Bukarest (ADZ) - Das neue Regierungsprogramm der frisch eingesetzten Regierung sieht weitgehende Änderungen, besonders im steuerlichen und wirtschaftlichen Bereich, vor. Der Mindestlohn soll ab kommendem Jahr schneller wachsen als bisher geplant, bei Unternehmen soll der Umsatz und nicht mehr der Gewinn besteuert werden, die Mehrwertsteuersenkung wird um ein Jahr verschoben und die Einkommensbesteuerung könnte leicht progressiv werden. Laut dem Regierungsprogramm 2017–2020, welches über die Webseite der Abgeordnetenkammer (www.cdep.ro) abgerufen werden kann, nimmt sich die PSD vor, in den kommenden Jahren von einer Ökonomie, die auf „billiger Arbeitskraft“ fußt, auf ein Wirtschaftsmodell zuzugehen, welches auf Innovation und gut vorbereiteten Arbeitskräften basiert. Dabei wird hervorgehoben, dass in Rumänien das Arbeitnehmerentgelt auf lediglich etwa ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) kommt, während der EU-Durchschnitt bei fast der Hälfte des BIP liegt. Bis 2020 nimmt sich die Regierung vor, den Anteil des Arbeitnehmerentgelts in Rumänien auf über 40 BIP-Prozent zu steigern.
Konkret soll der Bruttomindestlohn schneller steigen, als bisher geplant, bereits 2018 auf 2000 Lei (bisher 1550 Lei) und bis 2020 auf 2400 Lei, allerdings sollen auch die bisher vom Arbeitgeber abgeführten Sozialleistungen (22,75 Prozent) in den Bruttolohn miteinbezogen werden. Wird diese Maßnahme mit eingerechnet, würden die für 2018 vorgesehenen 1550 Lei etwa 1900 Lei entsprechen, die tatsächliche Erhöhung gegenüber den bisherigen Plänen wäre also etwa 100 Lei. Für Personen mit höherer Bildung ist ein Mindestlohn von 2300 Lei ab 2018 (3000 Lei im Jahr 2020) vorgesehen.
Umsatz- statt Gewinnsteuer
Starkes Aufsehen in der Presse erweckte die geplante, aber nur wenig ausgeführte Maßnahme, die Gewinnsteuer für Unternehmen ab Anfang 2018 mit einer Umsatzsteuer in „zwei oder drei Stufen“ zu ersetzen. Die Stufen werden im Programm nicht detailliert, der neue Finanzminister Ionuţ Mişa erklärte gestern, dass Abgaben von eins, zwei und drei Prozent des Umsatzes je nach Unternehmensgröße beabsichtigt seien. Diese Art der Besteuerung, welche Unternehmen mit am Umsatz gemessen hohen Gewinnen zugutekommen und Firmen mit hohen Umsätzen, aber geringeren Profiten benachteiligen würde, wäre laut Expertenmeinungen u. a. wegen EU-Regeln schwer umsetzbar. Ab 1. Januar 2018 soll die Dividendensteuer abgeschafft werden. Änderungen soll es auch bei der Mehrwertsteuer geben. Die Reduzierung von 19 auf 18 Prozent wird um ein Jahr auf den 1. Januar 2019 verschoben.
Ab 2018 soll das Gesamteinkommen einer Person einheitlich besteuert werden und Einkommen unter 2000 Lei monatlich sind von der Steuer befreit. Von Finanzberatern ist im neuen Regierungsprogramm keine Rede mehr, stattdessen soll die Gesamteinkommensbesteuerung über das elektronische Datensystem der Finanzbehörde laufen. Eine „Solidaritätssteuer“ wird im Programm auch erwähnt. Laut Aussagen des Finanzministers ist geplant, sehr hohe Einkommen – über das zehnfache des Mindestlohns (derzeit wären es 14.500 Lei brutto im Monat) – zusätzlich zu besteuern. Weiter soll der Rentenpunkt ab heute auf 1000 Lei und bis Ende 2020 auf 1775 Lei steigen. Erwähnt wird auch ein Investitionsfonds. Die Regierung erwartet von 2017 bis 2020 ein jährliches durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 5,5 Prozent, bei gleichzeitiger Einhaltung des Haushaltsdefizits unter drei BIP-Prozent und der Gesamtverschuldung des Staates unter 60 BIP-Prozent.