Warum die rumänische Kunst 200 Jahre zurückliegt

Vermittler des Unaussprechlichen: Cristian Sida

Bei Tschanad/Cenad hört der Einfluss der rumänischen Gegenwartskunst auf. Der Maler Cristian Sida erwähnt Worte wie Plagiat und Oportunismus oft in Sätzen, wenn er  rumänische Gegenwartskünstler beschreibt. Das man hinterherhinkt, ist eine Untertreibung, findet der Arader. Viel zu leichtfertig plakatieren sich in Rumänien viele als Künstler. Wo bleibt der Anspruch, fragt sich Sida, der seit 1998 an der Kunsthochschule aus Temeswar unterrichtet.

Sowohl als Künstler als auch als Professor nimmt Sida kein Blatt vor dem Mund. Er leugnet nicht den Erfolg mancher junger Künstler, kritisiert aber deren Hang sich nach bestimmten Trends zu richten. Was wird morgen oder in 50 Jahren passieren, wenn es in der rumänischen Politik aufwärts geht? Eine Frage, die Sida besonders Künstlern stellt, die politisch sein wollen. Er selbst malt gern abstrakt. Hält nichts vom Hyperrealismus oder Trompe-l’œil. Wozu eigentlich, wenn man dafür Spiegelreflexkameras hat?

Man könnte sich schwer damit tun, sich an Cristian Sidas offene, direkte Art zu gewöhnen. Doch darin liegt auch das Geheimnis seines Erfolgs. Seine Kunst ist ehrlich. Er tut es Dali nach, der einmal meinte, man würde umsonst versuchen modern zu sein. Das Ergebnis wäre einfach nur peinlich und lächerlich. Er selbst möchte nichts beweisen, sondern sich durch seine Kunst nur ausdrücken. Deswegen sitzen viele Studenten auf der Reservebank und darum genießt Sida den Heimvorteil.

„Es gibt so viele junge Menschen die nie mit Kohle oder Ölfarben gearbeitet haben und aus ihnen will die Kunst herausschreien“, sagt der Künstler. „Das hält einen Sommer lang an. Genauso, wie der letzte Sommerhit, den kein Schwein mehr danach hören möchte“, ergänzt Sida.

Der 38-Jährige ist seit 2000 auch für die Ausstellungen im Art Club verantwortlich. Sida betrachtet aus unterschiedlichen Blickpunkten die Kunstszene in Rumänien. Insgesamt 13 Einzelaustellungen hat der Maler bisher gehabt. Die Letzte fand 2010 in der Triade Galerie statt. Daneben wirkte er in zahlreichen Gruppenausstellungen mit, die seine Werke bis nach New York brachten.

Bei der internationalen Biennale in Izmir wurde Cristian Sida für seine Werke ausgezeichnet. Als Karrieremeilenstein von anderen gefeiert, sieht Sida den Erfolg bescheidener. Überhaupt legt der Künstler keinen besonderen Wert auf Preise. In Rumänien gehen die meisten sowieso an diejenigen, deren Werke gefördert und verkauft werden müssen. Es ist ein hartes Geschäft, das nach seinen eigenen Regeln spielt.

Zu seinen persönlichen Favoriten zählen unter anderem Vladimir Velikovic, Gerhard Richter und Jean-Pierre Raynaud. Jungen Künstlern empfielt Sida, dass sie mit ihrer Auswahl an Vorbildern und Inspirationsquellen selektiv umgehen sollten. Er warnt vor den überfüllten Schaufensterläden, wo Kitsch und schlechte Kunst ausgestellt wird. Künstler thematisieren oft die Identitätlosigkeit unserer heutigen Gesellschaft und merken dabei nicht, dass sie selbst Opfer dieser Welt sind.

Darum mangelt es vielen jungen Künstlern an Ideen. Es ist auch letztendlich eine moralische und ethische Angelegenheit. Wichtige Aspekte die in der heutigen rumänischen Kunst fehlen.