie oder Anthologie über die „Aktionsgruppe Banat“ fehlt) und um das (darauf nicht abgebildete) Gründungsmitglieder die Mär in Umlauf gesetzt haben, sie selber – die damals aus diversen Gründen nicht mit dabei waren (u.a. Gerhard Ortinau, Ernest Wichner, Albert Bohn) – seien im Augenblick des Fotografierens unter Wasser gewesen...
Totok hatte die Kopie (eine von acht, die ich mittels blauem Durchschlagpapier auf der kleinen Schreibmaschine angefertigt hatte, die mir mein Vater aus Schrottteilen zusammengebastelt hatte und auf der auch Richard Wagners Debütband „Klartext“ erstgetippt wurde) in Berlin bei der Durchsicht der Papiere gefunden, die ihm nach seiner Verhaftung durch die Securitate beschlagnahmt und, nach viel Druck und Drängen, ihm Monate nach seiner Rehabilitierung rückerstattet wurden. Seine Bitte: ich soll das Gedicht nach Möglichkeit „ins Reine“ schreiben und ihm zwecks Veröffentlichung überlassen. Ist geschehen.
Im „Periamportreport“, einem vag epischen Gedicht im Stil und Geist jener Zeit, lasse ich unseren Aufenthalt in der Wochenendhütte des Onkels Richard Wagners, der in Periamport eine Art Deichwärter an der Marosch war, aufleben. Auffallend beim Abspeichern: die Naivität, die ich aus Sicht des Heute, bis zu dieser Rettungsumschrift, der Aktionsgruppenzeit von 1969-1975 (und danach) gütig entschuldigend verpasst hatte, gab es gar nicht: (...) „geschrieben von einem, der auszog / das fürchten zu lernen / und zeitweise bokschan mit periamport velwechsert, / zu seiner persönlichen / verteidigung aber behauptet, / nicht zu wissen, / was er tut, (...)“.
Wie sehr das Bewusstsein, jederzeit bespitzelt zu werden, in der Gruppe präsent war, das war für mich die große Überraschung bei der Reinschrift des lange verschollenen Gedichts: „der spion / ist ein spion ein spitzel / spitzelspion / bespitzelt oder spioniert er.“(...) Über die Gespräche in der Gruppe spricht folgende Zeile: „claus stephani ist ein starlett, yeah, yeah, yeah!“? Wie sicher waren wir uns damals, 40 Jahre vor der Öffnung von Securitate-Dossiers, der Tatsache, dass wir von Denunzianten umgeben sind, sobald ich da im September 1974 schrieb: „wir sind in todesgefahr / so lange uns / der spitzel seelenruhig fotografiert.“ Hier ist vom später berühmten Aktionsgruppenfoto die Rede. In einem „Zeit“-Beitrag der Nobelpreisträgerin Herta Müller von 2009 – Herta versuchte in jenen mittsiebziger Jahren, auch mittels Anschub von Nikolaus Berwanger, in den inneren Kreis der „Aktionsgruppe“ vorzustoßen – nennt sie den Fotografen bei Namen und Decknamen („Sorin“).
Erschütternd, das „Sinn und Form“-Heft mit geschwärzten Abschnitten (die Klarnamen eines Hauptspitzels) zu sehen – was per Urteil der bayerischen Justiz durchgesetzt wurde („Der arme Spitzel“ – 3/2014 - Details kommende Woche).