Nur noch sechs Wochen sind es, bis die Hammerschläge abgezählt werden, mit denen das erste Bierfass im Festzelt des Oktoberfestes am ehemaligen Kronstädter Munizipalstadion angezapft wird.
Das Kronstädter Oktoberfest, das in diesem Jahr vom 7. bis zum 17. September stattfinden wird, hat mittlerweile den Ruf, eines der größten Volksfeste im Südosten Europas zu sein. Ein rieisiger Aufzug von Festwagen, Blaskapellen, Trachtengruppen, Bands aus Deutschland und hunderte von Litern Bier- das erwartet die Kronstädter jedes Jahr beim Oktoberfest. Die neunte Auflage des beliebten Festes wird 2017 zum ersten Mal nicht mehr auf dem Sportplatz der „Ion Ţiriac“-Arena im Stadtzentrum stattfinden, sondern auf dem ehemaligen Munizipalstadion im Bartholomäer Viertel. Doch nicht nur an Kronstädter richtet sich das beliebte Fest, das aus München „importiert“ wurde – in diesem Jahr werden ein paar Tausend ausländische Touristen in der Stadt unter der Zinne erwartet. Dabei wird die Fluggesellschaft Ryanair helfen, mit der die Organisatoren des Oktoberfestes eine Partnerschaft abgeschlossen haben. An der Pressekonferenz, die anlässlich des Oktoberfestes fast zwei Monate vor Beginn der Veranstaltung organisiert wurde, nahmen, neben den Organisatoren von der Firma Bonima und dem DFDR-Lokalrat Cristian Macedonschi auch Adam Sambrook, Vizebotschafter von Großbritannien in Bukarest und Denis Barabas, Leiter für Verkauf und Marketing bei der Fluggesellschaft RyanAir teil.
Zum ersten Mal nicht mehr im Zentrum
Die erste Neuigkeit dieser Auflage ist, dass das Fest in zwei Zelten stattfinden wird, die auf dem Gelände des ehemaligen Munizipalstadions aufgestellt werden. Das Fest zieht um aus der Innenstadt an den Stadtrand – trotzdem ist man optimistisch, was die Teilnehmerzahl betrifft. „Auf dem Munizipalstadion wird eine entspanntere Atmosphäre herrschen“, versichert Macedonschi. Außerdem bereiten die Organisatoren eine Überraschung für Kinder vor: den größten Erlebnispark, der jemals in Kronstadt stattfand. Nach wie vor bemüht man sich, auch Touristen aus anderen Städten und aus dem Ausland während des Oktoberfestes in die Stadt unter der Zinne zu locken. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde gemacht, indem man eine Partnerschaft mit der Billigfluggesellschaft RyanAir abgeschlossen hat. Kunden von RyanAir werden über Kronstadt und deren Attraktionen per Newsletter und auf den Social-Media-Konten der Gesellschaft informiert. Billige Ticketpreise sollen dazu führen, dass diese sich entschließen, einen Flug nach Bukarest zu buchen und anschließend nach Kronstadt zu fahren.
Die irische Biligfluggesellschaft RyanAir ist nach Passagierzahlen mit 117 Millionen Reisenden im Jahr 2016 die größte Fluggesellschaft Europas. Ryanair bedient über 1600 Strecken zwischen 31 europäischen Staaten, Israel und Marokko. Aus Rumänien fliegt sie von Bukarest, Craiova, Oradea und Temeswar in mehrere europäische Städte. Die Preise sind oft niedriger als die eines Zugtickets von Kronstadt nach Bukarest. Beispielsweise kann ein Flug von Bukarest nach Berlin nur 9,99 Euro kosten, falls man rechtzeitig bucht.
Nach Bologna oder Milano fliegt man noch günstiger, und zwar kann ein Hinflug nur 3,99 Euro kosten. Für bestimmte optionale Dienstleistungen werden jedoch zusätzliche Gebühren erhoben- beispielsweise wenn man zu zweit reist und nebeneinander sitzen will, muss man einen Aufpreis zahlen. Trotzdem loht es sich, mit der irischen Gesellschaft zu fliegen – der durchschnittliche Ticketpreis lag Ende 2016 bei rund 33 Euro. Das Unternehmen macht immer wieder mit aggressiver Werbung auf sich aufmerksam und polemisiert gegen Konkurrenten (zum Beispiel „Auf Wiedersehen Späthansa“ als Anspielung auf Lufthansa oder „Fliege mit uns zu einem Preis, der zehn mal kleiner als bei Tarom ist“).
