Parlamentarier im Heimbüro, Abstimmungen über das Internet, fehlende Debatten und Kontroversen am Rednerpult, das alles ist für rumänische Parlamentarier im Augenblick Alltag. Darüber, aber auch über Klaus Johannis als Vermittler in Zeiten des COVID-19 sprach BZ-Redaktionsleiter Siegfried Thiel mit dem DFDR-Abgeordneten Ovidiu Ganț.
Herr Ganț, die anhaltende Corona-Krise hat die Verlängerung des Notstandes scheinbar erforderlich gemacht. Außer der Tatsache, dass sie vom heimischen Schreibtisch aus erfolgte, wie lief die Abstimmung der vergangenen Woche zur zeitlichen Ausweitung des Notstandes?
Experten hatten im Vorfeld auf die Gefahren hingewiesen, die mit einer derzeitigen Aufhebung des Notstandes verbunden sind. Ich habe, genauso wie die überwältigende Mehrheit des Parlaments für die Verlängerung des Notstandes gestimmt. Dies war erforderlich, ja eigentlich alternativlos, denn durch die Schutzmaßnahmen innerhalb des Notstandes werden Leben gerettet und das ist im Moment das wichtigste. Natürlich kamen auch wieder altbekannte Nörgler zu Wort, die durch populistische Sprüche auf Stimmenfang gingen, im Hinblick auf kommende Wahlen. Nicht zuletzt war es ein Angriff in Richtung Klaus Johannis, der ja auch darauf zurückzuführen ist, dass Klaus Johannis Deutscher ist und der evangelisch-lutherischen Religionsgemeinschaft angehört und für einige zählt allein die Tatsache, dass führende Politiker rumänischer Nationalitat und mit orthodoxem Glauben sind. All dieser Attacken und Aussagen zum Trotz hat Klaus Johannis bei den letzten Präsidentschaftswahlen eine Zweidrittelmehrheit auf sich vereint. Ich hoffe, dass Parteien, wie ALDE oder Pro Romania künftig nicht die Wahlschwelle erreichen und dementsprechend nicht ins Parlament einziehen werden. Aus der PSD gab es Erpressungsversuche in Richtung Regierung, doch stellten sich deren Parlamentarier letztendlich dann doch auf die korrekte Seite, weil sie vermutlich erkannt haben, wie die Bürger zum Thema stehen.
Es gab vor Ostern ein überraschendes Protokoll des Innnenministers mit der Kirche, das die Notstandsverordnungen lockern sollte. Klaus Johannis konnte noch rechtzeitig eingreifen und die Situation gerade biegen. Kommentieren Sie!
Ja, der Staatspräsident konnte die eingetretene Schieflage korrigieren. Der Innenminister hätte durch sein Abkommen mit der Kirche Millionen Menschen der Epidemie-Gefahr ausgesetzt. Ein solches Entgegenkommen der Kirche gegenüber ware auch den abendländischen Ostern gegenüber diskriminierend gewesen, wo bekanntlich höchste Disziplin, entsprechend der Verordnungen, geherrscht hat und die Menschen den Gottesdiensten fern blieben.
Es ist ja ein Novum, Parlamentsarbeit von zu Hause durchführen zu müssen. Wo liegt der Unterschied zum herkömmlichen Parlamentsalltag?
Es ist bei weitem nicht dasselbe, denn die Arbeit im Parlament definiert sich durch Debatten sowohl in den Ausschüssen als auch im Plenum. Das Votum für diverse Projekte und Gesetze hat jedoch keine Einschränkung, was die Entscheidungen jedes einzelnen betrifft. Was mir persönlich ganz besonders fehlt, sind jedoch die menschlichen Kontakte zu Forumsmitgliedern und Sympathisanten, die Teilnahme an Kulturveranstaltungen, an diversen Veranstaltungen aller Art in den Kommunen, die Gespräche vorort, internationale politische Kontakte usw. Aber durch die Einschränkung der Mobilitat sind ohnehin alle Veranstaltungen des Forums abgesagt, um die Menschen nicht zu gefährden. Meine Sorge gilt den Senioren und Seniorinnen und deren Gesundheit in unseren Altenheimen. Die Finanzierung unserer Organisationen erfolgt nicht in der Höhe, wie wir dies erhofft haben, aber da die Veranstaltungen suspendiert sind, ist auch deren Finanzierung momentan kein Thema. Fakt ist, dass nach derzeitigem Stand die vorfinanzierten Projekte sowie die Verwaltungskosten des Forums beglichen werden können. Ansonsten ist Notstandssituation angesagt und alles andere muss bis auf weiteres zurückgesteckt werden.
