1971 beginnt bereits in der ersten Woche für den Kreis Kronstadt mit einem Arbeitsbesuch von Nicolae Ceaușescu. Besucht werden das Electroprecizia-Werk in Săcele, das Werk Nr. 2, „Hidromecanica“ und „Metrom“ in Kronstadt, die Rosenauer Werkzeugfabrik, das Zărneștier Werk „6 Martie“ und das Fogarascher Werk für Chemieausrüstung. Ein neuer Fünfjahresplan hatte begonnen; der Besuch wird als Zeichen von einem „Zueinanderstehen von Partei und Volk in Tat und Ziel“ ausführlich in der KR vorgestellt. Auf viel größeres Interesse dürfte bei den Lesern die „Darlegung des Genossen Nicolae Ceaușescu auf dem Plenum des Rates der Werktätigen deutscher Nationalität“ gestoßen sein. Seine Rede, samt den Diskussionsbeiträgen, nimmt mehr als die Hälfte der Seiten der KR Nr. 8 ein. Wer die Geduld aufbringt, diese Seiten aufmerksam zu lesen, wird überraschende Äußerungen vorfinden. Zum ersten Mal nimmt Ceaușescu öffentlich Stellung zur Frage der Auswanderung der deutschen Bevölkerung Rumäniens. Zunächst stellt er klar, dass Herkunft und Nationalität nicht gleichgestellt werden können, um im nächsten Satz über die Rumäniendeutschen zu behaupten: „Sie stammen aus Rumänien, weil sie seit Hunderten und aber Hunderten Jahren hier leben und es schwer ist, dass jemand, dessen Vorfahren vor 800 Jahren nach Rumänien kamen, sagt: ‚Mein Heimatland liegt anderswo.‘“ Familienzusammenführung sei kein reales Problem und verdiene keine all zu große Aufmerksamkeit, sagt Ceaușescu der sogar von einer Zusammenführung in Rumänien spricht. Wenn man akzeptiert, „dass jeder, der das Land verlässt, verlangt, dass auch seine Familie nachkommt – und jeder hätte jemanden zu bringen -, dann würde das kein Ende nehmen!“, sagt der Generalsekretär der RKP. Er behauptet sogar etwas, was er in den folgenden Jahren nicht einhalten wird, ein Prozess der schon damals in die Wege geleitet wurde: „Ich möchte mit aller Klarheit unterstreichen, dass es nie irgendeine Abmachung oder ein Abkommen mit irgend jemandem gegeben hat und geben wird über die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung oder einer Bevölkerung anderer Nationalität. So etwas werden wir nie tun!“
In der KR 2 erscheinen unter dem Titel „Schaffen ist Silber, raffen ist Gold“ kritische Reiseeindrücke, verfasst von S. Frieder (Frieder Schuller) nach einem Aufenthalt in der BRD. Da heißt es zum Beispiel: „Erfahren muss man es, die Bundesrepublik Deutschland ist eine Kühlanlage für alle schönen Vorstellungen. Begriffe wie ‚deutsche Gründlichkeit‘, sowie ‚deutsche Gemütlichkeit‘ wichen ins Reich der Legende; was sich gründlich, qualitätsgarantiert und gemütlich da tagtäglich tut, ist brutaler Existenzkampf, hartgesottene Geschäftsfreundlichkeit und das Fangspiel mit dem Gewinn.“ Ein echter Gewinn für die KR und ihre Leser ist das Interview, das Frieder Schuller anlässlich dieser Reise mit Heinrich Böll in Köln führte und das in der KR 4 veröffentlicht wurde.
Interessante Gespräche findet man auch mit Hans Liebhardt, Schriftsteller und Chefredeakteur der Sendung in deutscher Sprache beim Staatsfernsehen (KR 3) oder mit dem international erfolgreichen Kronstädter Bass Helge Bömches (KR 1). Willi Zeidner verfasst eine stimmungsvolle Reportage zu einem siebenbürgisch-sächsischen Brauch, der mit Genehmigung der Behörden wiederbelebt werden konnte: „Urzelnsonntag in Großschenk“ (KR 7). In der KR 8 erinnert Michael Kroner an den 25. Todestag des Sprachforschers Andreas Scheiner (1864 – 1946). Der Professor, Pfarrer und Archivbeamte Scheiner wies auf die Notwendigkeit hin, für das Siebenbürgisch-Sächsische eine eigene Arbeitsmethode in der Sprachforschung auszuarbeiten, da eine rein grammatisch-phonetische Forschung ungenügend sei und da dialektgeographische binnendeutsche Sprachatlasmethoden für Siebenbürgen nicht anwendbar waren. Bei einer 1905 erfolgten Deutschland-Rundfahrt siebenbürgischer Heimatforscher, an der auch Scheiner teilnahm, wurde nämlich die Theorie der „luxemburgischen Urheimat“ in Frage gestellt, weil sich weder in Luxemburg, noch an der Mosel, weder am Niederrhein, noch in Flandern siebenbürgische Einzelmundarten, wie sie zu jenem Zeitpunkt gesprochen wurden, finden ließen. Das aktuelle Sprachgefühl reiche nicht für solche Forschungen aus, schlussfolgerte Scheiner.