Einer der Ersten, der den Königstein bestieg und darüber auch berichtet hat, war Anton Kurz. Laut Wikisource und der ungarischen Wikipedia-Seite (wo Kurz den Vornamen Antal führt) wurde er 1799 in Wien geboren und soll eigentlich Anton Schirmer geheißen haben. Kurz kam 1840 nach Kronstadt, wo er als Journalist bei den Beiblättern „Der Satellit“ und „Blätter für Geist, Gemüth und Vaterlandskunde“ des „Siebenbürger Wochenblattes“ mitwirkte. 1848 trat er der ungarischen Armee bei und war einer der Adjutanten von Josef Bem. Sein genaues Todesdatum ist nicht geklärt: entweder ist es der 31. Juli 1849 (die Schlacht bei Schäßburg) oder der 6. August desselben Jahres, als er in Hermannstadt auf der Flucht erschossen worden sein soll.
„Das Echo am Königstein“ ist im „Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde“ (I. Band, II. Heft) in Hermannstadt, im Jahre 1844 erschienen. Anton Kurz ist fasziniert von der Art und Weise, wie die Schallwellen (er nennt sie „Schallstrahlen“) nahe der Königsteinspitze reflektiert werden. In der Einleitung schreibt er: „Alles Seltene fesselt aber die Aufmerksamkeit und wird zugleich merkwürdig, weil es selten ist; - und eben deshalb fand ich mich bestimmt, dieses in unserer Nähe befindliche, bis jetzt noch ganz unbekannte und in der That seltene Echo auf der Spitze eines so hohen Berges der Oeffentlichkeit zu übergeben, da es nicht nur für Naturfreunde und Naturforscher ein höchst interessanter Gegenstand ist, dem schwerlich noch ein zweiter in ganz Siebenbürgen an die Seite gesetzt werden kann, - sondern weil es überhaupt unter allen bis jetzt bekannten Echos der Erde einen ehrenvollen Platz einnimmt, und folglich einen Schmuck mehr dieses von der Natur ohnehin so sehr bevorzugten Landes ausmacht.“
Begleitet wurde er am Königstein von „Sr. Hochgeboren dem k. k. Herrn Kämmerer und Major des österreichischen Generalquartiermeister-Stabes Franz Freiherrn von Gorizutti, Director der für die Landvermessung von Siebenbürgen von Seite des geo-graphischen Institus in Wien bestimmten Abtheilung“ der mit Kurz „die Ehre dieser Entdeckung“ teilte und den Anton Kurz als Gewährsmann beruft „falls meine thatsächlichen Angaben von irgend Jemanden in Zweifel gezogen werden sollten.“
Dieser Bericht lässt sich auch heute nicht nur als Zeitdokument gut lesen. Was für eine touristische Attraktion wäre dieses Echo, wenn die Stelle wo es vor 175 Jahren erklang, genau identifiziert werden könnte! (R. Sudrigian)
Der Königstein, südlich von Zernest im Kronstädter Distrikte, erhebt sich nach den genauesten, diesen Winter beendeten Berechnungen des geographischen Instituts in Wien 7100‘ über den Meeresspiegel. Er bildet einen Grat oder scharfkantigen, wunderlich zerrissenen Felsrücken, dessen Hauptzug von Süd nach Nord geht; die westliche und östliche Seite ist aus schroffen, schwindelndhohen Felswänden geformt. Auf seiner höchsten, meist sehr beschwerlich, stellenweise aber auch sehr gefährlich zugänglichen Spitze ist im vorigen Sommer zum Behuf der Landesvermessung das trigonometrische Zeichen in Form einer Steinpyramide erbaut worden. Nördlich von derselben in einer mäßigen Entfernung erhebt sich eine Felswand aus Kalkstein über einen tiefen Abgrund beinahe zur gleichen Höhe, während östlich und westlich die niederern Gebirge alle bewaldet sind. Am 29. August v. J. langten wir nach einem mühevollen Steigen schon Morgens um 8 Uhr 35 Minuten bei dieser Pyramide an; der Nordwind blies heftig und machte die Luft sehr empfindlich, auch waren wir in feuchte Nebelwolken gehüllt, so daß an die zu machenden Beobachtungen mit dem Theodoliten gar nicht zu denken war. Wir suchten uns durch Herumklettern an den Felswänden warm zu erhalten, die Zeit zu verkürzen, und auch den Unmuth über das schlechte Wetter zu verscheuchen. Plötzlich wurden wir durch einen Zuruf, der nach einer langen Pause unendlich verstärkt wiedergegeben wurde, dieses Echos gewahr, und verwendeten nun unsere Zeit auf die Beobachtung seiner interessanten Eigenschaften.
