Beim abendlichen Spaziergang kann man es glatt übersehen, weil der Abschnitt der C.Brediceanu-Straße in der Nähe des Henri-Coanda-Lyzeums unbeleuchtet ist. Auch gibt es an der Pforte kein Plakat, das auf das Café hindeutet - es ist lediglich ein Katzenprofil aus Metall, das am Eingang steht, und eine kleine Willkommenstafel an der Haustür. Mit einem Quietschen, das (gewollt?) wie ein Miauen klingt, geht die Tür auf, und schon taucht man in eine andere Welt ein. Shishas stehen über dem Pult an der Bar, der Kronleuchter mit buntem Glas lässt das Licht nur teilweise durch, so dass auf der Decke orientalische Muster gezeichnet werden. Etwas Haariges flitzt durch den Raum. Alle Blicke suchen das kleine Ding, und einige Gäste wollen es mit „Mietz, mietz“ locken. Es riecht angenehm nach Früchtetee, bei „La Pisici“. Ein Katzenparadies mit Waldfruchtaroma.
„La Pisici“ ist das erste Katzencafé in Temeswar/Timisoara. Eröffnet wurde es Anfang September von Roxana Şulţi und Silviu Cadia. Die Dettaerin und der Lugoscher sind Arbeitskollegen in einem Temeswarer Unternehmen, das seinen Sitz im City Business Center am 700er Marktplatz hat.
Mit der Idee, ein solches Café in der Stadt an der Bega zu eröffnen, hatte Roxana schon seit einigen Jahren gespielt. Sie kannte diese Einrichtungsart aus Dänemark, wo sie fünf Jahre lang gelebt hatte. In Budapest gibt es bereits zwei solche Cafés. Zu einem konkreten Projekt kam es, als Roxana aus den Nachrichten erfuhr, dass in diesem Sommer zwei junge Frauen in Bukarest ein derartiges Café eröffneten. „Als ich das mitbekam, freute ich mich natürlich sehr“, sagt Roxana. Silviu Cadia hatte sich ein türkisches Café gewünscht. Die beiden Ideen konnten aber gut miteinander verflochten werden, so dass das türkische Katzencafé „La Pisici“ entstand.
Von dem Plan bis zur konkreten Umsetzung dauerte es zwei-drei Monate. „Wir haben selbst Hand angelegt. Wir haben einen Grasteppich gesetzt, wir haben den Gastgarten eingerichtet, wir haben Second-Hand-Möbel von Freunden und Bekannten herbeigeschafft“, sagt Roxana. Die Einrichtung von „La Pisici“ sollte so kostengünstig wie möglich gehalten werden, denn Haus und Hof wurden vorerst nur für ein Jahr gemietet. Tritt man hinein, hat man allerdings das Gefühl, dass das Café schon ewig da stand. Ein ähnliches Lokal ist in Temeswar nur das „Scârţ“ in der Elisabethstadt.
Katzenadoptionen möglich
Ein Katzenspielhaus steht in einer Ecke. Die persische Katze Big Mama schlendert gelassen vorbei. Da sind noch Kitler, der Kater mit dem schwarzen Fleck auf der Nase, die Graue Materie, ein Russisch-Blau-Mischling, und andere fellige Vierbeiner, die sich an die Beine der Gäste schmiegen. Die meisten Cafébesucher zögern nicht lange und nehmen die Katzen in den Arm. Auch Leute, die sich ursprünglich nicht als Katzenfreunde bezeichnen, können den süßen Vierbeinern nicht widerstehen. 13 Katzen sind zur Zeit bei „La Pisici“ zu Hause. Wer sich eine Katze wünscht, der kann einfach die Cafébesitzer fragen, ob er sie mit nach Hause nehmen kann. Alle Katzen sind sterilisiert und entwurmt. „Das ist auch Sinn der Sache. Wer eine Katze adoptieren möchte, der kann das tun. Im Sommer, als die Terrasse noch offen war, haben wir sogar vier-fünf Katzen pro Woche verschenkt“, sagt Roxana. Von ihrem Geschäftspartner Silviu könnte man fast denken, dass er eher ein Hundemensch ist. Er selbst besitzt zwei Hunde – den alten Cane-Corso-Mischling Bruno, und Leia, eine weiße, freundliche Caniche-Hündin. „Ich habe die Katzen in mein Herz geschlossen“, sagt Silviu, während er den auf seinen Schultern schlafenden, schnurrenden Kater liebevoll streichelt.
Ursprünglich hatte Silviu geplant, ein Lokal zu eröffnen, in dem türkisches Frühstück angeboten wird. „Die Idee hatte ich, nachdem ich aus der Türkei zurückgekehrt war“, sagt Silviu. Allerdings sei es aus hygienischen Gründen nicht möglich, Essen anzubieten, wo so viele Tiere leben. „Ich wollte die freundliche, angenehme Atmosphäre türkischer Cafés nach Temeswar bringen“, fügt er hinzu. Silviu Cadia hatte in diesem Jahr eine 4.000-Kilometer lange Radtour von Rumänien aus über Bulgarien, die Türkei, Georgien, Armenien bis in den Iran unternommen – es war eine Reise auf der Suche nach dem Glück, wie er sie bezeichnete, wobei er unterwegs die Leute fragte, was sie glücklich macht. Man konnte sich übers Internet Reisetage „kaufen“ und der Erlös ging an ein krankes dreijähriges Mädchen aus Diemrich/Deva, das eine kostspielige OP nötig hatte.
Bunt gemischte Klientel
Siviu Cadia wohnt in dem Haus, in dem das Café eingerichtet wurde. Genau wie Roxana ist er tagsüber im Unternehmen beschäftigt, abends und am Wochenende Vollzeit bei „La Pisici“. Das Café hat von 11 bis 22 Uhr geöffnet. Die zwei Angestellten Sarah und Carmen kümmern sich darum, dass alle Gäste gut bedient werden. Für einen Tee oder Kaffee zahlt man bei „La Pisici“ 5-6 Lei, ein Bier kostet zwischen 5 und 10 Lei. Es gibt türkisches Efes-Bier, aber auch Sara, ein Trübes, das in Franzdorf/Văliug hergestellt wird. Die Klientel von „La Pisici“ ist bunt gemischt: Von der Lehrerin, die ihre Schulklasse mitbringt, bis zum Schauspieler oder Geschäftsmann ist alles dabei. Eines haben jedoch alle gemeinsam: „Ich will hoffen, dass all unsere Gäste Tierfreunde sind“, sagt Silviu Cadia. In den beiden Innenräumen von „La Pisici“ darf nicht geraucht werden.
Für Roxana ist es inzwischen klar geworden, dass der Betrieb des Katzencafés das ist, was sie beruflich machen möchte. Anfang November schmeißt sie ihren Job im Unternehmen und wird ihre ganze Freizeit dem Café widmen, „weil es meine große Leidenschaft ist“, sagt sie. Künftig planen die beiden Besitzer von „La Pisici“, einen Raum im ersten Stock einzurichten, in dem verschiedene Events stattfinden. Kleine Konzerte, aber auch Vorträge zu diversen Themen könnten da organisiert werden.