Denis Barabas, Leiter für Verkauf und Marketing bei Ryanair, meinte auf der Pressekonferenz dass 35% der Fluggäste, die aus dem Ausland nach Rumänien fliegen, Ausländer seinen. Darunter viele Touristen, die Interesse an unserem Land haben. Leider gibt es im Ausland nur sehr wenig Werbung für Kronstadt. „Es ist bedauerlich, dass eine so schöne Stadt keinen Flughafen hat“, meint Barabas. „In einem Land, wo nur 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes dem Tourismus zugeteilt ist, erwarten wir, dass die Anzahl der ausländischen Touristen steigt. Dazu können wir auch beitragen“. Mit dem Kronstädter Oktoberfest plant RyanAir eine gemeinsame Werbekampagne. Kunden aus Irland und England werden Newsletter erhalten, auf Facebook und Instagram wird RyanAir mit dem Kronstädter Oktoberfest werben.
Fest der Superlative
Von vielen kritisiert, von manchen ignoriert- das Oktoberfest erwies sich trotzdem in jedem Jahr als Erfolg. In den letzten Jahren hat die Anzahl der Teilnehmer stark zugenommen. Das brachte aber auch negative Effekte mit sich: Lärmpegel, erhöhtes Verkehrsaufkommen, betrunkene Leute auf den Straßen, Alkohol-Geruch- und das auf einem Sportplatz, der als Schulhof dient. Die Bewohner der Innenstadt haben sich jahrelang darüber beklagt, das ihre Lebensqualität während des Festes zunehmend beeinträchtigt wird. Deshalb hat voriges Jahr schon vor Beginn der Veranstaltung die Kronstädter Honterusgemeinde - als Eigentümerin des Grundstücks - angekündigt, dass das Fest zum letzten Mal auf dem Hof des Sportlyzeums stattfinden wird. Die Organisatoren begaben sich somit auf die Suche nach einem neuen Standord und so wird das Fest 2017 nicht mehr im Stadtzentrum stattfinden.
In Zusammenhang mit dem Oktoberfest sprachen die Organisatoren schon immer in Superlativen. Zu ihren Plänen gehört, sich für das Guinnesbuch der Rekorde zu bewerben und zu versuchen, einen Weltrekord beim Weiterreichen der Bierkrüge aufzustellen. Auch in kulinarischer Hinsicht gab es Superlative, wie zum Beispiel die beliebte „XXXL“-Grillwurst in Baguette. Beim Oktoberfest vor zwei Jahren wurden laut Organisatoren die über 3,5 Kilometer solcher Bratwurst verzehrt. Nicht „XXXL“ aber für Kronstädter Verhältnisse doch „XL“ sind auch die Preise beim Oktoberfest, die vielleicht etwas hoch für ein Volksfest sind.
Für den Betrag, den man für ein Bier und eine Bratwurst mit Sauerkraut zahlt, kann man auch in einem guten Restaurant im Stadtzentrum essen- und das bei weniger Lärm und Gedränge. Trotzdem blieben die Bänke beim Otkoberfest nie leer. Und für ausländische Verhältnisse ist es trotzdem ein günstiges Fest.
Auch bei der Pressekonferenz wurden große Zahlen genannt. Macedonschi sprach von über 8.000 Touristen beim diesjährigen Fest, „die sowohl die kulinarischen, als auch die kulturellen Traditionen unserer Region kennenlernen werden“. Es sei immerhin „das billigste Oktoberfest in Europa“. Und von dem Besuch der Ausländer kann die Stadt nur profitieren. Rückblickend hätte jeder auswärtige Besucher der vorangegangen Feste im Durchschnitt etwa 200 Euro/Person außerhalb des Oktoberfestes in Kronstadt ausgegeben, und zwar für Übernachtung, Einkäufe, Besuch in Museen, Souvenirläden, Shopping usw.
Shuttle-Busse vom „Henri Coandă“-Flughafen
Wie klappt es jedoch, Touristen mit dem Flugzeug in eine Stadt zu befördern, die keinen Flughafen hat? Macedonschi versicherte, dass Shuttle-Busse die Fluggäste von Otopeni nach Kronstadt bringen werden. In Zusammenarbeit mit mehreren Reisegesellschaften wurden auch Pakete erstellt, die Flug, Übernachtung und Transfer vom Flughafen beinhalten. Auch die Pensionen und Hotels in Kronstadt werden in der Zeitspanne des Oktoberfestes ausgebucht sein, meint Macedonschi. „Wir verlassen uns aber darauf, dass es auch in der Schulerau und in den Nachbarsortschaften viele Hotels und Pensionen gibt“. LautBuchungsportal Booking.com waren am Datum des Verfassens dieses Artikel nur 36 Prozent der Hotels und Pensionen in Kronstadt für die Zeitspanne des Oktoberfestes ausgebucht. Das könnte sich aber ändern. „Das Oktoberfest ist nicht nur aus wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch in touristischer Hinsicht gut für Kronstadt. Es ist eine private Veranstaltung, die keine öffentlichen Gelder verbraucht, sondern Geld ins Lokalbudget und ein positives Image für Kronstadt bringt. Die ausländischen Touristen kommen als Bierliebhaber und werden als Rumänienliebhaber zurückfliegen“, meint Macedonschi.