Nach vielen äußerst beschwerlichen Veränderungen unseres Standpunktes und reichlich angestellten Lungenproben hatten wir endlich ermittelt, daß der beste Standpunkt des Sprechenden auf der Westseite des Berges, 43 Schritte, wenn man die Sprünge von Fels zu Fels überhaupt Schritte nennen kann, gerade unter der Pyramide sei, und daß er sich mit dem Gesichte nach Nordwest etwas links von Zernest wenden müsse, so zwar, daß die Schallstrahlen unmittelbar auf die bewaldeten Höhen und nicht auf die nördliche Felswand anschlagen. Dies ist sehr nothwendig, weil dieselben wahrscheinlich von dem jenseitigen Walde auf die Felswand, und von dieser erst zu dem Hörenden reflectirt werden müssen, um den langen Zwischenraum von beinahe 1 ľ Sekunden auszufüllen, bis ihr Wiederhall vernommen wird. Daß übrigens Wälder zur Hervorbringung von Echos am geeignetsten sind, haben nicht nur vielfältige Beobachtungen gelehrt, sondern auch unser altes deutsches Sprichwort „wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus“ müßte uns schon darauf führen. Derjenige aber, welcher dieses Echo am stärksten hören will, muß ganz nahe bei der Pyramide mit dem Rücken gegen ihre Westseite gelehnt stehen. Aus den verschiedenen Standpunkten nun ist es ersichtlich, daß das phonische mit dem phonokamtischen Centrum nicht zusammenfällt, und daß das Echo selbst ein schräges ist. Nach allen diesen Versuchen haben wir endlich gefunden, daß, wenn unten in der beschriebenen Richtung fünfzehn Silben mit etwas erhöhter Stimme gesprochen wurden, z.B. der ganze Satz: „Siebenbürgen ist ein Land voll Naturmerkwürdigkeiten“ - der oben Stehende jede Sylbe in ungemein verstärktem Ton, wie etwa aus einem großen Sprachrohre, und äußerst deutlich wiederholen hörte, während der Sprechende die Wiederholung bei weitem nicht so gut vernahm. Da aber die feuchte Luft durch einen starken Nordwind sehr bewegt war, und das Thermometer +8,6 Grad nach R. stand, so läßt sich bei günstigeren Temperatursverhältnissen vielleicht die Wiederholung eines noch mehrsylbigeren Satzes, und höchst wahrscheinlich auch eine mehrfache desselben erwarten, da auf der entgegengesetzten Abdachung wirklich ein mehrfaches Echo gehört wird, welches sich nach langen Intervallen wiederholt. Ich wünsche demnach sehr, daß sich recht bald Liebhaber zur Besteigung des Königsteins, der schon wegen seiner wundersamen Zerklüftung und prächtigen Rundsicht sehr interessant ist, finden und bei günstigeren Witterungsumständen ihre Beobachtungen anstellen möchten. An Unterhaltung würde es ihnen dabei gewiß nicht fehlen, besonders wenn sie sich mit einem die Trompete oder das Posthorn blasenden Individuum, oder mit einem tüchtigen Tenorsänger versehen wollten, denn selbst uns gewährten einige Takte aus Proch‘s Alpenhorn, und Kreutzer‘s Nachtlager, besonders in den höhern Tonlagen, recht viel Vergnügen und die Recitirung einiger Verse aus Schiller‘s Taucher, worunter die Worte: „denn da unten ist‘s fürchterlich“ machten eine schauderhafte Wirkung. Ueberhaupt ist es etwas Unheimliches, auf einem so einsamen und verödetem Standpunkte aus tiefen Abgründen von einem unsichtbaren Etwas angedonnert zu werden, wenn nur einigermassen die passenden Worte dazu gewählt werden.
Das Echo vom Königstein ist also ein fünfzehnsylbiges und verdient gleich nach dem zu Woodstock eingereiht zu werden, und ist, selbst bei den ungünstigsten Witterungsverhältnissen beobachtet, das dritte im Range unter allen bis jetzt bekannten mehrsylbigen Echos. Daß es aber überhaupt in einer Höhe von 7100‘ und daß der Wiederhall gegen den ursprünglichen Ton ungemein verstärkt gehört wird, gibt ihm noch dazu einen ganz eigenthümlichen, wahrhaft großartigen Charakter, und räumt ihm vielleicht den Vorzug vor allen mehrsylbigen Echos ein; es kann demnach mit Fug und Recht zu den Seltenheiten des Landes gezählt werden, die einer öffentlichen Bekanntmachung werth sind.
Ich stelle es der Beurtheilung des löblichen Vereins anheim, ob vielleicht diese und noch so viele andere Naturseltenheiten Siebenbürgens in den jetzt so häufig erscheinenden encyklopädischen Werken ihren Herausgebern nicht angezeigt, und überhaupt alle in derlei Büchern schon vorkommende irrige Angaben in geographischer, statistischer, oro- und topographischer Hinsicht nicht berichtigt werden sollten, damit bei neuen Auflagen darauf Rücksicht genommen werde. Dadurch wird sich meiner Meinung nach der löbliche Verein nicht nur den Dank der betreffenden Verleger von solch kostspieligen Werken, sondern auch den des Vaterlandes erwerben, weil auf solche Weise viel richtigere Begriffe von Siebenbürgen im deutschen Mutterlande verbreitet, und die lebhaftesten Sympathien für die entfernte Colonie nicht nur erhalten, sondern auch gesteigert werden dürften, - was ihr gewiß nicht zum Nachtheile gereichen wird.
Kronstadt am 3. Juni 1843.
Anton Kurz, Mitglied des Vereins für Sieb. Landeskunde