Vier Wohnwagen und acht Wohnmobile mit deutschen und österreichischen Kennzeichen stehen im Törzburger Camping geparkt. Ihre Besitzer erzählen miteinander, lachen herzhaft und warten ungeduldig darauf, dass Speck am Spieß und Glühwein zum Verzehren und Trinken bereit sind. Mit Zwiebeln und Brot essen sie die Leckereien, die ihnen der rumänische Reiseleiter anbietet, kosten einheimischen Schnaps, erfahren über die Geschichte des Landes.
Seit einigen Tagen bereisen 21 Touristen Rumänien. Fast alle sind zum ersten Mal hierzulande. Aus Sicherheitsgründen sind sie als organisierte Gruppe her gereist, zumal sie eher negative Informationen und Darstellung über das osteuropäische Land hatten. Schon nach wenigen Tagen zeigen sie sich überrascht von der Schönheit der teils unberührten und einzigartigen Landschaft, der Gastfreundschaft der Menschen, dem hervorragenden Essen, von den gepflegten Dörfern und den mittelalterlichen Kirchenburgen aus Siebenbürgen. Während des 20-tägigen Aufenthalts haben sie einen Blick in die „rumänische Kultur und Tradition“ erhalten, wie im Angebot des „Camping und Caravaningclubs Austria“ versprochen wurde.
Die Tour von Temeswar, über Hermannstadt, Schäßburg, Sovata, nach Kronstadt, Bukarest, Buzău-Gebirge bis nach Piatra Neamț und zu den Moldauklöstern hat ihnen die Lust geweckt, wieder zu kommen. In Siebenbürgen wurden unter anderen außer den mittelalterlichen Städten und den Kirchenburgen, Museen und Kirchen, die Transfogarascher Hochstraße, mit Zwischenstopp am Bulea-See, oder der bekannte Kurort Sovata mit seinen salzigen Heilwasserseen besichtigt.
In ihrer festen Reiseroute entlang des Karpatenbogens waren auch freie Tage eingeplant und die Touristen konnten ihr Programm je nach Wunsch gestalten.
Alternative Angebote, die im Programm zur Auswahl standen, wie der Besuch von Dörfern wie Deutschweißkirch oder Kleinschenk, der Burgen in Reps oder Marienburg, oder anderer Sehenswürdigkeiten, sowie Ausflüge waren jedem selbst überlassen. Während manche Touristen soviel wie möglich besichtigt haben, war für andere manchmal das Entspannen wichtig.
Die Freiheit, trotz gemeinsamer Reise ein quasi selbständiges Programm zu haben, war Bedingung für diese Reise. Denn das ist das große Plus, wenn man mit Wohnwagen oder Wohnmobil unterwegs ist ist, dass man unabhängig nach Lust und Laune reisen kann.
Einmal ein Camper, immer ein Camper
Die Morgenluft ist schon kalt. Auf den Wohnwagen steht Tau. Die Türen der Camper gehen der Reihe nach auf. Die Touristen machen sich bei den Sanitäranlagen des Campings frisch. Danach bereiten sie, wie zu Hause, das Frühstück in ihren Häusern auf Rädern vor, wärmen Wasser am Herd für Kaffee und Tee, schneiden Brot, Wurst, Käse, schälen Eier und essen. Alles, was sie brauchen, haben sie dabei. Sogar das eigene Bett und die eigene Bettwäsche. Das ist für viele einer der Gründe als Camper zu reisen, auch wenn es keine Bedingungen gibt wie beim All-Inclusive Urlaub, lachen die Touristen. Denn die Freiheit, wann, wo und was zu tun und zu lassen, was sie wünschen, kann ihnen kein Hotel der Welt anbieten. Manche von ihnen sind schon als Kinder so gereist und würden diesen Stil für nichts in der Welt umtauschen.
Dabei ist die Auswahl von Wohnmobil, oder -wagen nur eine Frage des Geschmacks, denn beide haben Wohnungseinrichtungen, doch ist das Mobil einem Mikrobus ähnlich und besteht aus einem einzigen Teil, der Wohnwagen hingegen ist ein Anhänger ohne Antrieb, der nur mithilfe eines Fahrzeugs in Bewegung kommt.
Letzte Camperreise des Lebens
Gerhard Maier (83) und seine sieben Jahre jüngere Frau Annegret reisen schon seit 40 Jahren mit einem „Haus auf Rädern“ durch die Welt. Ihr erstes Wohnmobil war ein Volkswagenbus, mit dem sie die italienische Region Kalabrien bereisten. Mehrere Wohnmobile und -wohnwagen sind dem ersten VW gefolgt, einen Mercedes hat Gerhard Maier sogar ausgebaut und ihn seinen Nöten und Wünschen gemäß umgestaltet. Ganz Europa hat das Ehepaar gesehen, ist kreuz und quer gefahren und hat dabei keine einzige Nacht im Hotel verbracht. Ihre Lieblingsreiseziele-sie erinnern sich auch heute noch ganz genau- bleiben Island, die Baltischen Länder und Tunesien, Marokko und Ägypten im Norden Afrikas.
Die Reise durch Rumänien soll ihre letzte Reise mit dem Wohnwagen sein. “Einmal muss man doch aufhören” sagt der lebenslustige Herr, dem das Alter nicht anzukennen ist. Seine Frau fügt lächelnd hinzu: “Man weiß nie!”. Schon seit Langem haben sie sich gewünscht, nach Rumänien zu reisen, doch haben sie sich alleine nicht hierher getraut. Nun sind sie hier und freuen sich, dass sie es doch geschafft haben, bevor sie ihr Hymer-Wohnmobil verkaufen.
Das einzige, was sie an der Reise gestört hat, wie die meisten ihrer Mitfahrer, waren nicht etwa die wenigen Sanitäranlagen in den Campings, zumal die hiesige Infrastruktur für Camper und Caravaner noch im Aufbau ist, sondern der Verkehr. Den finden sie hektisch, undiszipliniert und ohne Befolgung der Regeln. Die mangelnde Verkehrsdisziplin und die teils schlechten Straßen ermüde einen sehr beim Reisen.
45°31’41"N 25°22’16"E
45°31’41"N 25°22’16"E. So sehen die Reisekoordinaten für die Campertouristen aus. Mit GPS gerüstet finden sie jede Endstation. Sie müssen es wohl auch, wenn man bedenkt, dass sie nicht im Konvoi fahren. Das wäre auch aus logistischen Gründen kompliziert, zumal 12 Wohnmobile und -wagen und das Auto des einheimischen Reiseleiters den Verkehr erschweren würden – insbesondere auch, weil die Wohnwagen Geschwindigkeitsbeschränkungen haben und auch einhalten.
Seinen GPS wird der rumänische Reiseleiter wohl aktualisieren müssen, denn nach dieser Reise ist er fest entschlossen, sich ein Wohnmobil zu kaufen und ganz Europa zu sehen. Für ihn ist dieses die erste Tour mit Wohnmobilen, nicht mit Großbussen mit rund 40 Leuten, wie bisher in seiner 40-jährigen Karriere, und er zeigt sich begeistert. Die gemütliche Atmosphäre, die in der Gruppe herrscht, zumal einige der Touristen einander schon vor der Reise kannten, aber auch die Ruhe, ein Bier oder Krautwickel nicht herunterwürgen zu müssen, weil bald die nächste Touristenattraktion im Plan steht, sondern entspannt genießen zu können- das ist für sie die ideale Reise. Es ist leicht, sich mit dem Camper-Virus anzustecken. Und man wird ihn nie los.