Auf Facebook hat man nicht nur Freunde. Laut einer aktuellen Studie hat jeder dritte Schüler in Deutschland Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht. Sie waren sowohl Täter als auch Opfer, ließen sich dazu hinreißen den Spieß umzudrehen und sich an ihren Peinigern zu rächen. Wenn die Sache aus den Rudern läuft, werden nicht nur Gefühle verletzt, sondern es bleiben auch ernste seelische Traumen. Eltern wissen meist nichts davon, können schwer ihre Kinder überprüfen, weil sie über mangelnde Kenntnisse verfügen und das Phänomen „Soziales Netzwerk“ nicht verstehen. Wird in Deutschland dem Problem entgegengewirkt, bleibt es in Rumänien weiterhin ein unerforschtes Thema. Wie viele Jugendliche von Cybermobbing betroffen sind, hat noch keine rumänische Studie erfasst. Es gibt auch kaum Hilfsorganisationen, die sich um eine Aufklärung bemühen.
Nun soll ein Comenius-Projekt dem Problem entgegenwirken und das Thema auch in Rumänien anreißen. Drei Lehrerinnen von der Nikolaus-Lenau-Schule wollen sich dafür einsetzen, dass Cybermobbing auch in Rumänien ernst genommen wird und Aufklärungsarbeit leisten. Mehr als ein Jahr lang haben sie sowie Vertreter weiterer sieben Partnereinrichtungen aus sechs europäischen Ländern Zeit, eine Online-Platform in den Sprachen der Teilnehmer auf den Weg zu bringen, wo Jugendliche, Eltern und Lehrer wichtige Informationen zum Thema Cybermobbing erhalten.
Für Astrid Otiman, eine der drei Lehrerinnen, die seitens der Nikolaus-Lenau-Schule am Projekt teilnimmt, steht fest, dass Rumänien dringend Nachholbedarf hätte bei dem „schwierigen Thema“. Denn auf Facebook werden nicht nur Freundschaften geschlossen, sondern es werden auch einzelne Schüler von anderen schikaniert. Manche würden sogar Facebook-Gruppen gründen, mit dem Ziel, so viele Nutzer zusammenzukriegen, die eine bestimmte Person hassen. „Wobei inzwischen nicht ausschließlich Schüler Opfer von Cybermobbing werden“, erklärt Otiman. „Es wurde auch das Konto einer Lehrerin von einem ihrer Schüler gehackt, woraufhin dieser Unaussprechliches postete.“
Ahnungslose Erwachsene
Eben weil Lehrer und Eltern sich nicht auskennen, wird das Problem meistens unterschätzt. Aber auch die Polizei ist oft ahnungslos. Übergriffe auf Schüler würden sie meist aus der Presse erfahren, wenn es zu spät ist. Allein die Hilfsorganisation „Salvati Copiii“ hat auf ihrer Internetseite Materialien hochgeladen, die sich mit Cybermobbing befassen, andere rumänische Institutionen haben sich bisher dem Thema gar nicht angenommen. Darum sei eine Plattform mehr als willkommen, findetAstrid Otiman. Auch weil die Zahl der Kinder, die über ein Smartphone verfügen, wächst, während das Durchschnittsalter immer niedriger wird. „Es gibt Schüler in den Vorschulklassen, die bereits mit einem Smartphone umgehen können“, so die Deutschlehrerin.
Im Februar fand in der Slowakei ein Arbeitstreffen der teilnehmenden Institutionen am Comenius-Programm gegen Cybermobbing statt. Im November soll die Gruppe auch nach Rumänien kommen, bis dahin wird noch ein Treffen in Bulgarien veranstaltet. Zu dem Treffen in der Slowakei reiste Astrid Otiman zusammen mit der Geschichtslehrerin Simona Lobont. Die beiden Lehrerinnen mussten sich im Vorhinein über die Lage in Rumänien erkundigen.
Initiator des Projektes, an dem sich Deutschland, Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Spanien sowie Litauen beteiligen, ist die deutsche Stiftung Medien- und Onlinesucht. Die gemeinnützige Organisation war vor einigen Jahren schon einmal an der Nikolaus-Lenau-Schule, um die Auswirkungen von Onlinespielen auf Kinder und Jugendliche zu demonstrieren, indem die Schüler zusammen mit ihren Eltern eine LAN-Party hielten.
„Lehrer müssen eine Ahnung über das Thema haben, damit sie sowohl Schüler, aber besonders Eltern beraten können“, sagt Astrid Otiman. „Cybermobbing passiert und wenn man es nicht ernst nimmt, kann es für die Betroffenen sehr schlimm werden.“
In vielen Fällen aus England oder Deutschland begingen Opfer Selbstmord. Aber auch in Rumänien wurden mehrmals Vorfälle gemeldet, bei denen Jugendliche erstochen oder angegriffen wurden, als Folge verbaler Angriffe auf Seiten wie Facebook.