Bukarest (ADZ ) - Staatspräsident Klaus Johannis hat am Mittwochnachmittag nach Beratungen mit den Fraktionen dem Vorschlag der sozialdemokratischen Parlamentsmehrheit Folge geleistet und die Europaabgeordnete Vasilica Viorica Dăncilă (Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament) mit der Regierungsbildung beauftragt. Vor der einschlägigen Ankündigung hatte das Staatsoberhaupt die 54-jährige Sozialdemokratin zu einem Vier-Augen-Gespräch gebeten.
Angesichts der bestehenden Parlamentsmehrheit und eingedenk der Verfassungsvorschriften sowie Jurisprudenz der Verfassungshüter habe er nach reiflicher Überlegung beschlossen, der PSD „noch eine Chance“ zu geben und deren Wunschkandidatin mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sagte Johannis in einer knappen Presseerklärung. Jedoch müsse die PSD nach zwei gescheiterten Regierungen nun endlich etwas leisten und ihre Wahlkampfversprechen einhalten.
Die designierte Premierministerin und ihr Parteichef Liviu Dragnea traten wenig später gemeinsam vor die Presse. Dăncilă dankte dem Staatsoberhaupt und ihrem Parteivorsitzenden für das ihr entgegengebrachte Vertrauen und versprach eine lückenlose Umsetzung des Regierungsprogramms der Koalition. Zu ihren Prioritäten würden weiters das Jahrhundert-Jubiläum sowie die Vorbereitungen für den EU-Ratsvorsitz durch unser Land im kommenden Jahr gehören, so Dăncilă. Dragnea pries seine Landsfrau aus Teleorman als „dezente, liebenswürdige und kompetente“ Person und dankte Staatschef Johannis dafür, sich „trotz des Drucks der Oppositionsparteien für Stabilität“ entschieden zu haben. Der PSD-Chef kündigte an, dass die Beratungen bezüglich der Zusammensetzung des neuen Kabinetts Anfang kommender Woche losgehen und das Parlament umgehend zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen wird, um die Regierung Dăncilă am 29. Januar zu bestätigen. In der Angelegenheit ihres Kabinetts hat die erste Regierungschefin in der Geschichte des Landes anscheinend kaum ein Wort mitzureden – Dragnea hatte bereits letzte Tage klargestellt, das der Exekutivrat der PSD das letzte Wort hinsichtlich der Personalien haben wird.
Johannis’ Entschluss, die krisengebeutelte PSD trotz ihrer umstrittenen Justizreform zum dritten Mal binnen eines Jahres mit der Regierungsbildung zu beauftragten, eckte bei vielen Anhängern des Staatschefs an. Die Bürgerbewegungen #Corup]ia Ucide, #Rezist und #Iniţiativa Romania hielten dem Staatsoberhaupt vor, dass „nicht die PSD eine weitere Chance verdient, sondern Rumänien“. Einige Dutzend Mitglieder der #Iniţiativa Romania demonstrierten am Mittwochabend stumm vor Schloss Cotroceni, dem Sitz der rumänischen Präsidentschaft – die Protestler schwenkten dabei Pappschilder, auf denen „Warum?“ und „Wo bleibt die Venedig-Kommission?“ stand. Der Empörungssturm hinterließ seine Spuren auch auf der Facebook-Seite des Präsidenten, wo Johannis bis Donnerstagmorgen etwa 3000 Likes seiner Fan-Gemeinde eingebüßt hatte.