Wahrheitsfragmente

Erst als er Medienberater des umstrittenen Finanzministers Sebastian Vl²descu (Regierung Popescu-Tăriceanu) wurde, widmete ihm ein Teil der Medien einige Aufmerksamkeit. Denn eigentlich sollte er gerade von diesem Teil der Medien isoliert und totgeschwiegen werden, hatte er doch eine Art Medienomertá gebrochen: er übertrat eine Verpflichtung, die er unterzeichnete, als er dem Medientrust „Intact“ des Ex-Securitate-Spitzels Dan Voiculescu (Deckname „Felix“) beigetreten war. Er plauderte Einzelheiten der medialen Erpressungsversuche aus, mit welchen dieser zum auf 300 Millionen Euro geschätzten Werbevolumen Rumäniens rankommen wollte. Stelian Negrea prozessiert seit sechs Jahren gegen seinen Ex-Brotherrn. Prozessausgang ungewiss.

„Sammle mal Infos über Farmec-Klausenburg“, hieß es, „die haben bloß Werbeverträge mit der Pro-Gruppe. Wir finden Leichen in deren Keller, dann wird jemand von uns mit ihnen verhandeln.“ Das Schema ist Insidern bereits aus den Printmedien der 1990er Jahre bekannt und nicht nur auf Bukarest beschränkt, doch die Werbeetats fürs Fernsehen sind, bei der medial kultivierten voyeuristischen Veranlangung der Bürger Rumäniens und dem Zunehmen der privaten Fernsehsender, nach 2000 viel lukrativer geworden.

„Hau drauf auf jenen; triff denjenigen!“, so die Aufgabe, die laut Negrea Auftrag der Mitarbeiter aller Fernsehtrusts war/ist. Geldscheffeln durch Erpressung („Ich weiß aus unseren Recherchen über dich das und das! Was bist du bereit zu zahlen, damit wir es nicht veröffentlichen?!“, so lief das in den einflussreichen Medien. Auch aus Temeswar sind ein paar offene Geheimnisse in dieser Richtung bekannt. Stelian Negrea erzählt auf Veranstaltungen von den Mechanismen des zweifachen Reichwerdens durch den Besitz von Medientrusts (durch erpresste Einnahmen aus der Werbung und durch Direkterpressung), und mancher (sicher nicht nur PNL-)Senator, Ex-Journalist und Dauergast der Talk-Shows im Fernsehen ist dem nicht fremd.

Das Thema hat jüngst der Fall Sorin Alexandrescu, des Geschäftsführers der Antena-Group, wieder auf die mediale Tagesordnung gebracht. Aber weil es um die ureigensten Interessen nicht nur des betroffenen Kollegen, sondern auch der konkurrierenden Fernsehanstalten geht und weil auch der Boss des rumänischen Profifussballs, der Ex-Milizmann Dumitru („Mitică) Dragomir mit seiner Firma Bodu SRL bis über die Ohren drinsteckt, werden nur Wahrheitsfragmente – durchaus jenseits und unbekümmert jeder Berufsdeontologie – an die Öffentlichkeit gebracht, obwohl viel edelste Entrüstung und dämliche Verwunderung zur Schau getragen wird – für den, der`s aushält.

Man darf gespannt sein, wie die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft DNA den Fall Sorin Alexandrescu mit all seinen Implikationen an der Spitze der Medientrusts, des Kabelfernsehens und des Profifussballs löst. Der Sumpf ist so tief und so schwer kontrollierbar, dass es wundern sollte, wenn etwas geschieht und der Fall überhaupt bis vor die Gerichte kommt.