Ein ganz eigenartiges Experiment ereignete sich am Welttheatertag in Reschitza als die Uraufführung der Produktion „Bizarre Szenen nach Urmuz” dem Publikum präsentiert wurde. Schon im Foyer überraschten die surrealen Filmprojektionen und die begleitende Klaviermusik, gespielt von einem Feuerwehrvirtuosen, dem ein Urmuz-Engel vom Klavierfügel zulauschte.
Der Spielplan des West Theaters Reschitza hat sich mit einer ungewohnten Produktion bereichert, das den Geschmack des Publikums auf die Probe stellt und zugleich eine andere Art Theater vorschlägt, eine Dramatisierung der Regisseurin Mihaela Panainte, die neue Perspektiven zu öffnen versucht. Eigentlich handelt es sich um die Bearbeitung von Puşa Roth, die für die Theaterwelt die Prosa von Urmuz umsetzte, die dann als Textvorlage für die Reschitzaer Produktion diente. „Unsere Welt entspricht der von Urmuz – die sich durch Gewalt auszeichnet. Die Gewalt in den Texten von Urmuz ist diejenige Gewalt, mit der wir stets konfrontiert sind und deshalb kann ich behaupten, dass Urmuz, überraschender Weise, unser Zeitgenosse ist.“ – meint Mihaela Panainte, die ihre Position den Urmuz Texten gegenüber erläutert und implizit den Ausgangspunkt ihrer Inszenierung erklärt: „Die Welt des Absurden hatte mich stets fasziniert, insbesondere die Kluft zwischen dem Wort und dem Sinn, die das Dasein des modernen Menschen bestimmt. Bei Urmuz verfolgt das Wort nicht unbedingt die Notwendigkeit der Logik und des Sinns, denn es verwandelt sich in ein Fluidum in einem imaginären Kommunikations-Raum. Über Urmuz konnte ich das Komische erneut entdecken. Seine Gestalten sind periphäre Wesen, die ein marionettenhaftes Dasein erleben und dieselbe morsche Luft einatmen, wie bei Beckett oder Ionesco.“
Es ist ein mutiges Unterfangen in einer Kleinstadt wie Reschitza ein Avantgardeprojekt aufzustellen, sogar mit der Perspektive an dem Nationalen Theaterfestival in Bukarest teilzunehmen. Diesbezüglich ist es begrüßenswert, dass der Intendant des West-Theaters aus Reschitza, Florin Gabriel Ionescu, das ungewohnte, neuartige Projekt annahm und seiner Ausführung das entsprechende Vertrauen zeigte. Die Zusammenarbeit mit Tibor Cári (Musik), Sebastian Hamburger (Video-Graphik), Erika Csegöldi (Bühnenbild), Lucian Moga (LightDesign), Lavinia Urcan (Choreographie), Ilie Stănescu (Regietechnik) sorgte für den Erfolg.
Mihaela Panaintes Produktion bewegt sich in einer absurden Welt, die teilweise an Kafkas Prozess erinnert, ebenfalls als Theaterprojekt von der Regisseurin inszeniert. Kafka und Urmuz vertreten das Absurde und ihre Kontamination führt zur Überlappung der Ebenen, wobei ein surreales Weltbild entsteht. Die kafkaeske-urmuzische Atmosphäre wird über das Bühnenbild suggeriert, ein riesengroßer durchsichtiger Würfel, eine Art Aquarium, das enge Universum der in ihm gefangenen Gestalten darstellend, wobei nur ein illusorisches Fenster es erlaubt das Weite des Universums zu erahnen, zu erträumen. Die traumhafte Welt ist weit weg entfernt von der Wirklichkeit, wobei alle Gestalten aus einer anderen Dimension zu kommen scheinen. Sie bewegen sich in einer alptraumhaften Welt, von Platzangst beherrscht, als Folge der Raumenge, die in ihrem Dasein permanent Spannung auslöst. Beeindruckend ist die Körpersprache, die alle minimalistischen Szenen verbindet, im Einklang mit der Musik und dem atmosphärischen Lichtspiel. Der Fokus gilt der Aussage des Textes, stets mit den entsprechenden Bewegungen gekoppelt – wobei bizarre, oft groteske und surreale Bilder entstehen. Eine besondere Aufmerksamkeit wird der Bewegung und dem Rhythmus geschenkt, denn sie sollen das Absurde hervorrufen. Die Schauspieler haben den Rollen entsprechend ihre eigenen mechanisch wirkenden Gebärden, die Anfangs Komik hervorrufen, aber almählich ins Groteske führen, eine regelrechte Aufforderung für alle Mal anders Theater zu spielen. Camelia Ghinea, Andreea Bănică, Florin Ibraşi, Robert Danici, Marius Tudor, und Sorin Fruntelată ist es gelungen das Universum URMUZ darzustellen, das einer eigenen Logik unterworfen ist. Und so entsteht eine Vorstellung, die sich an der Grenze des absurden Theaters bewegt, des Bildertheaters, abgerundet mit nonverbalen Szenen, die dem Zuschauer volle Konzentration abverlangt. Um die subtilen Nuancen wahrzunehmen ist es bestimmt empfehlenswert diese Inszenierung mehrmals zu sehen, ohne auf den Genuss des Gespielten zu verzichten.