Kurz nachdem am 7. Februar die PSD- und ALDE-Abgeordneten bei den ersten regierungskritischen Worten des Staatspräsidenten Klaus Johannis den Parlamentssaal verließen, verbreitete sich ein Witz in den sozialen Medien: „Warum haben die PSD-Abgeordneten den Saal verlassen? Antwort: Sie sind KLAUStrophob“. Am selben Tag erschein das Onlinespiel „PSD-Invaders“. Der Spieler muss sich vor den Dieben (rot, mit einem Sack auf den Schultern), die auf ihn schießen, schützen. Seine Waffen sind eine Kanone und „DNA“ (Antikorruptionsbehörde)-Bomben. Am Ende des Spieles gibt es die Botschaft: „Versuche erneut, Rumänien von Dieben zu retten“.
Ebenfalls auf Social Media verbreitete sich vor Kurzem ein anderer Witz:
„Die Gegendemonstration der PSD-Anhänger aus Kronstadt wird in dem Schnurgässchen/Strada Sforii stattfinden“. Das ist die schmalste Gasse Europas. Die lustige Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Schon seit der Nacht, in der die umstrittene Eilverordnung Nr. 13/2017 zur Änderung des Strafgesetzbuchs erlassen wurde, sind die Rumänen kreativ geworden. Doch nicht nur das Internet sprüht vor Kreativität- auch die Straßen. Auf den Protestplakaten der Demonstranten kann man Sprüche, Wortspiele und lustige Bild-Text-Kombinationen sehen- mancher Profi-Copywriter wäre blass vor Neid.
Die Videoaufnahme der Pressekonferenz direkt nach der Erlassung der Eilverordnung, als Justizminister Iordache 24 Mal gesagt hat: „Altă intrebare“ (Eine andere Frage), wurde auch tausende Male in den sozialen Netzwerken geteilt. Ein paar Tage danach erschienen schon satirische Videoschnipsel, zusammengeschnitten mit Aufnahmen von Iordache bei der Pressekonferenz. In der berühmten Szene aus dem Kultfilm „Pulp Fiction“, in der die Auftragsmörder Vincent Vega ( gespielt von John Travolta) und Jules Winnfield (gespielt von Samuel L. Jackson) in eine Wohnung stürzen und einen Mann namens Brett fragen: „Wie sieht Marsellus Wallace aus?“, kommt Bretts Antwort mit Iordaches Stimme: „Eine andere Frage!“ Mit derselben Antwort werden in einem anderen Video berühmte Fragen aus rumänischen Filmen beantwortet.
Die berühmte Aussage „Eine andere Frage“ findet man auch auf Protestplakaten. Etwa im Wortspiel „Altul între bare“ (Noch einer hinter Gittern). Oder es werden Reime damit gemacht: “Altă întrebare: Cand mergeţi la inchisoare?“ (Eine andere Frage: wann kommt ihr in den Knast?)
Die Aussagen des Fernsehsenders Romania TV, die Proteste seien gut organisierte Veranstaltungen, hinter denen der Millionär George Soros stecken würde, werden auch ironisiert. Es kursierte das Gerücht, dass jeder Demonstrant pro Abend mit 100 Lei bezahlt wird. Außerdem würde er pro Hund 30 Lei erhalten, pro Kind 50 Lei. Gleich erschien auf Facebook ein Bild mit der Giraffenstatue beim Bukarester Naturkundemuseum, die in der Nähe des Regierungspalastes angebracht ist: „30 Lei pro Hund, 50 Lei pro Kind, 100 Lei pro Erwachsener, 500 Lei pro Giraffe“. „Kann mir jemand 30 Lei in Euro wechseln?“ lautet die Frage auf einem Plakat, das am Hals eines Hundes hängt. Der Hund „demonstriert“ zusammen mit mehreren Studenten auf einer Brücke in der deutschen Stadt Konstanz. Ein anderer Hund, diesmal auf dem Victoria-Platz in Bukarest, trägt ein Plakat um den Hals auf dem steht: „Imi vine să urlu!“ (Es ist zum Heulen!)
Auch im Ausland wird mit lustigen Plakaten protestiert. Zum Beispiel stellte ein Rumäne, der auf Teneriffa lebt, ein Bild mit sich selbst ins Netz. Er trägt ein Plakat, auf dem steht: „Se vede pana-n Canare cine are nasul mare“ (Man kann bis auf die Kanarischen Inseln sehen, wessen Nase groß ist)
Auch legendäre Filmfiguren kommen den Demonstranten zu Hilfe. Die Inschrift „Batman is here“ leuchtet blau von den großen Gebäuden neben dem Regierungspalast. Durch die Straßen von Klausenburg zieht eine dunkle Gestalt. Es ist die Figur Darth Vader aus dem Krieg der Sterne. Auf seinem Plakat steht: „Liviu, ich bin dein Vater“. (Eine Anspielung auf die berühmte Aussage „Luke, ich bin dein Vater“). “In den Knast, nicht an der Macht!“, steht auf einem riesigen Plakat, das ein Demonstrant in Bukarest hält. Andere haben große Marionetten mit gestreiften Knastkostümen und den Gesichtern führender Politiker gebastelt. In Kronstadt wurden 20.000 Lei- Geldscheine mit dem Gesicht des PSD-Chefs Liviu Dragnea verteilt. (Die Verordnung der Regierung sah vor, dass Amtsmissbrauch nur noch dann strafrechtlich verfolgt wird, wenn die Schadenssumme mindestens 200.000 Lei beträgt). „Es ist so ernst, dass auch die Introvertierten protestieren!“, steht auf einem Plakat, „Tecuciul e aici. Ne-a sărit muştarul“( Tecuci ist hier. Wir sind ausgeflippt) – auf einem anderen. Die kleine moldauische Stadt Tecuci ist für die Senfproduktion bekannt. „Mi-a ă²rit mu{tarul“ bedeutet, wort-wörtlich ins Deutsche übersetzt „Der Senf ist mir gesprungen“. Die eigentliche Bedeutung ist etwa: „Ich bin ausgeflippt“.
Bitterböse, dafür aber sehr komisch ist ein Plakat mit einem Revolver und der Inschrift: „Năstase a ratat, Dragnea fii bărbat“ (Năstase hat danebengeschossen, Dragnea sei ein Mann!“) Der Ex-Ministerpräsident Adrian Năstase hatte 2012, wenige Stunden nach seiner Verurteilung zu einer Haftstrafe versucht, sich mit einem Revolver das Leben zu nehmen. Etwas netter ist die Anspielung auf den weltbekannten Slogan von Nokia: „Dragnea. Connecting people“. Der PSD-Chef und Vorsitzende der Abgeordnetenkammer hat es anscheinend geschafft, Hunderttausende im Kampf gegen die Korruption zusammenzubringen.