Am Nachmittag des 11. Januar war der Forumsfestsaal voll. Kaum ein Stuhl blieb frei, sogar auf dem Korridor standen noch Leute. Eine Vielzahl von Mitgliedern und Freunden des deutschen Forums Kronstadt waren aus nah und fern eingetroffen, um im festlichen Rahmen zusammen auf das neue Jahr anzustoßen.
Ansporn für die Organisation eines Neujahrsempfangs war, so wie der Vorsitzender des Kronstädter Ortsforums Thomas Şindilariu in seiner Eröffnungsrede meinte, das positive Echo der Teilnehmer am Forumsball in Bartholomä, der am 9. Oktober 2015 veranstaltet wurde. Der konkrete Gedanke entstand jedoch im Kontext der kurzfristig möglich gewordenen Anschaffung eines neues Flügels für den Festsaal des Forums.
Beim Neujahrsempfang nahmen unter anderen der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Werner Hans Lauk, der Bischof der Evangelischen Kirche in Rumänien, Reinhard Guib, der Vorsitzende des Demokratisachen Forums der Deutschen in Rumänien, Dr. Paul Jürgen Porr und der Landeskirchenkurator Friedrich Philippi teil.
Im Rahmen der festlichen Veranstaltung wechselten sich Wortmeldungen und musikalische Einlagen ab.
Eine Investition in die Zukunft
Am 71.Jahrestag seit dem Beginn der Deportation der Kronstädter Rumäniendeutschen in die Sowietunion, im Gedenken an die vielen Opfer, müsste man erkennen „dass Einsatz für Frieden und Demokratie sich stets lohnt, unsere Pflicht ist, damit sich so etwas bei uns nie mehr wiederholen kann“, sagte [indilariu in seiner Eröffnungsrede.
Anschließend stellte er den neuen Flügel vor, der von nun an viele schöne musikalische Momente verspricht. Es war nötig, für den Festsaal ein neues Klavier anzuschaffen. Kronstadt war und ist eine Musikstadt. Bei der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft kann man nicht nur Musiker, Publikum und Aufführungsorte verzeichnen, sondern auch Sachverstand bei Pflege, Reparatur und Vertrieb von Musikinstrumenten. Die Firma Einschenk konnte in das 120. Jahr seit ihrer Gründung mit der Auslieferung dieses Flügels an das Forum starten.
Das neue Klavier stammt aus dem Hause August Förster und ist ein 1,90 Meter langer Flügel der Meisterklasse. Dasselbe Modell steht in den Räumen der Kronstädter Musikhochschule. Der Flügel wiegt 375 kg, ist aus rund 12.000 Einzelteilen in Handarbeit hergestellt worden und hat einen unverwechselbaren Klang. Man kann sicher sein, dass dieser Flügel für das kulturelle Leben in Kronstadt eine Bereicherung ist. „Es handelt sich um eine Zukunftsinvestition“, meint Şindilariu. In diesem Sinne eröffneten Felix und Eckart Schlandt, Enkel und Großvater, den musikalischen Abend mit dem Stück „Der Schornsteinfeger“.
Der Gemeinschaftssinn ist wichtig
In seiner Rede betonte der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland Werner Hans Lauk die Wichtigkeit der Bildungstradition der Siebenbürger Sachsen aus Kronstadt. Er erwähnte dabei die Honterusschule als „bildungspolitisches Vorzeigeschild“ , aber auch die viel jüngere Berufsschule Kronstadt. „Sie werden gebraucht“, war die Mitteilung des Botschafters an die zukünftigen Kandidaten und Kandidatinnen des Deutschen Forums, denen er viel Erfolg bei den Kommunalwahlen wünschte.
„Musik hat in der Kronstädter Gemeinschaft eine lange Tradition, die Kronstädter Musiker sind weit über die Landesgrenzen bekannt. Möge das Klavier viele frohe Stunden bereiten“, wünschte Forumsvorsitzender Dr. Paul Jürgen Porr. Er betonte in seiner Rede, dass 2016 ein Wahljahr ist, ein entscheidendes Jahr auf kommunalpolitischer Ebene, und dass diesmal eine nicht geringe Chance existiert, dass Kronstadt wieder einen deutschen Bürgermeister bekommt.
