Nach einer kurzzeitigen Unterbrechung der Ausgrabungsarbeiten auf dem Honterushof teilte uns Baustellenleiter Ing. Sergiu Ticuşan mit, dass diese in kürzester Zeit wieder aufgenommen werden und im Bereich zwischen Hauptportal der Kirche und dem Gebäude der ehemaligen Honterus-Bibliothek fortgesetzt werden. Archäologe Florescu Titus Cristian, der die Ausgrabungen vor Ort leitet und koordiniert erklärte dazu, dass noch etwa ein Drittel der Gesamtfläche der Ausgrabungsstätte unerforscht ist und dass die noch bevorstehenden Arbeiten – unter der Voraussetzung von günstigen Wetterbedingungen rechtzeitig abgeschlossen werden können. Über die bisherigen Funde meinte Titus Cristian, dass jegliche Angabe viel zu früh sei: „Eine vorläufige Übersicht oder Zusammenfassung wäre, dass wir fast 900 Grabstätten gefunden haben und die Grundmauern eines Gebäudes welches entschieden aus der Zeitspanne vor Beginn des heutigen Kirchenbaus stammt. Alles andere sind vorläufig nur Vermutungen oder Arbeitshypothesen und sollten demnach als solche betrachtet werden. Erst nach Erfassung der Funde, deren Eintragung in unseren Fundstellenplan, dessen Aufbereitung mit Hilfe eines Rechnerprogramms geschieht, können wir mit der Auswertung der Grabungsergebnisse anfangen. Und diese wiederum müssen erstmals abgeschlossen werden.“
Da es sich um die ersten systematischen archäologischen Ausgrabungen in diesem Bereich handelt, welche überhaupt gemacht wurden, war auch der fachliche Aufwand erheblich: Bei jedem der ausgehobenen Probegräben war durchgehend je ein Facharchäologe als Aufsicht der Arbeiten anwesend. Als dann vor etwa sechs Wochen mehrere Grundmauern freigelegt wurden gab es erst mal Bestürzung über die erheblichen Schäden, die in den früheren Jahren an dieser Stelle durch den Einbau von Abflussrohren, Stromkabeln und Wasser- und Gasleitungen verursacht worden sind. Was in dem noch unerforschten Abschnitt unter der Erde liegt, kann nicht einmal erahnt werden da die wiederholten Umbauten in diesem Areal sehr zahlreich waren. Sehr vorsichtig äußerte sich dazu Titus Cristian: „Es kann immer noch überraschende Funde geben, vor uns hat ja seit mindestens zwei Jahrhunderten niemand Ausgrabungen gemacht, nur stellenweise haben Bauarbeiter einige Rohre oder Leitungen verlegt, von den Restaurierungsarbeiten direkt am Fuße der Kirchenmauern abgesehen. Viel wichtiger ist aber die tatsächliche Bestätigung welche durch archäologische Ausgrabungen für vorherige Vermutungen, Hypothesen oder Theorien erbracht werden.“