Seit etwa zehn Jahren veranstaltet Marius Giura das bekannte Gărâna Jazz Festival auf der Wolfswiese in der Karasch-Severiner Ortschaft Wolfsberg/Gărâna, dessen Zuschaueranzahl jährlich steigt. Der Auftrittsabend des norwegischen Jazz-Saxophonisten Jan Garbarek 2007 verzeichnete die Höchstzahl: 15.000 Zuschauer. Den Publikumserfolg und den wachsenden Bekanntheitsgrad des Festivals schreibt er dem Wert der jährlich hier auftretenden Musiker zu. „Es sind immerhin 17 Jahre, in denen ich mein Publikum an namenhafte Künstler gewöhnt habe. Der Wert der Künstler ist wahrscheinlich der Schlüssel zum Erfolg”, so Marius Giura. Über die Musiker, den Publikumserfolg und die Finanzierung der Jazzfestivals in Wolfsberg und Temeswar/Timişoara sprach die BZ-Mitarbeiterin Iulia Sur mit dem Veranstalter der beiden Jazzevents, Marius Giura.
Dieses Jahr wird die 17. Auflage des Jazzfestivals in Wolfsberg stattfinden. Können Sie uns schon einige Teilnehmer nennen?
Es handelt sich, vorwiegend, um den Gitarristen Bill Frisell; den schwedischen Gitarristen Ulf Wakenius aus Oscar Petersens Besetzung; dann die „Miles Smiles”-Gruppe, deren Mitglieder Joe DeFrancesco, Omar Hakim und Rick Margitza, ein Musiker rumänischer Abstammung, sind; David Sandborn in einer Trio-Besetzung, wo auch Steve Gadd spielen wird; Charles Lloyd in einer Besetzung mit Zakir Hussain. Charles Lloyds Konzert wird auch ein Jubiläum darstellen: die Feier seiner 75-jährigen Karriere, die er auf der Bühne in Wolfsberg begehen wird.
Wie erfolgt die Auswahl der Festivalteilnehmer? Beraten Sie sich mit Personen aus der Jazzszene?
Subjektiv. Selbstverständlich bekomme ich allerlei Vorschläge, aber letztendlich ist es meine Entscheidung.
Im Laufe der Jahre sind in Wolfsberg weltbekannte Jazzmusiker wie Eberhard Weber, John Abercrombie oder Jan Garbarek aufgetreten. Wie schwierig ist es, ausländische Gruppen anzuwerben?
Am Anfang war es sehr schwer, da es frühere Vorfälle gab: die Künstler kamen mehrmals nach Rumänien und wurden oftmals nicht bezahlt oder anders als abgemacht bezahlt und ich musste über all das hinwegkommen und versuchen, sie zu überzeugen, dass es auch anders sein kann. Eberhard Weber, der der erste große Name war, trug entscheidend dazu bei, dass Garbarek nach Rumänien kam. Es genügte, dass ein großer Name kam, der erzählte, dass alles OK war, dass das Geld laut Abkommen rechtzeitig kam, damit sich eine gute Beziehung zu den Agenturen, die die Künstler vertreten, aufgebaut hat. Das ist die ganze Sache.
Wie kostaufwändig ist es, einen Künstler zu gewinnen, z.B. Garbarek?
Ein Jazzkünstler... es gibt Unterschiede auch unter ihnen... Man kann sie für 10.000-20.000 Euro pro Abend gewinnen, das sind etwa die Preise für einen berühmten Jazzmusiker wie z.B. Charles Lloyd. Garbarek wäre etwas teurer...
Wie hoch schätzen Sie die Kosten für das diesjährige Festival ein?
Es ist schwierig, sich darüber zu äußern, denn im Augenblick weiß ich noch nicht, wieviel Geld dem Festival zur Verfügung steht, ich meine damit das Kulturministerium und die Kommunal- und Kreisräte. Das Fördergeldaquirieren hat kaum begonnen.
Welches ist der wichtigste Finanzierer?
Gewöhnlich das rumänische Kulturministerium.
Welche Summe wurde im letzten Jahr vom Kulturministerium zugeteilt?
Ungefähr 10.000 RON.
