Goldförderprojekt: Regierungschef beendet Extremprotest der Roşia Montană-Kumpel

Bukarester Demos entwickeln sich zur Antisystem-Bewegung

Verzweiflung und Extremproteste in Roşia Montană, Zuversicht und Großdemo in Bukarest – das umstrittene Goldförderprojekt und die Inkonsequenz der Politiker drohen, die rumänische Gesellschaft gefährlich zu spalten.
Foto: Christian Binder

Bukarest (ADZ) - Premier Victor Ponta hat es am Sonntagabend geschafft, die in Roşia Montană unter Tage streikenden 33 Kumpel zur Aufgabe ihres Extremprotests zu bewegen. 22 Bergarbeiter hatten sich am Mittwoch nach dem angekündigten Aus des Goldförderprojekts im Bergwerk eingeschlossen, zwei Tage später gesellten sich weitere 11 Bergarbeiter dazu. Streikende sowie lokale Bergarbeitergewerkschaft forderten die Anwesenheit politischer Entscheidungsträger vor Ort – insbesondere von Senats- und Liberalenchef Crin Antonescu, der sich letzte Woche gegen das Goldprojekt ausgesprochen hatte.

Ponta traf am frühen Abend in Roşia Montană ein, wo gerade rund 2000 Menschen für Arbeitsplätze demonstrierten, und begab sich umgehend ins Bergwerk – es gelte vor allem, die Streikenden von ihrem gesundheitsgefährdenden Extremprotest abzubringen, so der Premier. Nach rund einstündigen Gesprächen erschienen Regierungschef und nach fünf Tagen unter Tage sichtlich mitgenommene Kumpel schließlich am Stolleneingang, wo sie von der tosenden Menge und weinenden Familien in Empfang genommen wurden. Ponta erläuterte, den Kumpeln die Anwesenheit vor Ort des einzuberufenden Sonderausschusses des Parlaments zum Goldprojekt versprochen zu haben – „auch diese Menschen haben schließlich ein Recht auf Leben“. Es dürfe nicht sein, dass über ihr Schicksal ausschließlich aus Bukarester Perspektive beschlossen werde, ohne die lokalen Gegebenheiten und Nöte zu kennen, fügte Ponta hinzu.

Fast zeitgleich gingen in mehr als einem Dutzend Großstädten des Landes erneut Zehntausende Gegner des umstrittenen Goldförderprojekts auf die Straße – allein in Bukarest waren es geschätzte 15.000. Allerdings entwickeln sich die Straßenproteste in der Hauptstadt zunehmend zu einer Antisystem-Bewegung – demonstriert wird nämlich gegen so ziemlich alles, was derzeit bei der IPhone-Generation aneckt. So mehren sich inzwischen die Transparente, die sich gegen die politische Klasse insgesamt, gegen Vetternwirtschaft, aber auch gegen Kapitalismus und freie Marktwirtschaft, einschließlich gegen Auslandsinvestoren richten.