Reschitza – Ursprünglich sollte es einfach mal ein Nachweis werden, was man aus den alten Produktionshallen des Reschitzaer Maschinenbauwerks UCMR so machen kann. Die Halle in unmittelbarer Nähe des aufgelassenen Erzsinterwerks am Industriestandort Mociur ließ der selbstsichere Absolvent westlicher Hochschulen, der als „Präsident-Generaldirektor“ des Reschitzaer Maschinenbauwerks von den neuen Schweizer Besitzern, der INET-AG, eingesetzt war, grad mal so in eine elegante Industriehalle umbauen. Und die zeigte er dann allen in- und ausländischen Besuchern und bot sie für teures Monatsgeld zum Vermieten an.
Als da niemand so recht anbeißen wollte und die Zeit verging – lies: die Investitionssumme weder bruchstückhaft noch andeutungsweise zurückfloss – ließ der selbe UCMR-Chef in den Medien durchsickern, er hätte einen bedeutenden russischen Investor an der Angel. Mit dem wolle das Reschitzaer Maschinenbauwerk in dieser Halle für den Riesenmarkt Rußlands Nahverkehrs- und Reisebusse bauen - gleich mal so zwischen acht und zwölf Typen. Die russischen Partner liefern die Motoren, Reschitza baut das Blech und alles sonstige, was so zu einem Bus gehört, drum herum. Das klang für Reschitzaer Ohren – seit Generationen Motorenbauer und an wohnblockhohe Schiffsdieselmotoren gewöhnt – ziemlich kratzig, gab ihnen aber in der beginnenden Massivschrumpfung von Aufträgen und Arbeit immerhin eine Perspektive.
Ein paar „Musterbusse“ entstanden sogar und fuhren anschließend mehrere Jahre lang als Nahverkehrsbusse – sozusagen Eigenwerbung auf vier Rädern - durch Bokschan/Bocşa. Um dann stillschweigend und ruhmlos in der Versenkung zu verschwinden. Sie erwiesen sich weder als so komfortabel noch so langlebig wie angepriesen und der privaten Konkurrenz von Kleinbussen konsekrierter westeuropäischer Firmen, betrieben von einheimischen Kleinunternehmern, überhaupt nicht gewachsen. Da die Nachfrage vom russischen Riesenmarkt ebenso ausblieb wie die Nachlieferung von funktionsfähigen Motoren, um welche herum die Busse entstehen sollten, versickerte alles in der Erklärungsnot eines großspurigen Firmenchefs.
Dann kam die Rettung aus China. Zugegeben: wieder durch den selben Firmenchef, der eine Geschäftsreise nach China unternommen hatte. Um Fahrräder auf den immer grüner denkenden westeuropäischen Konsumentenmarkt zu schleusen und um weder auf Schiffen die Fahrräder montieren zu müssen noch sie direkt als die in immer schlechteren Ruf geratenden „Made in China“-Produkte auf den Markt zu bringen, kam es zu einer Kooperation mit UCMR. Die letztendlich und im nachhinein betrachtet – zumindest aus der Perspektive der drei ersten Testjahre - gar nicht so schlecht läuft, auch wenn sie weit entfernt ist von dem, was man sich in Reschitza bislang immer unter Maschinen- und Fahrzeugbau vorgestellt hat.
Fakt ist, dass die Leitung des Profitzentrums VeloCity von UCMR die Sache allen Ernstes anpackte und jetzt weitere fünf Hektar auf dem neu erschlossenen Gelände des in der Nähe befindlichen Industrieparks der Stadt angemietet hat. Man plant, die Kapazität von VeloCity zu erweitern, auch die Zahl der Arbeitsplätze mehr als zu verdoppeln. Eine der Aussagen der Leitung von „VeloCity“ war nämlich klar und eindeutig: „Mit den gegenwärtig 250 Arbeitnehmern sind wir erst am Anfang!“
Es steht im Industriepark im }erova-Tal in den kommenden zwei Jahren eine Investition von zwei Millionen Euro an, verkündete die VeloCity-Leitung anlässlich der kleinen Drei-Jahresfeier, seit in Reschitza das erste Fahrrad vom Band lief. Produktionshallen und Ausstattungen sollen im Ţerova-Tal neu entstehen, hieß es, die Produktion soll diversifiziert werden in Richtung der zukunftsträchtigen Gesundheitsindustrie: Fitness-Geräte, Ausstattungen für die Golf-Industrie, Sport-Geräte sollen in Reschitza produziert werden. In den neuen Produktionsräumen – die in einem Stufenplan entstehen sollen – werden weitere rund 450 Arbeitnehmer angestellt, hieß es vorsichtig seitens der Leitung von VeloCity.
Immerhin behauptet VeloCity von sich, binnen drei Jahren der wichtigste Fahrradproduzent auf dem rumänischen Markt geworden zu sein. Mittelfristig – man nannte die kommenden fünf Jahre als Ziellinie – will VeloCity einer der bedeutendsten europäischen Fahrradproduzenten werden. Dazu peilt man 2012 erstmals eine Jahresproduktion von einer Million Fahrrädern an, die in Reschitza montiert werden sollen. Der Absatz scheint gesichert zu sein. Allein der westeuropäische Vertriebspartner – eine französische Firma – hat für 2012 ganze 420.000 Fahrräder aus Reschitza bestellt.