Korruptionsvorwürfe spalten Berufswelt der Justiz

Immer mehr Richter und Staatsanwälte erheben Stimme gegen Systemführer

Während die Vorsitzende des Berufungsgerichts Bukarest auf der Pressekonferenz, die dieses am Donnerstag erstmals veranstaltet hat, die Darstellungen im Dokumentarfilm von Recorder als Aussagen „frustrierter Juristen“ zu demontieren versuchte, bestätigte Strafrichterin Raluca Moroșanu (im Bild) vor den Journalisten, dass die Leitung des Gerichts Verfahren bis zur Verjährung verzögere. | Foto: Agerpres

Bukarest (ADZ) – Nach der Veröffentlichung der zweistündigen journalistischen Ermittlung zu unrechtmäßigen Schulterschlüssen zwischen Politik und Justiz ist die Öffentlichkeit in Aufruhr. Mehr als drei Millionen Menschen haben inzwischen den Film der Plattform Recorder gesehen und mehrere Tausend Bürger haben am Donnerstagabend auf dem Platz vor dem Regierungsgebäude protestiert und den Rücktritt von Lia Savonea gefordert – die Chefin des Obersten Gerichtshofs gilt als mutmaßliche Drahtzieherin hinter dem vermeintlich korrupten Einflussnetz. Auch Innenminister Cătălin Predoiu, dessen Weichenstellungen die Zustände erst möglich gemacht haben sollen, muss schnellstens gehen, verlangten die Demonstranten.

Die im Film massiv belastete Leitung des Berufungsgerichts Bukarest (CAB) bemühte sich inzwischen um Schadensbegrenzung. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte veranstaltete die Instanz eine Pressekonferenz. Flankiert von ihren Stellvertreterinnen wollte CAB-Chefin Liana Arsenie die von Kollegen im Film erhobenen Vorwürfe als Behauptungen frustrierter und wenig glaubwürdiger einzelner Juristen demontieren. Doch bereits zu Anfang trat die erfahrene Strafrichterin Raluca Moroșanu vor die Journalisten und bekräftigte die Aussagen ihres Kollegen Laurențiu Beșu, der gegenüber Recorder im Detail erläutert, wie die Leitung des Gerichts Verfahren bis zur Verjährung verzögert. Dass später mitten in der Konferenz Savonea eine Richterin anrief und ihr Antworten für Arsenie diktierte, kam ebenfalls nicht gerade entlastend an.

Rund 500 Richter und Staatsanwälte im ganzen Land sowie mehrere ihrer Verbände fordern inzwischen schonungslose Aufklärung. Präsident Nicușor Dan stellte sich für ein offenes Gespräch zur Verfügung, bei dem nächste Woche die Situation erörtert werden sollte.