Laut Reinhard Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A. B in Rumänien, dürfte man nie vergessen, wie wichtig der Gemeinschaftssinn ist. „Kultur ohne Glauben und Zugehörigkeit geht nicht. Wir müssen uns zu allem bekennen. Wir vertreten dieselben Werte. Solange wir das tun, haben wir eine gemeinsame Zukunft“, meinte er.
Eine historische Chance
Dass die Rede von Christian Macedonschi gerade nach der von Steffen Schlandt und Paul Cristian interpretierten Walzersuite „perpetuum mobile“ folgte, war kein Zufall. Thomas Şindilariu charakterisierte ihn wie folgt: „Mit der ihn auszeichnenden Willenskraft verfolgt er sein Ziel, einem Perpetuum mobile gleich, ohne je zu ermüden, ist auf den unterschiedlichsten Ebenen tätig und einer der aussichtsreichsten Kandidaten auf den Posten des Bürgermeisters von Kronstadt“. Er fügte hinzu, dass es an der Zeit wäre, Vertrauen zu fassen, dass Macedonschi unserer Gemeinschaft als Bürgermeister von Kronstadt Ehre bereiten wird. „Wahlen gewinnt man nicht im Alleingang, es wird auf die Mithilfe aller dabei ankommen. Die Aussichten waren noch nie so gut wie heuer“, meinte Şindilariu, der außerdem betonte, es würde ihm als Historiker „eine diebische Freude bereiten“ wenn Macedonschi im Jahr des 150. Geburtstags von Dr. Carl Ernst Schnell, letzter deutscher Bürgermeister der Stadt, die Wahlen gewinnen würde.
Genauso optimistisch zeigte sich auch Macedonschi, Stadtrat und Kandidat für das Bürgermeisteramt Kronstadt/Braşov seitens des Lokalforums. Er las als erstes ein Zitat von Mahatma Gandhi, das ihn durchs Leben leitet: „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“
Laut Macedonschi waren die ersten vier Jahre im Stadtrat „voll von schönen Erfahrungen“. Zusammen mit seinem Kollegen Werner Braun habe er es geschafft, „schöne Projekte ins Leben zu rufen und andere Projekte zu stoppen, die nicht gut für die Stadt waren“. Auch für die Zukunft nimmt sich Macedonschi viele Projekte vor, darunter die Erweiterung der Berufsschule Kronstadt. „Wir haben in diesem Jahr eine historische Chance. Mein Ziel ist, aus Kronstadt eine attraktive Stadt mit transparenter Administration zu machen, bürgernah und korrekt, und die Korruption zu bekämpfen“.
Zwischen und nach den Ansprachen spielte das Klavier die Hauptrolle. An den neuen Flügel, dessen Klänge durch den Abend führten, setzten sich nicht nur bekannte Künstler, sondern auch sehr junge Musiker der Nachwuchsgeneration. Es traten auf: Felix, Steffen und Eckart Schlandt, Paul Cristian, Emma und Andreas Philippi, Sophie Plajer, Verena Hellmann, Martin und Sigrid Arvay. Der Hauptteil des Musikabends gehörte den siebenbürgischen Künstlern Carl Gorvin, Grete Csaki-Copony und Paul Richter, interpretiert von Melinda Samson, Ursula und Kurt Philippi.
Im Anschluss folgte eine Sektöffnung auf Musik. Die Veranstaltung bewies, wie Thomas Sindilariu meinte, dass das Forum die Erwartung erkennt „dass sich unser Minderheitenverband nicht nur für unsere kulturellen, administrativen und politischen Anliegen einsetzen möchte, sondern auch mehr Anlässe zum sozialen Umgang anbieten sollte. Es wird erwartet, dass das Forum mehr Forum ist im Sinne einer Stätte der Begegnung“.
Weitere Fotografien vom Neujahrsempfang werden wir in der nächsten Ausgabe der KR drucken.