Des Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK) widmete am 20. März einen stimmungsvollen, sehr gelungenen musikalischen Nachmittag dem Komponisten Norbert Petri, dessen 100. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird. Der volle Saal zeigte, dass Leben und Werk des Musikers auch drei Jahrzehnte nach seinem Tod auf reges Interesse bei den Kronstädter Musikfreunden stoßen. Über das Wirken von Norbert Petri (1912-1978) referierte der Kronstädter Organist und langjährige Leiter des Bachchors der Schwarzen Kirche, Eckart Schlandt, der zum Teil Zeitzeuge der Geschehnisse war und den Komponisten persönlich kannte. So erhielt das Publikum nicht nur eine Einführung in das musikalische Schaffen Petris, sondern auch einen interessanten Einblick „hinter die Kulissen“.
Man könne die erdrückend vielen Operetten, die Opern und die Unterhaltungsmusik von Norbert Petri als eine „Ergänzung des Werks von Paul Richter betrachten, der keine Bühnenwerke geschrieben hat“, so Eckart Schlandt. Petri besaß eine außergewöhnliche Begabung, „konnte Musik quasi aus dem Ärmel schütteln“ und war ein exzellenter Improvisator, der in der Gesellschaft mit Tanzmusik und berühmten Melodien sofort für beste Laune sorgen konnte. Mit Zurückhaltung wurden jedoch im Laufe der Zeit und vor allem nach der Wende seine Nähe zur Partei und zu den damaligen Staatsstrukturen, sowie die „Massenlieder“ und „Huldigungsmusiken“ empfangen. Was nicht vergessen sein sollte: der Höhepunkt von Norbert Petris Schaffenskraft fällt in eine Zeitspanne, in der das Wort „Gott“ nicht genannt werden konnte und die deutsche Minderheit nicht gerade genehm war. Schwerwiegende Zäsuren in der Existenz der Sachsen und auch im Leben Norbert Petris waren vor allem die Russlanddeportation und die politischen Prozesse der fünfziger Jahre. Auch Petri wurde 1945 deportiert und verbrachte fünf Jahre in den Arbeitslagern der Sowjetunion, wo er trotz aller Schwierigkeiten unter dem Namen „Norwil“ weiter komponierte. In Kronstadt wirkte er lange Jahre am Musiktheater, dessen Mitbegründer er war. Bemerkenswert: Während seiner Amtszeit konnten stets auch deutsche Solisten und Choristen an der Oper wirken, was im gegebenen politischen Kontext nicht immer selbstverständlich war. Ebenso fanden sächsische musikalische Motive Verwendung in seinem Werk und neben den rumänischen Titeln der Bühnenwerke erschienen von ihm sorgfältig notiert auch die deutschen Übersetzungen. Manches Detail aus seinem Leben und Schaffen notierte Petri in einer Autobiografie von 1962, an vieles – auch an den hilfsbereiten, flexiblen Charakter des Musikers – können sich die Kronstädter selbst noch erinnern, die Zeitzeugen der Epoche waren.
Die Musik von Norbert Petri sollte nicht in Vergessenheit geraten, auch wenn heutzutage weniger einheimische Werke aufgeführt werden als vor 1989. Es sei wichtig, Petris Musik bei der Mehrheitsbevölkerung bekannt zu machen – diesbezüglich seien mit der Leitung der Kronstädter Oper erste Gespräche geführt worden, so Eckart Schlandt.
Die sorgfältig ausgesuchten, repräsentativen musikalischen Beispiele aus Petris Schaffen wurden von Zsuzsanna Imre (Sopran), Ingeborg Acker (Alt) und Beniamin Ghegoiu (Tenor) gesungen, der Instrumentalpart von Valentin Jeinov (Violine), Hans Eckart Schlandt und Paul Cristian (Klavier) gespielt. Dabei stand nicht die „Akrobatik“ einer Virtuosen Interpretation im Vordergrund, sondern die Freude an schöner Musik. Diese übertrug sich sofort auf das neugierige Publikum, welches nicht nur der Operettenmusik und den Liedern, sondern ebenso der etwas schwierigeren Textur der Instrumentalwerke Aufmerksamkeit schenkte. Zu Beginn erklang „Nähe des Geliebten“, eine Vertonung nach Goethe, deren Partitur das Datum „11. Mai 1945“ trägt und also in der Deportation, zwei Tage nach Kriegsende komponiert wurde. Stimmungsvoll war der langsame Foxtrott „Palmen am Meer“, einfühlsam gesungen das „Ungarische Liebeslied“. In seiner Kammermusik inspirierte sich Norbert Petri melodisch aus der rumänischen Folklore, die stets hinter den modernen, für die Klassik des 20. Jahrhundert so typischen Klängen zum Vorschein kommt. Dies zeigte sich auch in der Sonatine op. 48, die von Valentin Jeinov und Paul Cristian aufgeführt wurde: entschlossene, harte Töne, dünnes Pianissimo ohne Melancholie, erzählerischer Hintergrund am Klavier und helle tänzerische Geigenmusik. Es folgten im Konzert drei Nummern aus der musikalischen Komödie „Lisa räumt auf“ (1956). Vor allem der „Zeitungsschreiber-Marsch“ und sein Refrain „spionieren, kritisieren, besser wissen, Fehler hissen“ erzeugten Gelächter im Publikum. Die Suite für fünf Blechbläser „Alt Kronstadt“ (1976), die vom Komponisten nicht vollendet wurde, erklang in Klavierfassung: der „Marsch der Zünfte“, der „Bärentanz aus der Oberen Vorstadt“, der „Deutsche Reigen und Springtanz“ malten ein Bild der Zinnenstadt aus vergangenen Zeiten. Humorvoll und mit schauspielerischer Begabung sang Beniamin Ghegoiu den d’Artagnan, den Vierten der „Drei Musketiere“. Zum Schluss sangen Zsuzsanna Imre, Ingeborg Acker und... auch die Violine als Sopranistin den glanzvollen „Walzer der Königin“.