Zur Klärung der ungefähren Datierung, wann der Bedeutungswandel der Ortsbezeichnung „Salomonsburg“/„Salomonsfelsen“ stattgefunden hat, könnte vielleicht der Hinweis auf eine weitere geschichtliche Sage um den König Salomon dienlich sein.
Friedrich Reimesch führt unter der Nr. 6 „Das Kronstädter Wappen“ die bekannte Sage an, wo der König Salomon im Kronstädter Tal, bedrängt von feindliche Kumanen, die es mit Pfeilen auf seine, die Krone tragende Person abgesehen hatten, die Krone auf einen Baumstumpf ablegte und so seinen Feinden entgehen konnte. Später fanden die ersten deutschen Einwanderer im Kronstädter Tal unter der Zinne die Krone auf dem Baumstumpf und gründeten die Stadt, die sie „Corona“ (Kronstadt ) nannten (so eine der „Stadtgründungssagen“).
Das ursprüngliche Wappen (Siegel) der Stadt Kronstadt trat etwa zu Beginn des 16. Jahrhunderts verändert, nämlich mit der Krone auf dem Baumstumpf, auf. Wenn man von einer zeitlichen Korrelation zwischen dem Datum der Wappenveränderung und dem mündlichen Umlauf der Sage ausgeht, sind die Salomonssagen vor dem Beginn des 16. Jahrhunderts zu datieren.
Damit hat aber die Geschichte der Ortsbezeichnung „Salomonsfelsen“ noch nicht ihr Ende gefunden.
Das Ende des Ersten Weltkrieges hatte dem Habsburger Weltreich das Ende gebracht: Es zerbrach größtenteils in die ursprünglichen Nationalstaaten, aus welchen es gebildet war.
1921, durch den Frieden von Trianon, wurde Siebenbürgen endgültig Rumänien angegliedert. Damit erlosch wenigstens offiziell jeder Anspruch Ungarns auf dieses Gebiet. Die mehrheitliche rumänische Bevölkerung in Siebenbürgen, die bis 1848 keine bürgerlichen Rechte wahrnehmen konnte, nahm die neu geschaffenen Voraussetzungen zum Anlass und unternahm erste Schritte zur endgültigen „national-rumänischen“ Umgestaltung von Siebenbürgen. In der Zwischenkriegszeit waren diese Maßnahmen relativ moderat. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges und des Machttransfers der russischen Besatzung an eine kommunistische Regierung in Rumänien wurden die Maßnahmen radikal, vor allem nach der allgemeinen „Nationalisierung“ allen Eigentums im Juni 1948.
Man war nun bestrebt, durch eine systematische Nationalitätenpolitik in kurzer Zeit klare neue Verhältnisse zu schaffen. Zwar räumte die kommunistische Staatsführung ihren nationalen Minderheiten allerhand Rechte zu deren Entfaltung ein (Schule, Zeitungen, kulturelle Einrichtungen u.a. in der jeweiligen Muttersprache). Dennoch hatte sich eine „Verdrängungspolitik“ der nationalen Minderheiten bemerkbar gemacht.
Vor allem war man bestrebt, die Spuren der Deutschen und Ungarn in der Geschichte Siebenbürgens zu minimieren, beziehungsweise, wo möglich, gänzlich zu tilgen und die Geschichte der Rumänen in den Vordergrund zu stellen. Eine solche Maßnahme war z.B. die Verordnung aus dem Jahr 1970, die untersagte, dass in der Öffentlichkeit auch die seit Jahrhunderten etablierten Ortsbezeichnungen in deutscher und ungarischer Sprache in Büchern, Stadtplänen, Karten und Wegweisern weiterhin zu gebrauchen.