Welches waren die Einkünfte des Verkaufs von Eintrittskarten und Werbungsmaterialien beim Festival im letzten Jahr? Bei 15.000 Zuschauern...
Diese 15.000 kommen nicht an jedem Abend, nicht einmal in jedem Jahr. 15.000 Zuschauer gab es nur, als Garbarek kam, er hat diese Anzahl angelockt. In Wolfsberg kosten die Tickets an einem Abend 50 RON. Warum diese Summe? Weil es schwierig ist, in Wolfsberg jeden Abend ein Publikum anzuziehen, das Abend für Abend kommt, und so etwas drei Abende hintereinander. Dieses Publikum muss sich auch die Unterkunft und das Essen für die ganze Familie sichern. Es ist schwierig, für jeden in diesem Land und besonders für einen Jazzfan, eine Art Intellektueller, der nicht viel Geld hat, der vieles opfert, um einmal jährlich einem solchen Event beizuwohnen. Dann kann ich auch nicht so viel verlangen, wie man für ein solches Event in Bukarest verlangt: 200-300 RON, denn erstens könnte dieser es sich nicht leisten und zweitens wäre ich mit der Qualität des Publikums nicht zufrieden. Die Qualität des Publikums ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt.
Das Temeswarer Bürgermeisteramt hat seine Unterstützung für Wolfsberg zugunsten eines Jazzfestivals in Temeswar zurückgezogen. Wie äußern Sie sich dazu?
In den letzten sieben Jahren hat das Bürgermeisteramt Temeswar dieses Event nicht unterstützt, aus denselben Gründen, die Bürgermeister Robu derzeit anführt: dass Wolfsberg nicht in Temeswar ist. Mal abgesehen davon, dass überhaupt alles, was in Wolfsberg vorgeht, unter dem Zeichen Temeswars geschieht, dass der Bürgermeister ein Temeswarer ist, dass die Einwohner der Wochenendsiedlung Wolfsberg im Augenblick zu 95 Prozent Temeswarer sind. Ich habe jedes Jahr beantragt, aus demselben Erwägungsgrund, dass es ein Temeswarer Event ist, wovon nur die Temeswarer Gewinn erzielen können. Ich habe in Temeswar dieses Projekt beantragt und dank der liberalen Stadträte im letzten Jahr war es ein Gewinn: Sie sagten mir die Finanzierung dieses Festivals zu.
Welche Summe haben Sie bekommen?
Wir haben 100.000 RON bekommen, die man uns gerade vor zwei Wochen ausgezahlt hat. Dieser jetzige Bürgermeister berief genau einen Tag nach Beginn des Festivals eine Stadtratssitzung ein, in der er versuchte, diese Summe auf 20.000 RON zu reduzieren. Lustig ist, dass gerade die Stadträte seiner Partei mit seinem Vorschlag nicht zufrieden waren und das Projekt bestehen blieb. Natürlich mache ich mir im Augenblick keine Illusionen, dass ich dieses Geld je bekommen werde. Seine Meinung ist seine Meinung, zu so viel ist er imstande, so viel wird er auch weiterkommen. So weit, so gut, dass er zu unglaublichen Boshaftigkeiten imstande ist. Zur selben Zeit wie das Wolfsberger Festival will er ein Festival in Temeswar veranstalten, unterstützt von Tako Norbert, der das Plai-Festival veranstaltet, was sicher vorteilhaft für Temeswar ist, aber ich sehe keinen Grund, dieses Festival gerade in der Zeitspanne des Wolfsberger Festivals zu veranstalten. Ich sehe nur die Boshaftigkeit und Dummheit eines Individuums, das überhaupt keine Ahnung davon hat. Persönlich glaube ich, dass er über das Jazzfestival in Temeswar, das ich veranstalte, oder andere Jazzevents, die sich in der Stadt ereignen, gar nicht Bescheid weiß.
Das Timişoara Capital Jazz Festival fand im vergangenen Jahr am 30. November und 1. Dezember statt. In den letzten Jahren gab es jedoch eine Auszeit.
Es gab eine Auszeit gerade wegen dem Bürgermeisteramt, weil es ein Festival ist, das eine gewisse Unterstützung benötigt.
Bekamen Sie keine Unterstützung vom Bürgermeisteramt?