Die in Kronstadt mittlerweile weit verbreitete Salomonslegende hatte sich für den nationalen und internationalen Tourismus als werbewirksam erwiesen. Man hatte letztlich auch in der rumänischen Bevölkerung die Sage akzeptiert. Zeitweilig funktionierte in der Nähe der Felsen ein gut besuchtes Wirtshaus, mit den Insignien des springenden Reiterkönigs an der Außenwand. Man war sich einig, dass der Name „Salomonsfelsen“ und dessen interessante Legende bleiben sollte. Das einzige was stillschweigend geändert wurde, war, dass der König kein Ungar mehr war. Der Name „Salomon“ kam auch bei den Rumänen vor und so erfuhr der besagte Ortsname seine letzte Verwandlung. Der toponymische Held wurde ein König der Sagen und Legenden, angeblich ohne jeden Bezug zur Geschichte (Siehe auch E. Moga: „Între Chietre”, Braşov, 2010, S. 55).
Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts, hauptsächlich durch den Beginn der touristischen Erschließung der Schulerau und des Schulers, gewann das Gebiet um die Salomonsfelsen an Bedeutung. In den Folgejahren, besonders nach der Gründung des „Siebenbürgischen Alpenvereins“ im Jahre 1873 in Kronstadt und später durch den Beitritt zum „Siebenbürgischen Karpatenverein“ 1881, nahmen die Wanderungen in die Schulerau und auf den Schuler sprunghaft zu und die „Salomonsfelsen“ wurden, touristisch gesehen, zum Dreh- und Angelpunkt der Kronstädter Touristen.
Es wurden von hier ausgehend neue Wege erschlossen und die alten verbreitert, teilweise markiert und instand gesetzt. Von hier nahmen die interessierten Wanderer und Touristen den Aufstieg zur Schulerau und zum Schuler auf. In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden von hier die Rennmotorräder und Rennautos zu Bergrennen in die Schulerau gestartet. Viele Jahre lang starteten Sommer und Winter von hier an den Wochenenden Hundertschaften von Touristen mit Rucksäcken und Skiern ihre Ausflüge in Richtung Schulerau.
Später nahm von hier ein mehrachsig betriebener offener Geländebus (rumänisch: „şenila“) die Touristen auf, um sie bequemer in die Schulerau zu befördern. Ab dem Jahr 1969 wurde dann ein moderner Zufahrtsweg in die Schulerau über die „Rabenspitze“ eröffnet. Dadurch wurde der motorisierte Verkehr in die Schulerau über den „alten Serpentinenweg“ von den Salomonsfelsen unterbunden. Das gesamte Gebiet wurde nun ausschließlich für Fußgänger freigegeben und beruhigte sich zugunsten des Landschafts-, Tier- und Pflanzenschutzes. Im Jahr 1971 wurde das ursprüngliche Landschaftsbild bei den Salomonsfelsen durch den Bau einer breiten Forststraße durch das Engtal der Felsen radikal verändert.
Die alte in die Talenge vorgeschobene Siedlung wurde geräumt und zerstört. Der rechte Salomonsfelsen musste teilweise abgesprengt werden, um dem Forstweg Platz zu machen (siehe auch W. Gunesch, „Landschaftliche Schönheiten des Burzenlandes im Blickwinkel von Einst und Jetzt. Kronstadt“ – Typoskript). Dadurch ging dem gesamten Ort der besondere Reiz der Wildnis und Unbelassenheit verloren.
In den letzten Jahren ist das gesamte Gebiet, vor allem in den Sommermonaten, zu einem von kampierenden Einheimischen überfüllten Ort des Massentourismus verkommen. Hunderte von Touristen hausen in improvisierten Unterkünften über Wochen zwischen den Salomonsfelsen und grillen Fleisch und Blaufrüchte. Ein blauer Rauch steigt zwischen den Felsen auf und bedeckt oft das gesamte Tal. Viele Kronstädter pilgern täglich, mit Eimern und Behältern beladen, zu einigen Quellen unter den Salomonsfelsen, aus welchen angeblich heilendes Wasser hervorquillt.
„Omul sfinţeşte locul“: Auch die rumänische Bevölkerung kennt dieses treffende Sprichwort vom Menschen, der die Stätte heiligt, und das den Abschluss dieses Aufsatzes bilden soll. Es gilt auch für den jahrhundertealten Ort der Salomonsfelsen bei Kronstadt.