Wir bekamen keine Unterstützung, weder vom Bürgermeisteramt, noch vom Kreisrat, für dieses Event. Vergangenes Jahr überdachte der Kreisrat seine Haltung und unterstützte mich, so dass ich zwei ausländische Künstler, die dem Festival eine bestimmte Konsistenz gaben, bringen konnte. Es waren zwei große Namen, das Duo François Couturier und Anja Lechner, sowie das Tingvall Trio aus Deutschland, das großen Erfolg hatte.
Das Temeswarer Jazzfestival erzielte nicht den selben Erfolg wie Wolfsberg, ich meine hiermit die geringe Zuschaueranzahl. Wie erklären Sie sich das?
In Temeswar haben sich die Dinge seit Dezember `89 stark verändert, sehr viele sind weggezogen und wahrscheinlich ist das auch eine Zeit, in der die Temeswarer kein Interesse an kulturellen Veranstaltungen haben. Ich habe viel darüber nachgedacht, wieso das Publikum nicht kommt, denn z.B in Wolfsberg sind sie (die Temeswarer) ein bedeutender Bestandteil des dortigen Publikums. Ich versuchte, zu erfahren, wie es um die anderen ähnlichen kulturellen Events in der Stadt steht, wie beispielsweise Botas Festival (die Blues-Jazz Gala)... Wahrscheinlich muss man das Publikum wieder gewinnen. Aber was das Publikum des Festivals in Temeswar betrifft, ist es sehr seltsam, denn dort kommen sehr viele Leute aus Bukarest, Klausenburg, aus anderen Teilen... Etwas, das wirklich vorteilhaft sein kann, es kommen Leute aus den restlichen Landesteilen, aber das schließt nicht die fehlende Antwort über das Temeswarer Publikum aus.
Wie schwierig ist es, zwei Jazzfestivals in einem Jahr zu organisieren?
Es ist furchtbar. Das Festival in Wolfsberg wird insbesondere durch Bukarester Sponsoren oder andere Sponsoren aus dem Land unterstützt, sehr wenige, ein paar meiner Freunde, die es sich leisten können, ein solches Event zu unterstützen. Hinsichtlich des Jazzfestivals in Temeswar geschieht das gleiche: es gibt keine lokale Unterstützung, es gibt ein paar Freunde, die mir Geld geben und andere Freunde, die mich mit Benzin, Autos für den Transport vom Flughafen zum Hotel usw. unterstützen, aber es gibt keine aktive Hilfe, sagen wir mal: das ist das Festival der Stadt, ich unterstütze es und teile dafür so viel Geld ein, so etwas gibt es nicht. Es gibt selbstverständlich Unterstützung aus Bukarest, sonst könnte es sich nicht erhalten. Es gibt auch die Unterstützung des Kulturministeriums. In Temeswar passiert das nicht, weil es einen solchen Bürgermeister gibt, weil es eine Kommission gibt, weiß der Teufel, was das für eine Kommission beim Bürgermeisteramt im Stadtrat ist, die entscheidet wie und was. In welcher Eigenschaft und wie? Wer diejenigen sind, welche entscheiden, ob dieses Festival, dieses Event es verdient, unterstützt zu werden? Niemand weiß es.
In drei Jahren wirdGărâna Jazz die 20. Auflage erreichen. Wo sehen Sie das Festivals in weiteren 20 Jahren?
Ich weiß es nicht. Das Festival in Wolfsberg ist im Augenblick eines der bedeutendsten Festivals in Europa, eines der bedeutendsten Festivals der Welt. Was in 20 Jahren geschehen wird, ist schwer zu sagen. Vor ein paar Jahren hatte ich mit Mike Stern ein Gespräch bezüglich des Festivals und er fragte: Was wirst du nach 20 Jahren machen, wenn ich sehr alt sein werde? Stern nähert sich seinem 60. Lebensjahr, ich meinerseits. Ich begann das Festival, als ich etwa 30 war und nun nähere ich mich auch meinem 60. Lebensjahr. Es ist schwierig zu sagen. Ich habe jedes Mal versucht, mich mit dem Geschmack der neuen Generationen zu synchronisieren und versuchte keineswegs, das Festival in einer seltsamen Altersgruppe zu konservieren.
Vielen Dank für das Gespräch!